OLG
Karlsruhe 28.4.2004, 7 U 62/03
Die
Kündigung des Vorstandsvorsitzenden einer AG bedarf einer eindeutigen
Beschlussfassung
Die
Kündigung des Dienstverhältnisses des Vorstandsvorsitzenden einer AG
setzt eine eindeutige Beschlussfassung des Aufsichtsrats voraus. Ein
Beschluss, wonach das Dienstverhältnis des Vorstands fristlos gekündigt
werden soll, wenn er die gegen ihn erhobenen Vorwürfe nicht entkräften
kann, genügt diesen Anforderungen nicht. Er beinhalt keine endgültige
Entscheidung über die fristlose Kündigung.
Dabei
lag dem Gericht folgender Sachverhalt vor:
Der
Kläger ist Vorstandsvorsitzender der beklagten AG. Der Vorsitzende des
Aufsichtsrats hatte die Leitung der Geschäfte durch den Kläger in
mehrfacher Hinsicht beanstandet. Am 4.6.2002 fasste der Aufsichtsrat den
Beschluss, dass der Kläger bis zum 11.6.2002 zu den Vorwürfen Stellung
nehmen solle. Ihm solle zudem eine Auflösung des Dienstverhältnisses zum
30.6.2002 angeboten werden. Sollte der Kläger weder der Auflösung
zustimmen noch die Vorwürfe entkräftigen können, so solle ihm fristlos
gekündigt werden.
Nachdem
innerhalb der Frist keine Stellungnahme des Klägers einging, kündigte
der Aufsichtsratsvorsitzende das Dienstverhältnis mit dem Kläger am
14.6.2002 fristlos. Im Januar 2003 fasst der Aufsichtsrat den Beschluss,
das Dienstverhältnis mit dem Kläger fristlos zu kündigen und genehmigte
gleichzeitig die vom Aufsichtsratsvorsitzenden bereits ausgesprochene Kündigung
rückwirkend. Gestützt auf diesen Beschluss sprach der Vorsitzende mit
Schreiben vom 5.2.2003 erneut die fristlose Kündigung aus.
Der
Kläger begehrte die Feststellung, dass sein Dienstverhältnis durch die Kündigungen
nicht beendet worden ist. Seine hierauf gerichtete Klage hatte sowohl vor
dem LG als auch vor dem OLG Erfolg.
So
begründete das Gericht seine Entscheidung:
Die
ausgesprochenen Kündigungen sind unwirksam und haben deshalb das
Dienstverhältnis mit dem Kläger nicht beendet. Die Kündigung des
Dienstverhältnisses des Vorstandsvorsitzenden einer AG bedarf einer
eindeutigen Beschlussfassung. Hieran fehlt es im Streitfall. Der Beschluss
vom 4.6.2002 lässt nicht mit der gebotenen hinreichenden Deutlichkeit
eine endgültige Entscheidung über die Beendigung des Dienstverhältnisses
mit dem Kläger erkennen.
Dem
steht schon entgegen, dass das Dienstverhältnis des Klägers nur dann
fristlos gekündigt werden sollte, wenn dieser die Vorwürfe nicht entkräften
kann und das Angebot der Auflösung des Dienstverhältnisses ablehnt.
Hierin wird deutlich, dass eine endgültige Entscheidung über die
fristlose Kündigung gerade noch nicht getroffen worden war, der Ausspruch
der Kündigung vielmehr vom Eintritt weiterer Voraussetzungen abhängig
gemacht wurde.
Das
Fehlen des erforderlichen Aufsichtsratsbeschlusses macht die Kündigung
vom 14.6.2002 unwirksam. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der
"rückwirkenden Genehmigung" in dem Beschluss vom Januar 2003.
Bei Gestaltungserklärungen wie einer Kündigung kommt eine Rückwirkung
nach allgemeiner Auffassung nicht in Betracht. Auch die am 5.2.2003
ausgesprochene fristlose Kündigung ist unwirksam. Insoweit lag zwar ein
hinreichend deutlicher Beschluss des Aufsichtsrats vor. Da am 4.6.2002
aber bereits alle für die Kündigung maßgeblichen Umstände bekannt
waren, war die zweiwöchige Kündigungsfrist des § 626 Abs.2 BGB
abgelaufen.
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