Überwachungsmaßnahmen und Verhältnismäßigkeit
Darf man Beamte überwachen, wenn ein ein disziplinarrechtlicher Verdacht besteht? |
Oberverwaltungsgericht Münster |
Ein nicht nur beamtenrechtlich interessantes Thema ist die Frage, ob Beamten überwacht werden dürfen. Beamte haben eine besondere Beziehung zum Staat, die indes keinen Freibrief darstellt, den Beamten Maßnahmen zu unterziehen, die seine Grundrechte in
einer unverhältnismäßigen Weise einzuschränken. Aber was heißt das? Die Frage der Verhältnismäßigkeit von "Observationen" von Beamten war verschiedentlich Thema bei Verwaltungsgerichten.
Besonders instruktiv erscheinen uns diese Ausführungen des OVG Koblenz in einer neueren Entscheidung: Der gesetzliche Auftrag zur Durchführung der erforderlichen disziplinarrechtlichen Ermittlungen ist keine hinreichende Ermächtigungsgrundlage für die Durchführung von Observationen, welche
einen Eingriff in das Recht der betroffenen Person auf informationelle Selbstbestimmung darstellen. Das Gericht untersucht mehrere gesetzliche Regelungen und konstatiert, dass die vom Dienstherrn verdeckt, nämlich durch die Heckscheibe eines Kraftfahrzeugs gefertigte Videoaufnahme bereits als solche einen
mehr als unerheblichen Eingriff in sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung darstellt.
Die Unzulässigkeit der Videoaufnahme stünde ihrer Verwertung allerdings nicht entgegen. Ob ein Verstoß gegen Beweiserhebungsvorschriften ein Verwertungsverbot nach sich zieht, sei im Disziplinarverfahren entsprechend den im Strafprozess geltenden Maßstäben nach den Umständen des Einzelfalles,
insbesondere nach der Art des Verbots und dem Gewicht des Verstoßes hiergegen unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zu entscheiden. Zu berücksichtigen ist, dass die Disziplinarbehörden bzw. -gerichte die Wahrheit erforschen müssenund dazu die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle bedeutsamen Tatsachen
und Beweismittel zu erstrecken haben. Daher ist ein Beweisverwertungsverbot nur ausnahmsweise anzunehmen, wenn es ausdrücklich gesetzlich geregelt ist
(z.B. in § 26 Abs. 3 LDG) oder aus übergeordneten wichtigen Gründen im Einzelfall anzuerkennen ist. Maßgeblich kommt es auf das Gewicht des infrage
stehenden Verfahrensverstoßes im Hinblick auf die Bedeutung der im Einzelfall betroffenen Rechtsgüter an. Diese Abwägung führte zu dem Ergebnis, dass das berechtigte Interesse des Dienstherrn und der Allgemeinheit an der Ahndung von Dienstvergehen gegenüber den schutzwürdigen Interessen des Beklagten
überwiegt. |