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"Der
zum Teil in der Literatur und Rechtsprechung auf der Basis der
"Doktrin der sozialen Konfliktaustragung als allgemeines
Lebensrisiko" vertretene Ansatz, dass die Unterbindung von Mobbing
gerichtlicher Aufgabenwahrnehmung nicht zugehörig sei oder diese überfordere
und/oder betrieblicher Schlichtung oder Mediation vorbehalten sei, schützt
strukturell die Mobbingtäter. Zur Mobbingbekämpfung ist ein auf das
Prinzip der "Nulltoleranz" gegründeter und als
verhaltenskulturelles Steuerungsmittel wirksamer Mobbingrechtsschutz
gefordert." (Landesarbeitsgericht Thüringen - 5 Sa 63/04)
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Neuere
Entscheidungen zum Mobbing |
Wir werden hier demnächst über die vorliegenden
Darstellungen hinaus noch eine weiterreichende Rechtsprechungsübersicht
präsentieren, da das Interesse an diesem Thema zunimmt. Lesen Sie für die Grundlagen
zunächst diese Seite >> |
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Aktuell 2017
Da bei auf "Mobbing" gestützten Entschädigungsklagen nicht der vermögenswerte, sondern der ideelle Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts betroffen ist, setzt der Anspruch nach dem LAG Rheinland-Pfalz voraus, dass es sich um einen schwerwiegenden Eingriff in
das allgemeine Persönlichkeitsrecht handelt und dass die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann (Entscheidung aus dem Jahre 2017). |
Wir verweisen
auf die folgende Entscheidung unter der Rubrik "Mobbing", weil
die Entschädigung wegen eines immateriellen Schadens auch bei
Mobbing-Verfahren eine Veränderung der oft restriktiven Haltung der
Arbeitsgerichte einleiten könnte:
Das Landesarbeitsgericht
Berlin-Brandenburg spricht Ende 2008 Entschädigung und Schadensersatz
wegen geschlechtsspezifischer Diskriminierung bei der Beförderung zu
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat einer Klägerin, die
vortrug, wegen ihres Geschlechtes bei einer Beförderungsentscheidung
diskriminiert worden zu sein, Entschädigung und Schadensersatz zuerkannt.
Das Landesarbeitsgericht ist dabei davon ausgegangen, dass eine Statistik
über die Geschlechtsverteilung auf den einzelnen Hierarchieebenen als
Indiz für eine Geschlechtsdiskriminierung herangezogen werden kann. In
den höchsten zwei Gehaltsstufen des nachwirkenden Tarifvertrages und im
außertariflichen Bereich sind 2/3 aller Männer und 1/3 aller Frauen
eingruppiert. 95 % der Teilzeitkräfte sind beim Beklagten Frauen. Der
Aufsichtsrat bestand aus 19 Männern und zwei Frauen. Bei dem Anfang des
Jahres 2007 durchgeführten Entwicklungsaudit für die Ebenen
Abteilungsdirektor/ Abteilungsleiter fungierten als Beobachter ausschließlich
Männer.
Dass sämtliche 27 Führungspositionen (bei einer
Verteilung von 2/3 Frauen in der Belegschaft) nur von Männern besetzt
waren gelten dem Gericht nach als ausreichendes Indiz. Da der Arbeitgeber
keine Stellenausschreibung oder sonstige schriftlich dokumentierte
Auswahlkriterien habe vorlegen können, habe er die Indizien nicht
widerlegen können. Er kann sich dann auch nicht darauf berufen, dass die
Klägerin nicht die am besten geeignete Bewerberin gewesen sei. Als
Schadensersatz hat das Landesarbeitsgericht die Vergütungsdifferenz
zu derjenigen Position, und zwar auch unbegrenzt
für die Zukunft, zugesprochen, in die die Klägerin nicht befördert
worden war. Wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts hat das
Landesarbeitsgericht darüber hinaus eine Entschädigung
wegen immateriellen Schadens in Höhe von 20.000,00 Euro
zugesprochen; in der diskriminierenden Beförderungsentscheidung zu
Ungunsten der Klägerin liege zugleich eine solche Persönlichkeitsrechtsverletzung,
die noch dadurch verstärkt worden sei, dass die Klägerin durch Äußerungen
der Vorgesetzten herabgewürdigt und eingeschüchtert worden sei. Das
Landesarbeitsgericht hat im Hinblick auf Teile dieser Entscheidung die
Revision zugelassen (Az.: 15 Sa 517/08). |
Mobbing
- Stellenanforderungen
"Insoweit ist unstreitig, dass die Beklagte die
jeweiligen Bewerbungen des Klägers wegen dessen mangelhaften
Englischkenntnissen nicht berücksichtigt hat. Diese mangelhaften
Kenntnisse sind unstreitig. Nicht gehört werden kann der Kläger in
diesem Zusammenhang mit der Behauptung, ausreichende Englischkenntnisse
seien für die jeweiligen Positionen nicht erforderlich. Denn es obliegt
der Beklagten im Rahmen ihres unternehmerischen Ermessens, die
Anforderungen für eine bestimmte Position festzulegen. Dazu gehört auch
die Anforderung bezüglich Fremdsprachenkenntnissen."
(Landesarbeitsgericht Köln vom 09.03.2009 - 5 Sa 1405/08) |
Konfliktsituationen
- Schikanen - Mobbing
Es ist zu berücksichtigen, dass im Arbeitsleben übliche
Konfliktsituationen, die sich nach dem Landesarbeitsgericht Niedersachsen
aus dem Jahre 2009 auch über einen längeren Zeitraum erstrecken können,
nicht geeignet sind, derartige rechtliche Tatbestände zu erfüllen. Es
ist damit das folgenlose sozial- und rechtsadäquate Verhalten auf Grund
einer objektiven Betrachtungsweise gemeint. Das ist ohne Rücksicht auf
das subjektive Empfinden des betroffenen Arbeitnehmers von der rechtlichen
Bewertung auszunehmen. Weisungen, die sich im Rahmen des dem Arbeitgeber
zustehenden Direktionsrechts bewegen und bei denen sich nicht eindeutig
eine schikanöse Tendenz entnehmen lässt, stellen nur in seltenen Fällen
eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts dar. Zwar können auch das
Direktionsrecht überschreitende Weisungen eine Persönlichkeitsrechtsverletzung
darstellen. Das ist allerdings nur dann der Fall, wenn den Weisungen
sachlich nachvollziehbare Erwägungen des Arbeitgebers fehlen. Darüber
hinaus können Verhaltensweisen von Arbeitgebern oder Vorgesetzten nicht
in die Prüfung einbezogen werden, die lediglich eine Reaktion auf
Provokationen durch den vermeintlich gemobbten Arbeitnehmer darstellen.
Insoweit soll es nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dann an
der erforderlichen Täter-Opfer-Konstellation fehlen. |
Wichtige Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts - 8 AZR 593/06>>
BAG - 8 AZR 709/06: In Mobbing-Fällen beginnt die
Ausschlussfrist wegen der systematischen, sich aus mehreren einzelnen
Handlungen zusammensetzenden Verletzungshandlung regelmäßig erst mit
der zeitlich letzten Mobbing-Handlung. Wesensmerkmal der als
Mobbing bezeichneten Form der Persönlichkeitsrechtsverletzung ist die
systematische, sich aus vielen einzelnen Handlungen zusammensetzende
Verletzungshandlung, wobei den einzelnen Handlungen bei isolierter
Betrachtung eine rechtliche Bedeutung oft nicht zukommt. Hierzu stünde im
Widerspruch, wenn der Lauf der Ausschlussfrist mit Abschluss einer jeden
einzelnen Handlung begönne. Dementsprechend beginnt die Ausschlussfrist
in Mobbing-Fällen regelmäßig mit Abschluss der zeitlich letzten
vorgetragenen “Mobbing-Handlung”. Lässt sich ein fortlaufender
Prozess von Handlungen feststellen, mit dem insgesamt in rechtswidriger
Weise in das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers eingegriffen wurde,
ist der Anspruchsgegner auch nicht schutzwürdig; dies gilt umso mehr, als
er über einen langen Zeitraum hinweg in systematischer Weise vorgegangen
ist.
Diese BAG-Entscheidung vom 16.05.2007, die sehr viele
grundsätzliche Argumentationen präsentiert, werden wir demnächst
ausführlich kommentieren. |
Justitia über dem LG
München I |
Rauer
Ton
LG München Urteil vom 07.09.2005, Az.:
15 O 25369/04: Das Landgericht München I hat die Klage eines Zöllners
auf Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen Mobbing und Verletzung der Fürsorgepflicht
aus Amtshaftung abgewiesen. "Mobbing" durch einen Vorgesetzten
sei der Missbrauch der hervorgehobenen Amtsstellung in einer im Einzelfall
mehr oder weniger auf einen konkreten dienstlichen Anlass bezogenen Art
und Weise, um einen Untergebenen systematisch und fortgesetzt zu
beleidigen, zu schikanieren und zu diskriminieren. Erforderlich sei eine
fortgesetzte, aufeinander aufbauende und ineinander übergreifende, der
Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienende Verhaltensweise, die in
ihrer Gesamtheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die Ehre oder die
Gesundheit des Betroffenen verletzen. Eine schikanöse Tendenz gegenüber
dem Kläger konnte das Landgericht aus den harschen Worten nicht
herauslesen, wenn es auch die in Rede stehenden Äußerungen zum Teil
geschmacklos fand. Der Kläger habe nicht ausreichend dargelegt, warum
seine Angst vor Anordnungen der Nürnberger Behörde durch schikanöse Maßnahmen
hervorgerufen sei. Der dem Kläger ausgehändigte Fragebogen zur
Verbesserung der Effizienz seiner Arbeit sei in der öffentlichen
Verwaltung üblich.
Top |
Privater
Zwist zwischen Arbeitskollegen
Privater Zwist zwischen Mitarbeitern führt nicht ohne
weitere Voraussetzungen zu einem Anspruch auf Schmerzensgeld wegen Mobbing.
Dieser Ärger ist dem Arbeitgeber haftungsrechtlich nicht zuzurechnen.
Mobbing setzt vielmehr ein systematisches Anfeinden, Schikanieren und
Diskriminieren voraus (LAG) Rheinland-Pfalz - 9 Sa 597/04).
Die Schmerzensgeldklage einer Verkäuferin auf 5000 Euro
vom Arbeitgeber blieb erfolglos, weil die Klägerin nur einen Fall
schildern konnte, wonach eine Filialleiterin bei einer Mitarbeiterin über
die Klägerin geschimpft hatte. Bei kurzfristigen Konfliktsituationen mit
Kollegen oder Vorgesetzten fehlt es am systematischen Vorgehen.
Zwischenmenschliche Konflikte sind keine derart gravierende Verletzung des
Persönlichkeitsrechts, die ein Schmerzensgeld begründen könnte.
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LAG
Rheinland-Pfalz - 11 Sa 302/07: Wenn das Arbeitsgericht schließlich
feststellt, dass der Kläger selbst zu der Auseinandersetzung mit seinem
Vorgesetzten beigetragen hat, so dass es an einer klaren Täter-Opfer-Konstellation
fehle, ist unter Berücksichtigung des Voranstehenden diese Wertung nicht
zu beanstanden. So steht ein wechselseitiger
Eskalationsprozess, der keine klare Täter-Opfer-Beziehung zulässt,
regelmäßig der Annahme eines Mobbingsachverhalts entgegen. |
Mobbing
und Schadensersatz
LAG Thüringen 10.6.2004 - 1 Sa 148/01
1) Mobbing kann nur angenommen werden, wenn systematische
und zielgerichtete Anfeindungen gegen den Arbeitnehmer vorliegen. Daran
fehlt es, wenn es in der Entwicklung einer im Wesentlichen psychisch bedingten
Konfliktsituation zu einer Eskalation kommt,
auf die der Arbeitgeber mit einem nicht mehr sozialadäquaten Exzess reagiert (hier:
Suspendierung von der Arbeitsleistung und nachfolgende Versetzung).
2) Verfahren mit Mobbingbezug entscheiden sich in der Regel an dem im Einzelfall gegebenen
Sachverhalt und nicht an Rechtsfragen. Für die
streitentscheidende Aufgabe der Gerichte ist es nicht hilfreich, wenn der Eindruck erweckt
wird, die Gerichte müssten "gegenüber Mobbing ein klares Stop-Signal" setzen
(so Thür. LAG vom 15.02.2001, LAGE Nr. 3 zu Art. 2 GG Persönlichkeitsrecht, Leitsatz 1).
Aus den Gründen: Die
Behauptung der Klägerin, Organmitglieder der Beklagten hätten durch
Anweisungen und Unterlassen, Vorgesetzte und Mitarbeiter der Beklagten durch
systematische und fortgesetzte Mobbinghandlungen ihre Gesundheit beschädigt
und ihr Persönlichkeitsrecht verletzt, ist durch das Ergebnis der durchgeführten
Beweisaufnahme nicht bestätigt worden. Weder hat die Beklagte zu 2) die
Absicht verfolgt, die Klägerin durch eine Vielzahl von einschüchternden Maßnahmen
und Personalgesprächen zu einer ihre persönlichen Arbeitsbedingungen
verschlechternden Vertragsunterzeichnung weich zu kochen, noch war das
Verhalten der Beklagten und ihrer Mitarbeiter darauf angelegt, die Klägerin
auf kaltem Wege aus dem Arbeitsverhältnis herauszuquälen. Die Nichtbeschäftigung
der Klägerin nach der Freistellung im November 1997 war kein sich täglich
wiederholender Angriff auf das Persönlichkeitsrecht der Klägerin. Entgegen
der Behauptung der Klägerin hat die Beklagte zu 1) die Klägerin nicht mit
dem Ziel, sie fertig zu machen, nach München versetzt, noch war die Art und
Weise der Beschäftigung der Klägerin in München entwürdigend und als
Psychofolter zu bezeichnen...
Das erkennende Gericht ist sich
dessen bewusst, dass das als "Mobbing" bezeichnete Phänomen in
der sozialen Wirklichkeit, insbesondere aber in der Arbeitswirklichkeit,
zunehmend zu beobachten ist und für große Verunsicherung sorgt. Gerade
in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit nehmen mobbingtypische Konflikte am
Arbeitsplatz zu, weil der Ausweg, den Arbeitgeber zu wechseln, versperrt
ist. Mobbing wird aber auch gezielt eingesetzt, um Arbeitnehmer, denen auf
rechtlich zulässige Weise nicht beizukommen ist, aus dem Arbeitsverhältnis
zu drängen. Gerade Mitarbeiter, die einen hohen Bestandschutz genießen,
sind solchen Maßnahmen ausgesetzt.
Eine Vielzahl von Untersuchungen
haben mittlerweile genaue empirische Befunde zum Thema vorgelegt, aber
auch die gesundheitlichen Folgeschäden des Mobbing nachgewiesen.
Stellvertretend kann auf den umfangreichen Mobbing-Report
der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin aus dem Jahre 2002
verwiesen werden. Es besteht Konsens darüber, dass die
wirkungsvollsten Vorkehrungen gegen Mobbing am Arbeitsplatz darin
bestehen, die Betriebe überhaupt erst einmal für das Problem zu
sensibilisieren und sodann durch ein wirkungsvolles Konfliktmanagement zu
verhindern, dass - ggf. irreparable - Folgeschäden eintreten.
Die rechtliche Auseinandersetzung
mit dem Thema Mobbing setzte zunächst zögerlich ein. Nach vereinzelten
Stellungnahmen in den Jahren 1993 und 1995 (z. B.: Grunewald, NZA 1993,
1071; Däubler, BB 1995, 1347; Haller/Koch, NZA 1995, 356) befassten sich
erst ab dem Jahre 2000 ausführlichere Abhandlungen mit dem Thema (Kollmer,
Mobbing im Arbeitsverhältnis, 2. Aufl.; Wolmerath, Mobbing im Betrieb;
neuerdings Wickler (Hrsg.), Handbuch Mobbing-Rechtsschutz). Inzwischen
haben alle einschlägigen Kommentare und Handbücher das Thema
aufgegriffen (insoweit auch Hänsch in Berscheid u. a., Praxis des
Arbeitsrechts, 2. Aufl., Teil 3 Rnr. 905 - 956).
Rechtsprechung
liegt im Wesentlichen erst seit dem Jahre 2001 vor. Allerdings
hatte das Bundesarbeitsgericht bereits in seiner Entscheidung vom
15.01.1997 (NZA 1997, 781) Gelegenheit, den Begriff zu definieren. Die
Entscheidung erging im Beschlussverfahren zur Frage der Erforderlichkeit
einer Betriebsratsschulung zum Thema "Mobbing" und kann daher
nur eingeschränkt als höchstrichterliche Stellungnahme angesehen werden.
Eine höchstrichterliche Entscheidung zur Bedeutung des Begriffs bei
Vertragsstörungen im Einzelarbeitsverhältnis und beim Ausgleich
materieller und immaterieller Schäden fehlt bislang.
Die Entscheidungen der
Landesarbeitsgerichte mit Bezug zu Mobbing betreffen mehrheitlich Ansprüche
auf Schadensersatz und Schmerzensgeld, die alleine oder neben anderen
Ansprüchen geltend gemacht wurden. Davon wiederum führte die Mehrzahl zu
klageabweisenden Ergebnissen, entweder, weil angenommen wurde, der Begriff
sei als Anspruchsgrundlage ungeeignet (LAG Berlin vom 01.11.2002 und vom
06.03.2003, LAGE Nr. 6 und 8 zu Art. 2 GG Persönlichkeitsrecht) oder,
weil die Anspruchsvoraussetzungen im konkreten Fall als nicht gegeben
angesehen wurden (vgl. die unter LAGE Nr. 4 und 5 a. a. O. bzw. Nr. 6 zu
§ 5 EFZG abgedruckten Entscheidungen).
Das Landesarbeitsgericht
Rheinland-Pfalz hat in seiner Entscheidung vom 16.08.2001 (ZIP 2001, 2298)
dem dortigen Kläger einen "Anspruch auf Schmerzensgeld wegen
Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte" durch Mobbing zugestanden
und den in Anspruch genommenen Vorgesetzten des Klägers dazu verurteilt,
ein Schmerzensgeld in Höhe von 15.000,00 DM zu zahlen. Schließlich hat
das Arbeitsgericht Dresden in seiner Entscheidung vom 07.07.2003 (AuR
2004, 114; Langtext bei jurisweb) den Arbeitgeber und den Vorgesetzten der
dortigen Klägerin gesamtschuldnerisch verurteilt, wegen Mobbings
Schmerzensgeld in Höhe von 15.000,00 € und Schadensersatz wegen
Verletzung des Persönlichkeitsrechts in Höhe von 25.000,00 € zu
bezahlen.
B) Das Hauptproblem bei der
rechtlichen Einordnung des Begriffs "Mobbing" besteht darin,
dass der Begriff aus der Alltagssprache stammt und für eine Vielzahl
unterschiedlicher Verhaltensweisen verwendet wird. Eigentlich bezeichnet
er Erscheinungsformen, die so alt wie die Menschheit sind (Berkowsky,
NZA-RR 2001, 61). Um seine rechtliche, insbesondere arbeitsrechtliche
Relevanz zu fassen, ist es erforderlich, den Begriff durch Umschreibungen
zu konkretisieren, die sich daran orientieren, ob ein bestimmtes Verhalten
des Arbeitgebers oder anderer Arbeitnehmer Rechtsgüter des Arbeitnehmers
verletzt und insofern Abwehr- und Kompensationsansprüche auslöst
(Oetker, Urteilsanmerkung zu Thür. LAG vom 10.04.2001, LAGE Nr. 2 zu Art.
2 GG Persönlichkeitsrecht). Ausgangspunkt ist die Definition des
Bundesarbeitsgerichts (a. a. O.), wonach Mobbing
das systematische Anfeinden, Schikanieren und Diskriminieren von
Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte ist. Mit der
Umschreibung "systematisch" ist bereits ein wesentliches Element
der Begriffsdefinition bezeichnet. Die arbeitsrechtliche
Relevanz des Mobbing ergibt sich aus einer systematischen, prozesshaften
Beeinträchtigung. Nicht die einzelne herabwürdigende Handlung ist
charakteristisch, sondern das Systematische und Stetige, das sich aus
einer Reihe solcher Handlungen ergibt und aus dem sich eine gegen den
Betroffenen verfolgte Zielrichtung erkennen lässt. Erforderlich ist aber
auch ein Fortsetzungszusammenhang in
dem Sinne, dass die Einzelakte, die für sich genommen unerheblich sein können,
in einem sanktionenbegründenden Zusammenhang stehen, die wiederholten
Verhaltensweisen folglich in ihrer Gesamtheit als Verletzung des
allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu würdigen sind.
Bei der Gesamtschau der
Mobbing-Bewertung ist das zwar belastende aber als sozialadäquat
hinzunehmende Handeln gegenüber schikanösem und diskriminierenden
Verhalten abzugrenzen. Dabei kann vom Leitbild des einsichtig handelnden
Durchschnittsarbeitgebers ausgegangen werden. Sozialadäquat muss aber
auch die Reaktion des Arbeitnehmers auf belastendes Arbeitgeberverhalten
sein. Der Arbeitnehmer trägt auch am Arbeitsplatz das mit der
gesellschaftlichen Interaktion verbundene "kommunikative" Risiko
(vgl. zu allem Rieble/Klumpp, ZIP 2002, 369; Oetker, a. a. O.). Wenn in
diesem Zusammenhang davon gesprochen wird, der Arbeitnehmer habe kein
Recht auf kritikfreies Wohlgefühl am Arbeitsplatz, wird nach Auffassung
des Gerichts ein falscher Ansatz gewählt. Der - ggf. kritikfähige -
Arbeitnehmer soll sich nach Möglichkeit durchaus auch am Arbeitsplatz
wohlfühlen können. Das Problem dürfte bei Konflikten am Arbeitsplatz
eher in der Belastbarkeit, insbesondere der psychischen Belastbarkeit, des
Arbeitnehmers liegen, die wiederum eng mit der Fähigkeit zusammenhängt,
die kommunikativen Lebensrisiken adäquat zu verarbeiten.
C) Der vorliegende Streitfall hat in
der Öffentlichkeit große Aufmerksamkeit gefunden. Das Gericht kommt
nicht umhin, sich mit der Erwartungshaltung auseinanderzusetzen, die
gerade bei dem sehr aktuellen Thema Mobbing an die Gerichte herangetragen
wird. Es werden Grundsatzentscheidungen erwartet, am besten "Mobbingschutzurteile".
Dabei wird nicht gesehen, dass Gerichte zu grundsätzlichen Aussagen über
allgemein interessierende Themen nur kommen können, wenn diese durch den
Sachverhalt veranlasst sind und prozessuale Vorgaben nicht entgegenstehen.
Ein Richter kann sich bei seiner Entscheidung nicht von dem Bedürfnis
leiten lassen, etwas Gutes zu tun oder auch nur, seinen Ehrgeiz zu
befriedigen. Wo kein Mobbingverhalten festzustellen ist, können auch
keine grundsätzlichen Aussagen zu Entschädigungsansprüchen bei einer
mobbingbedingten Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
getroffen werden. Das Gericht wird damit leben müssen, dass es dafür
kritisiert wird, mit der vorliegenden Entscheidung kein angeblich dringend
notwendiges Grundsatzurteil erlassen zu haben.
Nicht von ungefähr hat sich die Klägerin
für die Strukturierung ihres Tatsachenvortrags und ihre Rechtsausführungen
sehr umfangreich und nahezu ausschließlich auf die Entscheidungen des Thüringer
Landesarbeitsgerichts vom 15.02.2001 (LAGE Nr. 3 zu Art. 2 GG Persönlichkeitsrecht)
und vom 10.04.2001 (LAGE Nr. 2 a. a. O.) bezogen. Diese Entscheidungen
waren sehr öffentlichkeitswirksam und wurden als bahnbrechend empfunden.
Die erkennende Kammer kann sich daran kein Beispiel nehmen, denn an den
Urteilen war falsch, dass sie sich überhaupt mit dem Thema Mobbing
befasst haben. Die Entscheidungen sind lediglich insoweit exemplarisch,
als sich an ihnen zeigen lässt, welche Grenzen richterlichen Handelns hätten
beachtet werden sollen.
Die von der 5. Kammer des Thüringer
Landesarbeitsgerichts zuerst veröffentlichte Entscheidung vom 10.04.2001
betraf ein einstweiliges Verfügungsverfahren. Gegenstand war das Begehren
des Verfügungsklägers, der Verfügungsbeklagten aufzugeben, es zu
unterlassen, dem Verfügungskläger Aufgaben außerhalb der Vergütungsgruppe
II BAT bis 31.12.2000 zuzuweisen. Diesem Antrag entsprach das
Arbeitsgericht mit Urteil vom 11.08.2000. Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten
bestimmte das Landesarbeitsgericht Termin zur mündlichen Verhandlung auf
den 15.02.2001 und wies die Berufung mit der am 10.04.2001 verkündeten
Entscheidung zurück. Obwohl ein Fall der prozessualen Überholung vorlag,
weil zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 15.02.2001 und erst
recht zum Zeitpunkt der Verkündung des Urteils am 10.04.2001 eine
einstweilige Regelung in Bezug auf den Streitgegenstand (Unterlassen bis
31.12.2000) überhaupt nicht mehr möglich war, bejahte das Gericht das
Rechtschutzbedürfnis für eine Sachentscheidung. Nachdem das Gericht die
prozessuale Hürde durch eine eher eigenwillige Argumentation (hierzu:
Oetker, a. a. O., S. 68 - 75 und Rieble/Klumpp, FA 2002, 309 Fn. 20) überwunden
hatte, hat es in einer weit ausgreifenden Begründung den
Unterlassungsanspruch mit einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
des Verfügungsklägers durch Mobbing seitens der Verfügungsbeklagten
bejaht. Der aufgrund seines Arbeitsvertrages nach Vergütungsgruppe II BAT
vergütete Verfügungskläger hatte sich mit dem Unterlassungsbegehren
dagegen gewehrt, dass ihn die Verfügungsbeklagte auf die Stelle eines
nach Vergütungsgruppe VI b BAT vergüteten Sachbearbeiters gesetzt hatte.
Der Verfügungsanspruch ergab sich folglich schon aus den
arbeitsvertraglich gezogenen Grenzen des Direktionsrechts. Ein Rückgriff
auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht war nicht veranlasst, erst recht
nicht die breit angelegten Ausführungen zu dieser Anspruchsgrundlage.
Ebenso wenig hatte die ausführliche Erörterung der Mobbingproblematik
etwas mit dem Streitgegenstand zu tun, selbst dann nicht, wenn das Gericht
der Auffassung war, "dass der Kläger von der Beklagten systematisch
einer seiner Menschenwürde missachtenden und persönlichkeitszersetzenden
Behandlung ausgesetzt wurde, mit dem Ziel, ihn zu einem Fehlverhalten zu
provozieren, welches bei isolierter Betrachtung zu einer risikolosen
Beendigung seines Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte führen konnte
oder ihn durch fortgesetzte Zermürbung zur freiwilligen Aufgabe seines
Arbeitsplatzes zu bringen (sog. "Mobbing")".
Das Urteil trägt aber auch der
Funktion einer Entscheidung im Verfügungsverfahren, nämlich der Regelung
eines einstweiligen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis
Die Fremdbestimmung der Entscheidung
vom 10.04.2001 für eine Positionierung in Rechtsfragen, die für die
eigentliche Streitentscheidung und Regelungsverfügung unerheblich sind,
wird vollends durch die Leitsätze deutlich. Die Leitsätze 1 bis 5
enthalten durch die Entscheidung nicht veranlasste Aussagen allgemeinster
Art zum Persönlichkeitsrecht und zum Begriff "Mobbing"
einschließlich einer möglichst alle denkbaren Fälle umfassenden
Definition. Zu Recht wird die Entscheidung vom 10.04.2001 daher als in
Form und Inhalt angreifbar bezeichnet (Rieble/Klumpp, a. a. O.). Oetker
(a. a. O.) meint vornehm, dass die Entscheidung in Diktion und Umfang die
tradierten Bahnen einer Urteilsbegründung verlässt.
Auch das Urteil des Thüringer
Landesarbeitsgerichts vom 15.02.2001 (LAGE a. a. O.), auf das sich die Klägerin
ebenfalls bezieht, ist für die hier zu entscheidende Rechtsfrage nicht
einschlägig.
Das bereits am 15.02.2001 aufgrund
der mündlichen Verhandlung vom gleichen Tage verkündete Urteil ist am
26.07.2001 im Internet veröffentlicht worden, nachdem das Urteil von den
Richtern unterschrieben am 11.07.2001 zur Geschäftsstelle gelangt war und
am 13.07.2001 den Parteien zugestellt worden war. Aus der späten
Fertigstellung und Veröffentlichung ist zu schließen, dass das Gericht
dem Urteil für eine Öffentlichkeitswirkung nicht die gleiche Bedeutung
beimaß wie dem Urteil vom 10.04.2001. Dies lässt sich nachvollziehen,
denn dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt ist wiederum nicht
zu entnehmen, dass Erörterungen zum Thema Mobbing veranlasst gewesen sein
könnten. Der Kläger dieses Verfahrens, M., Warenbereichsleiter der
Abteilung Fleisch/Wurst in einem Supermarkt, war fristlos entlassen
worden, weil er den neu in seine Abteilung am 01.09.1998 versetzten
Metzgergesellen F. bereits bei Arbeitsbeginn und die Tage darauf unflätig
beleidigt und gedemütigt hatte. F. erkrankte am 04.09.1998 und wurde bis
05.10.1998 krankgeschrieben. Am 06.10.1998, dem ersten Arbeitstag nach der
Krankschreibung und am folgenden Tag beschuldigte M. den F. wegen der
Krankschreibung, er habe doch nur simuliert und äußerte, dass man zu
Hitlers Zeiten einen solchen Betrüger an die Wand gestellt und erschossen
hätte. Am 08.10.1998 unternahm F. einen Selbstmordversuch. Die
Arbeitgeberin stellte den M. am 09.10.1998 bis zur endgültigen Sachaufklärung
von der Arbeit frei und kündigte das Arbeitsverhältnis des M. nach Anhörung
aber ohne vorangegangene Abmahnung am 02.11.1998 außerordentlich. Die
gegen die Kündigung gerichtete Klage des M. wies das Arbeitsgericht nach
Durchführung einer Beweisaufnahme ab. Auf die Berufung des Klägers
bejahte die 5. Kammer des LAG das Vorliegen eines wichtigen Grundes für
die außerordentliche Kündigung. Obwohl nach dem
Sachverhalt zwar eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts
des F., aber kein Mobbing vorlag, denn es fehlte gerade an einem
dauerhaften, systematischen und zielgerichteten Verhalten des M.,
führte das LAG zur Begründung aus: "Unter Zugrundelegung dieses
(vorher zu § 626 Abs. 1 BGB entwickelten) Prüfungsmaßstabs ist auch das
sog. MOBBING jedenfalls dann in die grundsätzlich zur Rechtfertigung
einer außerordentlichen Kündigung geeigneten Fallgruppen von
Arbeitsvertragsstörungen einzureihen, wenn dadurch das allgemeine Persönlichkeitsrecht,
die Ehre oder die Gesundheit des Mobbingopfern in schwerwiegender Weise
verletzt werden". Nach der einleitenden Bemerkung, dass sich die
Rechtsprechung bislang nicht grundsätzlich mit dieser Frage befasst habe,
folgen sodann unter Bezugnahme auf die zwischenzeitlich veröffentlichten
Gründe der eigenen Entscheidung vom 10.04.2001 wiederum sehr umfangreiche
und grundsätzliche Ausführungen zum Thema Mobbing. Die insgesamt zehn
Leitsätze der Entscheidung befassen sich ebenfalls programmatisch und
grundsätzlich mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und dem Thema
Mobbing. Aber auch an appellartigen Aufrufen an den Staat und die Gerichte
fehlt es nicht (vgl. die Leitsätze 1 und 10). So wird gefordert, dass die
Rechtsprechung in Ermangelung einer speziellen gesetzlichen Regelung ein
klares Stop-Signal gegenüber Mobbing setzen müsse.
Nach allem stellt auch die
Entscheidung der 5. Kammer des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom
15.02.2001 wie schon die Entscheidung vom 10.04.2001 eher eine - hier
nicht einschlägige - gutachterliche Äußerung verbunden mit
rechtspolitischen Appellen zum Thema Mobbing dar. Immerhin ergab sich die
günstige Konstellation, dass die Urteile von ihrem Autor für die eigene
publizistische Tätigkeit als unverfängliche und mit der Autorität eines
Berufungsgerichts versehenen Belege herangezogen werden konnten (Wickler,
DB 2002, 477 und AuR 2004, 87; Wickler, Handbuch Mobbing-Rechtsschutz).
D) Die von der Klägerin
geltendgemachten Ansprüche auf Geldentschädigung und Schmerzensgeld
wegen erlittener immaterieller Schäden bestehen nicht.
I) Die Klägerin hat keinen Anspruch
auf Entschädigung wegen Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts.
1) Der Anspruch auf Geldentschädigung
wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts wird aus §
823 Abs. 1 BGB i. V. mit Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG hergeleitet
(BVerfG NJW 2000, 2187; BGH NJW 1996, 984). Dabei handelt es sich um eine
deliktische Anspruchsgrundlage. Der Auffassung der Klägerin, die
staatliche Pflicht zur Sicherung des verfassungsrechtlichen Persönlichkeitsschutzes
sei nicht danach teilbar, ob lediglich eine deliktische Beziehung zum
Opfer der Persönlichkeitsrechtsverletzung oder auch eine vertragliche
Beziehung bestehe, folgt das Gericht nicht. Dies ergibt sich für den hier
einschlägigen Rechtszustand aus der Zeit vor der Rechtsänderung durch
die Schadensrechtsreform ab 01.08.2002 bereits daraus, dass auch der
Gesetzgeber das allgemeine Persönlichkeitsrecht ausdrücklich nicht in
den Rechtsgüterkanon des neuen § 253 Abs. 2 BGB aufgenommen hat. Erst
recht ist keine Korrektur des alten Rechtszustandes durch die Gerichte möglich.
Entschädigungsansprüche wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
wurden aus der Analogie zu § 847 BGB a. F. entwickelt und beruhten daher
als Quasi-Schmerzensgeldansprüche ausschließlich auf einer deliktischen
Anspruchsgrundlage. Selbst wenn die Frage für zukünftige Rechtsänderungen
auf der Tagesordnung bleiben sollte, ob dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht
nicht auch im Rahmen der Vertragshaftung der gebührende Schutz gewährt
werden muss (Wagner, NJW 2002, 2056), so richtet sich diese Frage
allenfalls an den Gesetzgeber, nicht aber an die Gerichte.
2) Da die Klägerin die Klage gegen
die erstinstanzlichen Beklagten zu 3) bis 8), denen sie Mobbinghandlungen
vorwirft, im Berufungsrechtszug nicht mehr weiterverfolgt hat, haften die
Beklagten zu 1) und 2) gem. § 823 Abs. 1 BGB i. V. mit den §§ 30, 31
BGB, 89 BGB analog unmittelbar nur, wenn einer ihrer Vorstandsmitglieder
durch eigenes Handeln Rechte der Klägerin verletzt hat. Dies behauptet
auch die Klägerin nicht. Eine Rechtsverletzung durch Organmitglieder der
Beklagten durch Unterlassen setzte voraus, dass diese gegen eine Pflicht
zum Handeln verstoßen haben und die Vornahme der Handlung den Schaden
verhindert hätte. Selbst wenn man annehmen wollte, dass eine deliktische
Garantenpflicht des Arbeitgebers besteht, seinen Betrieb so zu
organisieren, dass Mobbing verhindert oder unterlassen wird (Wickler, AuR
2004, 98; ablehnend: Rieble/Klumpp, FA, 2002, 309), hätten die
Organmitglieder der Beklagten eine solche Rechtspflicht nicht verletzt.
Eine Pflicht zum Tätigwerden würde die Kenntnis der Organmitglieder von
Mobbinghandlungen voraussetzen, die nicht gegeben war. Dem Schreiben des
Personalratsmitglieds Z. vom 23.12.1996, das an verschiedene
Vorstandsmitglieder beider Banken gerichtet war, war nicht zu entnehmen,
dass unzulässiger Druck auf die Klägerin ausgeübt wurde. Die behauptete
Anweisung des Vorstandsmitglieds Sp. der Beklagten zu 2) an den
Niederlassungsleiter R., das Problem endlich zu lösen, besagt nichts über
die Art und Weise der Problemlösung. Schließlich hat auch das Schreiben
der Personalratsmitglieder Se. und Z. vom 07.11.1997 nicht die
erforderliche Kenntnis vermittelt. Selbst wenn aus dem dort gegebenen
Hinweis auf "stasihafte" Methoden auf einen Verdacht von Mobbing
zu schließen wäre, könnte sich dieser Hinweis nur auf die
Vergangenheit, also die Beschäftigung der Klägerin in der Niederlassung
der Beklagten zu 2) in Erfurt bezogen haben, die mit der Freistellung
beendet wurde, also für die Zukunft kein Eingreifen erforderlich machte.
3) Die Beklagten haften für
immaterielle Schäden aus den angeblichen Mobbinghandlungen
ihrer Verrichtungsgehilfen nur nach § 831 BGB, also nur dann,
wenn sie bei der Auswahl und Überwachung der zur Ausführung der
Verrichtung bestellten Personen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer
Acht gelassen haben. Anhaltspunkte dafür, dass die Vorgesetzten der Klägerin
nicht sorgfältig ausgewählt wurden, sind nicht vorgetragen und auch
nicht ersichtlich. Für die Überwachung der Verrichtungsgehilfen können
sich die Beklagten auf den sog. dezentralisierten Entlastungsbeweis
berufen. Danach reicht es in Großunternehmen, in denen der "Geschäftsherr"
i. S. des § 831 Abs. 1 BGB an der Leitung und Beaufsichtigung gehindert
ist, aus, wenn die Überwachung einem höheren Angestellten übertragen
wird, der seinerseits sorgfältig ausgewählt, angeleitet und überwacht
wurde. Die Beklagten haben solche höheren Angestellten bestellt, nämlich
die Personalleiterin der Beklagten zu 2), Frau St., und die
Personalverantwortliche der Beklagten zu 1), Frau Schi.. Für eine Überwachung
dieser leitenden Angestellten bestand mangels Kenntnis der Geschäftsherren
von Verletzungshandlungen in der Filiale Erfurt keine Veranlassung.
4) Dahinstehen kann nach allem, ob
die erst mit der Klageerweiterung vom 03.09.2002 geltend gemachten Entschädigungsansprüche
wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin verjährt
sind.
II) Schmerzensgeldansprüche stehen
der Klägerin ebenfalls nicht zu. Solche Ansprüche waren im Falle der
Verletzung des Körpers und der Gesundheit nach § 847 BGB a. F. i. V. mit
§ 253 BGB a. F. nur gegeben, wenn eine unerlaubte Handlung gem. § 823
Abs. 1 BGB vorlag. Die genannten Vorschriften sind einschlägig, da die
behaupteten Verletzungshandlungen vor der ab
01.08.2002 in Kraft getretenen Änderung des § 253 BGB und der
gleichzeitig erfolgten Aufhebung des § 847 BGB lagen. Eine den Beklagten
zurechenbare unerlaubte Handlung liegt nicht vor. Insoweit kann auf die
voranstehenden Ausführungen verwiesen werden.
E) Auch Ansprüche der Klägerin auf
Ersatz des erlittenen materiellen Schadens durch die in Folge ihrer
Erkrankung eingetretene Gehaltsminderung bestehen nicht.
Der Anspruch beruht auf einer
vertraglichen Grundlage. Der Arbeitgeber hat aufgrund der im Arbeitsverhältnis
bestehenden Fürsorge- und Treuepflichten Leben und Gesundheit des
Arbeitnehmers zu achten und zu schützen. Die Verletzung dieser
arbeitsvertraglichen Nebenpflicht stellt auch eine Schlechterfüllung des
Arbeitsvertrages dar (pVV).
I) Vertragliche Ansprüche der Klägerin
könnten grundsätzlich nur gegen die Beklagte zu 1) bestehen, denn nur
mit dieser hatte sie einen Arbeitsvertrag abgeschlossen. Die Beklagte zu
1) haftet gem. § 278 BGB für Verschulden ihrer Erfüllungsgehilfen. Bis
auf Frau Schi., die Personalverantwortliche der Beklagten zu 1), waren
jedoch die Personen, denen die Klägerin Mobbinghandlungen vorwirft, Beschäftigte
der Beklagten zu 2). Zu Recht ist die Klägerin allerdings der Auffassung,
dass aufgrund der Entsendevereinbarung die arbeitsvertragliche Fürsorgepflicht
der Beklagten zu 1) auf die Beklagte zu 2) übergegangen ist und diese für
die Erfüllung dieser Vertragspflicht der Beklagten zu 1) ebenfalls
haftet. Insoweit sind die Beschäftigten der Beklagten zu 2) auch Erfüllungsgehilfen
der Beklagten zu 1).
Ob die Beklagte zu 2) der Klägerin
ebenfalls aus Vertrag haftet, etwa deshalb, weil der zwischen beiden
Banken geschlossene Dienstverschaffungsvertrag als Vertrag mit
Schutzwirkung zugunsten Dritter anzusehen ist, kann dahinstehen. Ferner
kann die zwischen den Parteien erörterte Frage dahinstehen, ob eine
unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung vorliegt, bejahendenfalls, welche
Rechtsfolgen sich daraus ergeben würden.
Die Klägerin ist auch nicht
gehindert, gegen die Beklagten zu 1) und 2) vertragliche Ansprüche
geltend zu machen, die auf denselben Lebenssachverhalt gestützt sind, wie
die Ansprüche gegen die erstinstanzlichen Beklagten zu 3) bis 8). Mit der
Rechtskraft der klageabweisenden Entscheidung gegen diese Beklagten ist
nicht für die verbliebenen Parteien bindend festgestellt, dass die
Beklagten zu 3) bis 8) keine Mobbinghandlungen begangen haben und daher
Ansprüche gegen die Beklagten zu 1) und 2) nicht mehr in Betracht kommen
können, weil sie nur für ein Handeln ihrer Erfüllungsgehilfen haften würden,
anderen Erfüllungsgehilfen als den Beklagten zu 3) bis 8) aber
Mobbinghandlungen nicht vorgeworfen werden. Gem. § 325 ZPO wirkt die
Rechtskraft nur zwischen Partei und Gegenpartei.
II) Die Gesundheitsschäden der Klägerin
sind nicht durch Mobbing verursacht worden. Es
liegt weder ein systematisches, zielgerichtetes und lang andauerndes
diskriminierendes und anfeindendes Verhalten durch Erfüllungsgehilfen der
Beklagten vor, noch haben die Beklagten ein solches Verhalten gefördert
und gebilligt. In einer Gesamtschau stellt das den Beklagten
zurechenbare Verhalten kein Mobbing dar.
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Mobbing und
Schmerzensgeld I LAG Berlin
15.07.2004 - 16 Sa 2280/03
Behauptet eine Arbeitnehmerin, sie sei durch fortgesetzte Herabsetzungen und Schikanen
ihres Arbeitgebers seelisch krank geworden, muss sie im Prozess um Schadensersatz und
Schmerzensgeld die beanstandeten Verhaltensweisen so konkret darlegen und beweisen, dass
in jedem Einzelfall beurteilt werden kann, ob diese Verhaltensweisen rechtswidrige und
schuldhafte Überschreitungen des Direktionsrechts gewesen sind und ob der Handelnde damit
zu rechnen hatte, dass sein Verhalten eine Erkrankung bei der Arbeitnehmerin verursachen
könnte.
Es genügt nicht, die beanstandeten Verhaltensweisen unter
eine der inzwischen gebräuchlichen Definitionen von "Mobbing" zu subsumieren;
"Mobbing" ist für sich genommen kein juristisch verwertbarer Begriff.
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Mobbing und
Schmerzensgeld II Arbeitsgericht
Lübeck vom 07.09.2000 -2 Ca 1850 b/00:
Der Arbeitnehmer kann vom Arbeitgeber nur
dann Schmerzensgeld wegen Mobbings beanspruchen, wenn er konkret darlegt, dass es sich bei
den Vorgehensweisen des Arbeitgebers um dauerhafte systematische degradierende oder
beleidigende Handlungen handelt und er hierdurch eine psychische
Gesundheitsbeeinträchtigung erleidet. Maßnahmen, die arbeitsrechtlich zulässig sind,
können grundsätzlich nicht Grundlage eines Schmerzensgeldanspruches sein. Gleiches gilt
für nur einzelne rechtswidrige Maßnahmen.
In dem Fall des Arbeitsgerichts Lübeck
handelte es sich um einen Kläger (48 Jahre alt), der seit 1975 als Masseur und
medizinischer Bademeister bei der Beklagten beschäftigt war. Mit der Klage nahm er die
Beklagte, die ein Krankenhaus betreibt, auf Schmerzensgeld von mindestens DM 54.000,00
wegen fortgesetzter Mobbing-Attacken in Anspruch. Durch verstärkte Überwachung und
Kritik habe er sich zunehmend unter psychischen Druck gesetzt gefühlt mit der Folge
erheblicher Gesundheitsbeeinträchtigungen. Seit 1997 sei er einem ständigen Mobbing
ausgesetzt gewesen.
Die Beklagte habe ohne seine Kenntnis einen
Vermerk über angebliche Fehlleistungen sowie eine formell fehlerhafte Abmahnung zur
Personalakte genommen, habe ihm Fortbildungsmaßnahmen nicht oder nur zögerlich
bewilligt, ihn auf eine andere Station versetzt und ihm durch eine neue
Arbeitsplatzorganisation den Aufgabenbereich Krankengymnastik entzogen. Als die Parteien
über einen Aufhebungsvertrag verhandelten, habe die Beklagte ihn zum Verlassen der Klinik
gedrängt.
Mehrere Ärzte attestierten dem Kläger,
dass er an schwerer arterieller Hypertonie (Bluthochdruck) sowie an depressiven Störungen
leide, die auf die belastende Arbeitsplatzsituation zurückzuführen seien.
Das Arbeitsgericht wies die Klage ab.
Zur Begründung führte es aus, dass
rechtswidriges Mobbing dann vorliege, wenn der unterlegene Arbeitnehmer von
Vorgesetzten
oder Kollegen systematisch und während längerer Zeit direkt oder indirekt mit dem Ziel
und Effekt des Ausstoßes angegriffen werde, wobei dies der angegriffene Arbeitnehmer als
Diskriminierung erlebe.
Wegen Mobbing könne ein Arbeitnehmer nur
dann Schmerzensgeld beanspruchen, wenn er substantiiert darlege, dass es sich bei den
Vorgehensweisen des Arbeitgebers um dauerhafte systematische degradierende oder
beleidigende Handlungen handele. Maßnahmen, die arbeitsrechtlich zulässig seien,
könnten nicht Grundlage für einen Schmerzensgeldanspruch sein, auch wenn der
Arbeitnehmer diese als belastend empfinde und hierdurch psychisch krank werde. Auch
einzelne rechtswidrige Maßnahmen lösten noch keinen Schmerzensgeldanspruch aus.
Unter Berücksichtigung dessen habe der
Kläger nicht schlüssig dargelegt, dass die Beklagte ihn vorsätzlich oder fahrlässig an
seiner Gesundheit verletzt habe. Selbst wenn es sich bei der Aktennotiz und der Abmahnung
um ehrverletzende Aktenstücke handele, hätte die davon ausgehende Beeinträchtigung
durch Entfernung derselben aus der Personalakte beseitigt werden können.
Der Kläger habe auch nicht dargelegt, dass
die Beklagte bei der Versetzung ihr Direktionsrecht überschritten habe. Dies gelte auch
für die Bearbeitung seiner Fortbildungsanträge und die Zuteilung der Arbeit. Obgleich
der Kläger sich möglicherweise subjektiv gemobbt fühlte und dadurch krank geworden sei,
habe er jedoch nicht im einzelnen vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass die Beklagte
ihn durch die gerügten Maßnahmen dauerhaft und systematisch herabgesetzt und
diskriminiert habe.
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Kündigung
(Probezeit) und Mobbing Eine
Verletzung der Fürsorgepflicht führt für sich nicht zur Treuwidrigkeit einer
Kündigung des "gemobbten" Arbeitnehmers in der Probezeit, wenn deren Ausspruch
nicht ihrerseits willkürliche oder diskriminierende Motive zugrunde liegen.
Hessisches LAG vom 21.02.2003 - 12
Sa 561/02 - Aus den Gründen:
Ein Mindestmaß an Bestandsschutz für Arbeitsverhältnisse
ist verfassungsrechtlich geboten, da das durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Recht auf
freie Wahl des Arbeitsplatzes auch die Beibehaltung eines einmal gewählten Arbeitsplatzes
umfasst (BVerfG 08. Juli 1997 - 1 BvR 1934/93 - BVerfGE 96/189, zu C I 1; 27. Januar 1998
- 1 BvL 15/87 - BVerfGE 97/169, zu B I 1). Damit wird jedoch weder eine Bestandsgarantie
für einen einmal gewählten Arbeitsplatz noch ein unmittelbarer Schutz gegen den Verlust
des Arbeitsplatzes aufgrund privatrechtlicher Dispositionen des Vertragspartners gewährt.
Der aus dem Grundgesetz folgenden Schutzpflicht des Staates ist durch das geltende
Kündigungsschutzrecht einschließlich seiner Beschränkungen Rechnung getragen. Diese
Beschränkungen sind grundsätzlich zu respektieren (BVerfG 27. Januar 1998 a.a.O., zu B I
1, 3 b cc). Außerhalb des Anwendungsbereichs des Kündigungsschutzgesetzes sind
Arbeitnehmer von Verfassungs wegen in erster Linie vor willkürlichen und auf sachfremden
Motiven beruhenden Kündigungen zu schützen, etwa vor Diskriminierungen im Sinne von Art.
3 Abs. 3 GG. Auch ein durch langjährige Mitarbeit erdientes Vertrauen auf den Fortbestand
des Arbeitsverhältnisses darf jedoch nicht unberücksichtigt bleiben (BVerfG 27. Januar
1998 a.a.O., zu B I 3 b cc).
Bei Kündigungen in den ersten sechs Monaten eines Arbeitsverhältnisses ist der Zweck von
§ 1 Abs. 1 KSchG maßgeblich zu berücksichtigen. Die Anwendung der Generalklauseln darf
nicht dazu führen, dass der gesetzlich ausgeschlossene Kündigungsschutz auf andere Weise
gewährt wird (BAG 21. März 1980 - 7 AZR 314/78 - AP SchwbG § 17 Nr. 1, zu II 4; 23.
Juni 1994 a.a.O., zu II 2 a; 01. Juli 1999 - 2 AZR 926/98 - AP BGB § 242 Kündigung Nr.
10, zu II 2; 21. Februar 2001 - 2 AZR 15/00 - AP BGB § 242 Kündigung Nr. 12, zu II 1).
Da der Arbeitgeber Gelegenheit erhalten soll, während der gesamten Wartezeit die Eignung
des Arbeitnehmers in fachlicher und persönlicher Hinsicht zu prüfen, kommt nach der
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Treuwidrigkeit einer Kündigung während der
Probezeit im Wesentlichen nur dann in Betracht, wenn sie aus diskriminierenden Motiven, in
verletzender Form oder zur Unzeit erklärt wird (vgl. etwa BAG 23. Juni 1994 a.a.O., zu II
2 a; 01. Juli 1999, a.a.O., zu II 2; 25. April 2001 - 5 AZR 360/99 - EzA BGB § 242
Kündigung Nr. 4, zu II 4 a). Liegt ein derartiger Missbrauchstatbestand nicht vor, bedarf
die Kündigung nicht einer objektiv nachprüfbaren Begründung. Ein Willkürvorwurf kann
nicht erhoben werden, wenn ein irgendwie einleuchtender Grund für die Ausübung des
Kündigungsrechts besteht (BAG 25. April 2001 a.a.O., zu II 4 b; APS/Preis Grundlagen J
Rdnr. 52).
Im öffentlichen Dienst ist allerdings zu berücksichtigen, dass sich ein Anspruch des
Arbeitnehmers auf Einstellung ausnahmsweise unmittelbar aus Art. 33 Abs. 2 GG ergeben
kann, wenn alle Voraussetzungen in der Person des Bewerbers für das erstrebte Amt im
öffentlichen Dienst erfüllt sind und jede andere Entscheidung nach den Verhältnissen
des Einzelfalls rechtswidrig oder ermessensfehlerhaft wäre. Daher verstößt eine vor
Ablauf der Wartezeit erklärte Kündigung gegenüber einem im öffentlichen Dienst
beschäftigten Arbeitnehmer gegen Treu und Glauben, wenn der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt
der Kündigung einen Einstellungsanspruch nach Art. 33 Abs. 2 GG gehabt hätte und der
Arbeitgeber ihn deshalb zugleich mit dem Ablauf der Kündigungsfrist wieder hätte
einstellen müssen (BAG 12. März 1986 - 7 AZR 20/83 - BAGE 51/246, zu III; 01. Juli 1999
a.a.O., zu II 3). Außerhalb des Anwendungsbereichs von Art. 33 Abs. 2 GG steht die
Möglichkeit, die persönliche und fachliche Eignung von Arbeitnehmern während der
Wartezeit von § 1 Abs. 1 KSchG zu überprüfen, jedoch auch öffentlichen Arbeitgebern
zu. Ein Treueverstoß kann sich dann nur aus besonderen Umständen ergeben, die der
Arbeitnehmer darzulegen und zu beweisen hat (BAG 01. Juli 1999 a.a.O., zu II 4; eingehend
zur Darlegungs- und Beweislast im Bereich von § 242 BGB BAG 21. Februar 2001 - 2 AZR
15/00 - a.a.O., zu B II 4 d cc). Auf einen derartigen Sachverhalt beruft sich die
Klägerin vergeblich. Sie behauptet selbst nicht, dass sie nach den Kriterien der Eignung,
Befähigung und fachlichen Leistung im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG einem anderen Bewerber
hätte vorgezogen werden müssen.
Das
Verhalten der Beklagten war auch unter Berücksichtigung der Mobbingvorwürfe der
Klägerin nicht treuwidrig. Allerdings ist der Arbeitgeber aufgrund seiner
arbeitsvertraglichen Nebenpflichten verpflichtet, gegen unter dem unjuristischen
Oberbegriff "Mobbing" zusammengefassten, einen Kollegen belästigenden,
beleidigenden oder anderweitig verletzenden Verhaltensweisen durch andere Arbeitnehmer
einzuschreiten. Unterlässt der Arbeitgeber dies, kann er sich schadenersatzpflichtig
machen (vgl. etwa MünchArbR-Blomeyer 2. Aufl. § 97 Rdnr. 36, 37, 45, 46;
Kittner/Zwanziger-Becker Arbeitsrecht § 73 Rdnr. 80, 81, 97 - 102; Wickler DB 2002/477).
Eine Verletzung der Fürsorgepflicht führt in solchen Fällen
für sich jedoch nicht zur Treuwidrigkeit einer Kündigung des "gemobbten"
Arbeitnehmers in der Probezeit, wenn deren Ausspruch nicht ihrerseits willkürliche oder
diskriminierende Motive zugrunde liegen. Die Beklagte verweist zu Recht
darauf, dass Mobbinghandlungen keinen Sonderkündigungsschutz für deren Opfer begründen.
Kündigungsrechtlich kann der Mobbingvorwurf lediglich insoweit relevant sein, wie er
geeignet ist, Rückschlüsse auf die tatsächliche Motivation des Arbeitgebers für die
Kündigung zu ermöglichen. Macht der Arbeitgeber sich ein diskriminierendes Verhalten von
Kollegen des entlassenen Arbeitnehmers zu Eigen, kann dies unter Umständen den Vorwurf
der Willkür oder des Vorgehens aus verwerflichen Motiven rechtfertigen.
Ein derartiges Vorgehen der Beklagten lässt sich dem Vortrag der Klägerin jedoch nicht
auf schlüssige Weise entnehmen. Die Beklagte hat unter Darlegung konkreter Beanstandungen
erläutert, aus welchen Gründen aus ihrer Sicht die Leistung und das Verhalten der
Klägerin unabhängig von den Konflikten mit den Kolleginnen aus der Abteilung Passwesen
von Beginn an Anlass zu Beanstandungen gab. Ob diese Einschätzung objektiv zutreffend und
durch verifizierbare Tatsachen fundiert ist, ist entgegen der Auffassung der Klägerin,
die das vorliegende Verfahren wie eine Kündigungsschutzklage betreibt, nicht relevant. Es
ist jedenfalls nicht widerlegt, dass die Beurteilung der Beklagten von Leistung und
Verhalten der Klägerin seit Beginn des Arbeitsverhältnisses das maßgebliche Motiv der
Kündigung war. Überdies ist die Klägerin vor Ausspruch der Kündigung der Beurteilung
vom 07. Mai 2001 nicht entgegengetreten. Nutzt ein Arbeitnehmer jedoch das ihm zustehende,
wenn auch eingeschränkte Recht nicht, eine Nachprüfung einer von Vorgesetzten erstellten
dienstlichen Beurteilung herbeizuführen (vgl. hierzu BAG 29. Oktober 1998 - 7 AZR 676/96
- BAGE 90/106, zu II 2, 4; 08. Mai 2001 - 9 AZR 208/00 - EzA BGB § 611 Fürsorgepflicht
Nr. 60, zu I 1, 2), kann er gegen den Arbeitgeber keinen Willkürvorwurf erheben, wenn
dieser das Ergebnis der Beurteilung für seine Eignungsprüfung vor dem Ablauf der
Wartezeit heranzieht. An dieser Einschätzung ändern die pauschalen, nicht durch
konkreten Sachvortrag belegten Vorwürfe der Klägerin gegen die Erstbeurteilerin nichts.
Zudem ist nicht ersichtlich, dass auch der Zweitbeurteiler irgendein Motiv hatte, die
Leistungen und das Verhalten der Klägerin unsachlich herabzuwürdigen.
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Amtshaftung
und Mobbing
BGH III ZR 277/01: Für Schäden, die
dadurch entstehen, dass ein Polizeibeamter im Rahmen der gemeinsamen
Dienstausübung durch seinen Vorgesetzten (Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BayBG)
systematisch und fortgesetzt schikaniert und beleidigt wird (Mobbing),
haftet der Dienstherr des Schädigers nach Amtshaftungsgrundsätzen.
Aus den Gründen:
.....Er zeichnet sich vielmehr auf der Grundlage des Klägervorbringens
dadurch aus, das ein Vorgesetzter seine hervorgehobene Amtsstellung in
einer im Einzelfall mehr oder weniger auf einen konkreten dienstlichen
Anlass bezogenen Art und Weise dazu missbraucht, einen Untergebenen
systematisch und fortgesetzt zu beleidigen, zu schikanieren und zu
diskriminieren (Mobbing). Diese Verhaltensweise erfordert eine
einheitliche Beurteilung, die dann, wenn - wie hier - das Mobbing im
Rahmen bestehender Beamtenverhältnisse stattfindet, zur Anwendung von
Amtshaftungsrecht führt.
Dies hat zur Folge, dass vorliegend
allein das Land als Dienstherr des Beklagten passivlegitimiert ist. Soweit
die Revision des Klägers darauf hinweist, dass neben Ansprüchen aus
Amtshaftung gegen die Anstellungskörperschaft auch eine persönliche
Ersatzpflicht des Amtsträgers aus anderem Rechtsgrund in Frage kommen
kann, so betrifft dies insbesondere Ansprüche gegen den Beamten nach § 7
StVG (etwa wenn der Beamte mit seinem eigenen Pkw eine Dienstfahrt
durchführt, vgl. BGHZ 29, 38). Hingegen verbleibt es allein bei der
Haftung aus § 839 BGB, Art. 34 Satz 1 GG, wenn der Beamte in Ausübung
eines öffentlichen Amtes eine Handlung begeht, die bei Anwendung des
allgemeinen Deliktsrechts den Tatbestand des § 823 Abs. 1 und Abs. 2
(i.V.m. §§ 185, 223 StGB) oder des § 826 BGB erfüllen würde (vgl.
Senatsurteile BGHZ 69, 128, 138 ff; 78, 274, 279). Aus der von der
Revision des Klägers angeführten Senatsentscheidung BGHZ 147, 381 ergibt
sich nichts anderes.
Diese Haftungsfolge
ist auch sachgerecht. Sie führt zu klaren und eindeutigen Ergebnissen,
die für den Geschädigten mehr Vor- als Nachteile mit sich bringen. Dies
gilt auch für die vorliegende Fallkonstellation (Mobbing durch
Vorgesetzte): Dem geschädigten Beamten steht insbesondere ein
leistungsfähiger Schuldner gegenüber. Die Subsidiaritätsklausel des §
839 Abs. 1 Satz 2 BGB greift im allgemeinen schon deshalb nicht ein, weil
"fahrlässiges Mobbing" kaum denkbar ist. Auch § 839 Abs. 3 BGB
wird in gravierenden Fällen, in denen - wovon vorliegend nach dem
Klägervortrag auszugehen ist - die Mobbing-Handlungen des Vorgesetzten
gegenüber einer diensttuenden Beamtin mit (zumindest) stillschweigender
Billigung der anderen (männlichen) Kollegen erfolgt sind, kaum zu einem
Anspruchsverlust führen. In einer derartigen Situation muss das "Mobbing-Opfer"
befürchten, dass durch Einlegung einer Beschwerde eine baldige Besserung
seiner Situation nicht zu erreichen, vielmehr im Gegenteil eine deutliche
Verschlechterung zu befürchten ist.
Eine unbillige Entlastung des handelnden
Beamten ist damit nicht verbunden, da in eindeutigen "Mobbing-Fällen",
in denen ein Vorgesetzter seine Amtsbefugnisse vorsätzlich und
schwerwiegend missbraucht, der haftende Dienstherr Regress nehmen kann (§
46 BRRG, Art. 85 BayBG).
Weitere
Ausführungen hier >>
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Aspekt der
verwerflichen Motivation (LAG
Berlin - Urteil vom 06.03.2003 - 18 Sa 2299/02)
Das LAG Berlin hatte über die Voraussetzungen eines
Schmerzensgeldanspruchs wegen Mobbings zu entscheiden. Ein Oberarzt
verklagte seinen fachvorgesetzten Chefarzt, weil er sich von ihm gemobbt fühlt.
Er schilderte sieben Vorfälle aus der Zeit zwischen 1994 und 2001.
Das habe zu einer Gesundheitsbeeinträchtigung geführt. Das
Landesarbeitsgericht sah das
anders:
„Mobbing“
ist weder ein juristischer Tatbestand noch eine eigenständige
Anspruchsgrundlage. Vielmehr handelt es sich hierbei um einen
gesellschaftlich entwickelten Sammelbegriff für bestimmte
Verhaltensweisen. Die rechtliche Einordnung dieser Verhaltensweisen
beurteilt sich ausschließlich danach, ob der Tatbestand einer
Rechtsvorschrift erfüllt ist, aus der sich die gewünschte Rechtsfolge
herleiten lässt.
Der Kläger hat die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen
Schmerzensgeldanspruch aus den §§ 823, 847 BGB nicht in ausreichendem
Umfang dargelegt. Hierfür müsste eine systematische und zielgerichtete
Verletzung der Persönlichkeit des Klägers aus verwerflichen Motiven
vorliegen. Im Streitfall fehlt es bereits an dem geforderten
systematischen Handeln. Hiervon kann bei sieben Vorfällen, verteilt über
acht Jahre keine Rede sein.
Ebenso fehlt es an greifbaren Anhaltspunkten für eine verwerfliche
Motivation des Beklagten. Neid, Missgunst oder sadistische
Motive sind nicht ersichtlich. Bei den Vorfällen ging es vielmehr überwiegend
um Sachstreitigkeiten, die vom Beklagten allerdings in unangemessener Form
ausgetragen worden sind. Dieses Verhalten mag seiner Persönlichkeitsstruktur
oder seinem Rollenverständnis als Chefarzt entspringen, ein aus
verwerflichen Motiven gerade gegen den Kläger zielgerichtetes Verhalten
ist hierin jedoch nicht zu sehen.
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Übersicht
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aber wir haben sehr unterschiedliche Konstellationen kennen gelernt, nicht
nur mit privaten Arbeitgebern, sondern auch mit der öffentlichen
Verwaltung, die helfen sollten, auch Ihr Problem zu lösen.
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