Aus einer Pressemitteilung des Deutschen Anwaltsvereins:
"BERLIN (DAV). Angesichts der infamen und brutalen
Terroranschläge in Spanien werden Forderungen nach neuen Anti-Terrorgesetzen laut. Nach
Ansicht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) schaffen mehr Gesetze nicht zugleich auch mehr
Sicherheit. Die in vergangenen Jahren bereits verabschiedeten Sicherheitspakete würden
schon jetzt massiv in Freiheits- und Bürgerrechte eingreifen.
Mit immer mehr Gesetzen erreicht man nicht mehr Sicherheit. Wir vermissen eine
Überprüfung der Geeignetheit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der mit den
neuen Gesetzen verbundenen Eingriffe in die Bürgerrechte, so Rechtsanwalt Hartmut
Kilger, Präsident des DAV, in Berlin. Es helfe auch nicht, Gesetzesvorschläge
wiederzubeleben, die früher bereits aus guten Gründen abgelehnt worden seien. Einer
angedachten Aufhebung der Aufgabengrenzen zwischen Bundeswehr, Sicherheitsbehörde und
Polizei trete der DAV entgegen. Es dürften nicht Maßnahmen zur Inneren Sicherheit
getroffen werden, die noch weitere elementare Bürgerrechte beschneiden, ohne dass damit
die gegenwärtige Sicherheitslage tatsächlich verbessert werden könnte.
Der DAV warnt davor, derart massiv in die Bürgerrechte einzugreifen, dass die Terroristen
ihrem Ziel, den Rechtsstaat einer offenen Gesellschaft zu destabilisieren, erheblich
näher kommen."
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Zur
amerikanischen Façon, aus Unterjochten glückliche Demokraten zu machen
Goedart Palm 24.09.2003 UN-Generalversammlung:
Die irakische Nachkriegsordnung als globale Agenda
Der heiße Krieg war kein Problem. Der Krieg nach dem Krieg
hat beste Chancen, sich zum Desaster für die USA zu verwandeln ( Die neue Macht der Herren
Lakaien). Alle reden vom Terror. In seiner Rede [1] vor der 58.
Generalversammlung der UNO nahm der US-Präsident dann auch die Gelegenheit wahr, seine
inzwischen selbst in den USA immer massiver kritisierte Kriegspolitik mit den alten
Beschwörungen zu legitimieren. Der verblasste 11. September sei ein Symbol für einen
"nicht beendeten Krieg". Auch die diffuse Kategorie des Terrorismus musste
wieder für kühne Zusammenhänge zwischen al-Qaida, Saddam Hussein und den Konflikten im
Nahen Osten herhalten. Selbst die UNO würde nicht vom Terror verschont, wie der Anschlag
auf die UN-Zentrale in Bagdad erweise. Mit den jetzt anstehenden Aufgaben verbindet sich
aber in der Diktion des Präsidenten eine kleine, wenn auch zuvor gebrauchte
Akzentverschiebung. Es gehe um den Unterschied zwischen Chaos und Ordnung, der keinem
Staat eine neutrale Entscheidung im Kampf gegen Terrorismus eröffne (Kampf zwischen Zivilisation
und Chaos).
Doch die Frage, wie das Ende des neuen Chaos und die
irakische Selbstverwaltung zusammenhängen, ist schwer zu beantworten. Für Chirac ist die
Antwort klar. Regieren sich die Iraker selbst, endet der Terrorismus. Bush folgt einem
anderen Rezept, um das "primary goal" zu verwirklichen. Die irakische
Nachkriegsordnung soll nach amerikanischen Vorstellungen so stabilisiert werden, dass eine
demokratisch gewählte Regierung mehr oder minder unangefochten ihre Aufgaben wahrnehmen
kann. Die Lage ist geradezu rosig:
Iraq now has a Governing Council, the first truly
representative institution in that country. Iraq's new leaders are showing the openness
and tolerance that democracy requires, and they're also showing courage. Yet every young
democracy needs the help of friends. Now the nation of Iraq needs and deserves our aid,
and all nations of goodwill should step forward and provide that support.
Für den amerikanische Zivilverwalter in Irak, Paul Bremer,
ist es schlicht eine Frage der Finanzierung des irakischen Wiederaufbaus. Der Kongress
soll weitere 87 Milliarden US-Dollar zur Verfügung stellen. Geld heilt viele Wunden.
Krieg führen ist einfach, aber die Gestaltung von
Friedensordnungen ist ungleich schwerer
Doch diese Rezepte könnten alle zu kurz gegriffen sein.
Denn die Unruhen im Irak sind vor allem die Folge des Sturzes von Saddam Hussein, der die
diversen ethnischen und religiösen Gruppen mit allen Mitteln unterdrückte und gerade
kein "unstable aggressor" (Bush) war. Weder die US-Besatzung noch eine irakische
Regierung werden am neuen Chaos viel ändern, solange sich nicht fundamentale
Strukturveränderungen, um nicht von Wundern zu reden, in der Region ereignen. Die
US-Regierung spricht von mindestens einem Jahr, bis es zur Machtübergabe an eine frei
gewählte Regierung kommen könnte. Das könnte Zeit genug sein, dass Präsident Bush
seine Wiederwahl endgültig riskiert.
Bush braucht deshalb dringend die internationale
Unterstützung. Je mehr US-Soldaten Opfer von Anschlägen werden, umso schwächer wird
seine Position. Deshalb könnte eine internationale Schutztruppe, die von den USA unter
ihrem Oberbefehl angestrebt wird, politische Erleichterung bringen. Selbst Kanzler
Schröder hat deshalb wieder beste Chancen, des US-Präsidenten Liebling zu werden, wenn
er nun nach sechszehnmonatiger Abstinenz zur Privataudienz geladen ist. Noch haben wir die
erregten Zwischenrufe aus Deutschland im Ohr, des Kanzlers Kriegsabsage wäre das Ende der
deutsch-amerikanischen Freundschaft. Schröder verspiele Haus und Hof, um innenpolitisch
zu punkten und sich von den USA nicht weniger als Europa zu entfernen. Kriegsherr Bush
sieht das jetzt völlig anders als seine vormaligen deutschen Anhänger (Petze beim Großen Bruder
und Christian Homeland Security). Die Deutschen wären halt wegen ihrer Vergangenheit
pazifistisch und hätten den Weltbösen Saddam Hussein nicht richtig erkannt. So wird die
Welt in der Geschichtslogik des Texaners wieder rund, weil die rüde Rhetorik von einst
die fragile US-Politik im Irak vollends zum Scheitern bringen könnte. Und mit tiefem
Verständnis fügt Bush hinzu, der Kanzler habe damals schließlich auch Wahlkampf gehabt.
Dieses späte Mitgefühl ist allerdings besonders gut
nachvollziehbar. Die Umfragen werden für Bush immer schlechter. Hinzu kommt das
Haushaltsdefizit, das an den Nerven zu zerren beginnt. Bushs Politik steckt in einem
Dilemma. Einerseits will er die Weltgemeinschaft mobilisieren, die Nachkriegsordnung im
Irak gemeinsam mit den USA zu richten. Andererseits will er die US-Dominanz in der Region
nicht aufgeben. Das ist jetzt nicht länger in Formelkompromissen schön zu reden, wie sie
weiland wohlfeil erschienen, als die US-Regierung der UN eine entscheidende Rolle beim
Wiederaufbau versprach, aber de facto die fragile Vertretung der Weltgemeinschaft als
Nachkriegsassistenten für humanitäre Angelegenheiten klein halten wollte. Doch viel mehr
hatte der Antiterrorkrieger auch bei seinem moderaten Appell vor der UN-Vollversammlung
nicht im Angebot. Die UN sollte sich am Entwurf einer irakischen Verfassung beteiligen,
bei der Ausbildung von Beamten mitwirken und helfen, demokratische Wahlen vorzubereiten.
Krieg führen ist einfach, aber die Gestaltung von
Friedensordnungen ist ungleich schwerer. Und mit dieser komplexen Aufgabe ist Bushs
Stellung sehr viel schwächer geworden als zu jenen lauttönenden Zeiten, in denen er mit
seinem inzwischen auch angeschlagenen Kriegsfreund Blair die Welt noch schwarz malen
durfte. Selbst Kofi Annan hält sich nicht mehr zurück, Bushs Erstschlagsdoktrin kräftig
abzukanzeln. Chirac verlangt einen klaren Zeitrahmen für die Übergabe der Macht in
irakische Hände. Längst ist also kein Konsens in Sicht.
Im Namen des irakischen Volkes
Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice machte das selbst
gestrickte Dilemma der sonderbaren US-Treuhandverwaltung vor Bushs Auftritt deutlich. Die
UN müsse den US-Besatzungstruppen die Befugnisse einräumen, die im Namen des irakischen
Volkes nötig sein. Doch hier irrt Frau Rice. Denn nicht nur der Begriff des irakischen
Volkes ist im Blick auf die heterogene Gesellschaft im Irak zweifelhaft. Vor allem ist es
die alte Anmaßung der USA zu glauben, die Interessen der Völker zu kennen. Von diesem
Standpunkt her ist es dann möglich, sowohl die eigenen Interessen zu vertreten wie die
des Mündels. Ein Treuhänder, der mit sich selbst Verträge schließt, ist aber per
definitionem keiner. Wenn die USA als Repräsentant der irakischen Interessen und zugleich
als Handelspartner wie Besatzer auftritt, ist das eine schizoide Personalunion, die
immerhin Chiracs Kritik und Terroranalyse plausibler macht.
In Großbritannien gibt es das treffende Wort, dass
"fraud" (Betrug) und "fear" (Angst) die Eltern von "trust"
(Treuhand) seien. Die Situation im Irak sieht nicht viel anders aus: Terror,
Geschäftemacherei und ein oktroyierter, über den Wolken schwebender Demokratiebegriff.
In seiner UN-Rede hat Bush diese widerspruchsvolle Situation durch den Hinweis auf die
Anwesenheit der Repräsentanten eines befreiten Landes dürftig kaschiert. Selbst wenn die
USA ihre Demokratieerzwingungspolitik durchsetzen sollten, ist nicht ansatzweise
ersichtlich, dass damit eine langfristige Stabilisierung der Region verbunden ist. Das ist
schon heute die Lehre von Afghanistan, das seit Kriegsende mehr denn je wieder in die alte
Gesellschaft zurückdriftet.
Wenn nicht im Irak eine Art "Friedensvietnam"
entstehen soll, wäre die US-Besatzung gut beraten, einen UN-Kurs zu unterstützen, der
ihren zügigen Abzug vorsieht. Immerhin hat Bush seine vorgeblich primären Kriegsziele,
Sicherheit vor Massenvernichtungsmitteln und Entmachtung des Hussein-Regimes, erreicht.
Doch Bush hat in seiner Rede klar gestellt, dass man sich bei der Verwirklichung der
irakischen Demokratie weder antreiben noch aufhalten lasse, um allein den irakischen
Bedürfnissen gerecht zu werden. Welche Gesellschaft im Irak entsteht, ist jedoch
dauerhaft nicht zu planen. Dafür gibt es mit und ohne UNO keine Zauberrezepte, wenn man
Souveränität und Selbstverwaltung im Irak nicht zu Zerrbildern der Gängelei durch die
Sieger verunstalten will. Demokratie bleibt ein Risiko - ob nun in den USA, im Irak, in
Deutschland oder in Bayern.
Links
[1]
http://www.whitehouse.gov/news/releases/2003/09/20030923-4.html
Telepolis Artikel-URL: http://www.telepolis.de/deutsch/special/irak/15705/1.html
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Angst der Nachbarn vor Terroranschlägen ist
bei Erteilung einer Baugenehmigung nicht zu berücksichtigen
Die Stadt, Antragsgegnerin, hatte dem Bauherrn die Genehmigung
erteilt, ein
Gebäude in ein türkisches Konsulat umzubauen. Die Antragstellerin ist eine Anwohnerin.
Sie hielt die Baugenehmigung für rechtswidrig. Die Antragsgegnerin habe nicht hinreichend
berücksichtigt, dass die Nachbarn des türkischen Konsulats der Gefahr von
Terroranschlägen ausgesetzt würden. Ihr gegen die Baugenehmigung gerichteter Eilantrag
blieb erfolglos. Die Baugenehmigung ist rechtmäßig. Die Antragsgegnerin hat den
nachbarlichen Interessen ausreichend Rechnung getragen. Sie musste insbesondere nicht die
Gefahr von terroristischen Anschlägen berücksichtigen. Für die Erteilung einer
Baugenehmigung sind nur Störungen oder Beeinträchtigungen entscheidend, die sich
unmittelbar aus der Nutzung des Gebäudes in dem konkreten Baugebiet ergeben, die also von
bodenrechtlicher Relevanz sind. Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt.
Die Gefahr eines Terroranschlags folgt nicht unmittelbar aus der
Nutzung des Gebäudes als türkisches Konsulat, sondern geht von anderen Personen aus. Gefahren,
die unabhängig vom konkreten Bauvorhaben und von einem bestimmten Baugebiet jederzeit und
überall eintreten können, kann nicht mit Mitteln des Baurechts begegnet werden. Insofern
sind für jeden Einzelfall polizeiliche Maßnahmen erforderlich (VGH Baden-Württemberg
22.6.2004, 5 S 1263/04). |