Wir sind oft mit Sorgerechtsfragen befasst. Zentral ist das Wohl des Kindes und nicht die jeweiligen Interessen der Eltern. Die Herausnahme von Kindern aus der Familie ist ein
kritisches Kapitel, da hier eine Beeinträchtigung des Elternrechts
liegen kann, das die Verfassung besonders schützt. Die staatlichen
Organe sind, wenn es zur Abwehr einer nachhaltigen Gefährdung des körperlichen,
geistigen oder seelischen Wohls des Kindes erforderlich ist, berechtigt
und verpflichtet, dessen Eltern von der Pflege und Erziehung auszuschließen,
wenn einer Gefährdung des Kindeswohls nicht auf andere Weise begegnet
werden kann. Dieser Eingriff ist jedoch nur unter strikter Beachtung des
Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zulässig.
Es gehört nach einer
Entscheidung des OLG Hamm aus dem Jahre 2011 nicht zum staatlichen Wächteramt,
für eine den Fähigkeiten des Kindes bestmögliche Förderung zu sorgen.
Vielmehr gehören die Eltern und deren sozioökonomische Verhältnisse
grundsätzlich zum Schicksal und Lebensrisiko eines Kindes. Das Kind
habe keinen Anspruch auf "Idealeltern" und eine optimale Förderung
und Erziehung, so dass sich das staatliche Wächteramt auf die Abwehr
von Gefahren für das Kindeswohl beschränkt. Art und Ausmaß des
Eingriffs bestimmen sich nach dem Grund des Versagens der Eltern und
danach, was im Interesse des Kindes geboten ist. Der Staat muss nach Möglichkeit
versuchen, sein Ziel durch Maßnahmen zu erreichen, die helfend, unterstützend
sowie auf Herstellung eines verantwortungsgerechten Verhaltens der
Eltern gerichtet sind
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Eine sehr interessante Entscheidung des OLG
Koblenz aus dem Jahre 2007 zu Differenzen bei pädagogischen Maßnahmen:
Beruhen die massiven Verhaltensauffälligkeiten und Verhaltensstörungen
eines Kindes auf einer in der Elternvorstellung angenommenen
vermeintlichen unrealistischen "Hochbegabung" des Kindes und
sind die Kindeseltern zu einer kritischen Selbstreflexion nicht in der
Lage, sondern vielmehr absolut von der Richtigkeit ihres Erziehungsmodells
überzeugt, dann lässt dieser Erziehungsstil jegliche Rücksichtnahme auf
die Eignung und die Neigungen des Kindes bei seiner schulischen Ausbildung
vermissen, sodass der Entzug der elterlichen Sorge zum Wohl des Kindes und
zum Schutz vor einer missbräuchlichen Sorgerechtsausübung erforderlich
ist.
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