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Einige Hinweise
zum britischen Unterhaltsrecht |
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Das
deutsche Familienrecht kann mitunter auch die Frage nach Regelungen in
anderen Ländern auslösen. Wir haben insbesondere einige Erfahrungen
im Zusammenhang mit konkurrierenden Verfahren in Großbritannien
gemacht. |
Eine gute Zusammenfassung einiger
typischer Probleme hat der BGH in einer Entscheidung vom 12.08.2009 gegeben.
Das britische Scheidungsfolgenrecht
sieht in den Secs. 21-26 des Matrimonial Causes Act von 1973 (MCA)
richterliche Eingriffsbefugnisse vor, die sich nach deutschem Verständnis
auf Unterhalt, güterrechtliche Ansprüche, Versorgungsausgleich sowie
Hausratsteilung und Wohnungszuweisung erstrecken. Unterschieden wird
nach der Art der Entscheidung zwischen Anordnungen zur finanziellen
Versorgung (Financial Provision Orders; Sec. 23 MCA) und Anordnungen
zur Vermögenszuweisung (Proper Adjustment Orders; Secs. 24, 24 a MCA), die auch miteinander kombiniert werden können und auf der Grundlage
einer einheitlichen Gesamtwürdigung ausgesprochen werden. Das Gericht
entscheidet nach Billigkeit unter Berücksichtigung gesetzlicher
Ermessensfaktoren und gerichtlicher Leitlinien. Priorität hat das
Wohl minderjähriger Kinder der Familie. Weiterhin sind maßgeblich
die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Ehegatten, aber auch
die finanziellen Bedürfnisse, Alter und Gesundheit der Ehegatten, die
Dauer der Ehe und das Verhalten der Ehegatten während der Ehe, zu berücksichtigen
(Sec. 25 MCA).
Im übrigen soll das Gericht auch prüfen, ob
eine endgültige Regelung der finanziellen Angelegenheiten -
clean break approach - möglich ist. Für die Verteilung des ehelichen
Vermögens gilt nach der Rechtsprechung grundsätzlich der Maßstab
der gleichen Teilhabe beider Ehegatten
- yardstick of equal division.
Der Verteilungsmaßstab gilt auch in den Fällen, in denen das Vermögen
für einen "clean break approach" durch Einmalzahlung nicht
ausreicht und deswegen die laufende Unterhaltssicherung durch
Verteilung der Einkünfte im Vordergrund steht. Abweichungen von
diesem Halbteilungsgrundsatz können auch mit dem besonderen
Wohnbedarf des Ehegatten begründet werden, bei dem die minderjährigen
Kinder leben. Wenn der High Court neben regelmäßig fälligen
Unterhaltsleistungen auch Pauschalbeträge mit dem Ziel eines abschließenden
Vermögensausgleichs zugesprochen hat, stellt sich die Frage, welche
Scheidungsfolgen unterhaltsrechtlich einzustufen sind und ob die
Entscheidung daneben auch güterrechtliche Folgen regelt. Denn es ist
immer zwischen güterrechtlichen Aspekten der Entscheidung und solchen
zu unterscheiden, die sich auf die Unterhaltspflichten beziehen. Dabei
ist in der Brüssel I-VO weder der Begriff der Unterhaltspflicht noch
der Begriff der ehelichen Güterstände ausdrücklich definiert. Bei
der Abgrenzung der Scheidungsfolgen ist deswegen vorrangig auf den
Zweck der Entscheidung abzustellen, der aus ihrer Begründung
herzuleiten ist.
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The Royal Courts
of Justice |
Thema Vollstreckbarkeit
Wenn sich daraus ergibt, dass eine Leistung dazu
bestimmt ist, den Unterhalt eines bedürftigen Ehegatten zu sichern,
oder wenn die Bedürfnisse und die Mittel beider Ehegatten bei der
Festsetzung berücksichtigt werden, hat die Entscheidung eine Unterhaltspflicht
zum Gegenstand. Bezweckt die Leistung hingegen nur die Aufteilung der
Güter zwischen den Ehegatten, betrifft die Entscheidung die ehelichen
Güterstände und kann deswegen nicht nach der Brüssel I-VO
vollstreckt werden. Eine Entscheidung, die beidem zugleich dient, kann
nach Art. 42 Brüssel I-VO teilweise vollstreckt werden, wenn klar aus
ihr hervorgeht, welchem der beiden Zwecke die verschiedenen Teile der
angeordneten Leistung jeweils zuzuordnen sind.
Allerdings wird der
Charakter der zu vollstreckenden Entscheidung als
Unterhaltsentscheidung nicht dadurch in Frage gestellt, dass sie
zugleich die Übertragung des Eigentums an bestimmten Gegenständen
zwischen den früheren Ehegatten anordnet, denn es kann sich auch
insoweit um Bildung eines Kapitals handeln, durch das der Unterhalt
eines von ihnen gesichert werden soll. Eine im Rahmen eines
Scheidungsverfahrens ergangene Entscheidung, durch die die Zahlung
eines Pauschalbetrags oder die Übertragung des Eigentums an
bestimmten Gegenständen von einem ehemaligen Ehegatten auf den
anderen angeordnet werden, betrifft daher Unterhaltspflichten im Sinne
der Brüssel I-VO, soweit durch sie der Unterhalt des begünstigten
ehemaligen Ehegatten gesichert werden soll. Mit diesen Grundsätzen
der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist die
Unterscheidung zwischen unterhaltsrechtlichen Scheidungsfolgen und dem
nachehelichen Vermögensausgleich hinreichend geklärt. |
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