Systematische
Darstellung
In Deutschland werden
Scheinehen geschlossen, um Aufenthaltserlaubnisse zu erlangen. Nach der Rechtsprechung des BVerwG bedeutet
"Scheinehe", dass die Eheschließung nicht dem Ziel dient, eine in welcher
Form auch immer zu führende eheliche Lebensgemeinschaft zu begründen, sondern einem
anderen Zweck dient, insbesondere dem, dem ausländischen Partner ein sonst nicht zu
erlangendes Aufenthaltsrecht zu verschaffen. Da die Erlaubnistatbestände, um eine
Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten, recht begrenzt sind, ist die Scheinehe zwischen
Ausländern und Deutschen ein verbreiteter Tatbestand, die gesetzlichen Voraussetzungen
einer rechtmäßigen Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu umgehen. Aus der Natur der
Sache ergibt sich, dass die Dunkelziffer der Scheinehen sehr hoch sein dürfte, weil die
Kontrolle, "was unterhalb der Bettdecke" solcher Zweckehen vor sich geht, schwer
zu kontrollieren ist. Wird einen Scheinehentatbestand von der Ausländerbehörde
aufgedeckt, kommt es zur rückwirkenden Rücknahme der Aufenthaltserlaubnis. D.h. der
Ausländer wird so angesehen, als habe er nie eine Aufenthaltserlaubnis besessen und ist
damit regelmäßig zur Ausreise verpflichtet. Im Prozess um
die Erteilung eines Aufenthaltstitels trägt übrigens der jeweilige Kläger
trägt die materielle Beweislast dafür,
dass die Herstellung einer ehelichen Lebensgemeinschaft beabsichtigt ist.
Wer verheiratet ist, hat die Chance, nach zwei Jahren
ehelichen Zusammenlebens eine von der ehelichen Gemeinschaft unabhängige
Aufenthaltserlaubnis zu erhalten. D.h. im Klartext, dass der Ausländer nach einer
zweijährigen Zeit ehelichen Zusammenlebens im Lande bleiben kann, wenn er einer Arbeit
nachgeht und einige weitere Voraussetzungen erfüllt. Nach drei Jahren Bestandszeit einer
ehelichen Gemeinschaft kann der Ausländer sogar noch weiter gehend eine unbefristete
Aufenthaltserlaubnis bekommen. Häufig kommt es daher zu Ehescheidungen von Scheinehen,
wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind. Eine Scheinehe kann gemäß § 1314 Abs.2 Nr.5
auf Antrag der Ehegatten oder der zuständigen Verwaltungsbehörde aufgehoben werden. Im
Übrigen gilt: Seit dem 01. Juli 1998 untersagt das Eheschließungsrechtsgesetz in § 1310
Abs. 1 BGB dem Standesbeamten die Mitwirkung an einer Eheschließung, wenn offenkundig
ist, dass die Ehe nach § 1314 Abs. 2 Nr. 5 aufhebbar wäre. Aufhebbar wäre eine
Eheschließung, wenn beide Ehegatten sich bei der Eheschließung darüber einig waren,
dass sie keine Verpflichtung gem. § 1353 Abs. 1 begründen wollen. Nach § 1353 Abs.1
wird die Ehe auf Lebenszeit geschlossen.
Ehescheidung
Doch mitunter beginnen hier die eigentlichen Probleme erst.
Wer nun z. B. nach zwei Jahren einen Antrag auf Ehescheidung
stellt, muss allerdings - von Ausnahmefällen abgesehen - regelmäßig nachweisen, dass er
bereits ein Jahr lang getrennt von seinem Ehepartner lebt. Eine solche Angabe im Protokoll
eines familiengerichtlichen Ehescheidungsverfahrens hat den fatalen Effekt, dass die
Ausländerbehörde feststellen kann, dass die Lebensgemeinschaft lediglich ein Jahr
bestand. Während Familienrichter die Feststellung des Trennungsjahrs regelmäßig allein
von den übereinstimmenden Aussagen der Eheleute abhängig machen und die Voraussetzungen
nicht prüfen, wird die Ausländerbehörde in ihrer Fallbehandlung die Angaben der
Eheleute zu Grunde legen. Das führt zum Widerruf der Aufenthaltserlaubnis und damit zur
Pflicht, die Bundesrepublik Deutschland mangels eines rechtmäßigen Aufenthaltsstatus
wieder zu verlassen, wenn der Zeitraum eines zweijährigen Zusammenlebens durch das
Protokoll des Familiengerichts widerlegt wird.
Verdachtsmomente einer Scheinehe
Überdies ist es der Ausländerbehörde selbstverständlich
auch freigestellt, eigene Erkundigungen über eine mögliche Scheinehe einzuholen.
Verdachtsmomente, die zu einer solchen Scheinehenprüfung führen, sind etwa große
Altersunterschiede zwischen Eheleuten, Zweitwohnungen (bei im Übrigen bescheidenen
Lebensumständen) oder die Existenz von notariellen Eheverträgen, die weitgehend
vermögensrechtliche und unterhaltsrechtliche Wirkungen ausschließen. Umstände, die
Zweifel am tatsächlich bestehenden Willen zur Begründung einer ehelichen
Lebensgemeinschaft begründen, können sich auch aus dem bisherigen Aufenthalt eines
Ausländers ergeben, wenn dieser z. B. vor seiner Eheschließung über einen längeren
Zeitraum vergeblich versucht hat, ein dauerndes Bleiberecht im Bundesgebiet zu erhalten,
und sich seiner drohenden Abschiebung durch Untertauchen entzogen hat (Vgl. BVerfG
Beschluss v. 05.05. 2003 -2 BvR 2042/02). Ausländerbehörden prüfen im Fall eines sich
aufdrängenden Verdachts mitunter nach, ob sich weitere Anhaltspunkte für die Existenz
einer Scheinehe ergeben. Beobachtungen von Außendienstmitarbeitern der
Ausländerbehörde, dass die Eheleute trotz der Angabe einer gemeinsamen Meldeadresse
nicht in einer gemeinsamen Wohnung leben oder aber einer der Eheleute nur sporadisch
erscheint, gefährden dann die Verlängerung oder Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung.
Es ist auch möglich, dass Nachbarn oder Freunde, selbst Kinder befragt werden, ob es sich
um eine wirkliche Ehe handelt oder eben nur der Anschein einer solchen erweckt wird.
Im übrigen müssen die Eheleute auch damit rechnen, dass
das Ausländeramt Ihnen bei getrennter Befragung einen Fragenkatalog
vorlegen, der sich auf zahlreiche Umstände der Ehe bezieht: Situation des Kennenlernens,
gemeinsamer Tagesablauf, Freizeitgestaltung und zahlreiche Einzelumstände der Beziehung.
Auch bei vielleicht vordergründig oberflächlichen Abweichungen wächst das Risiko, dass
das Ausländeramt von einer Scheinehe ausgeht.
Bei
Vorliegen einer Scheinehe fehlen
im Übrigen auch in aller Regel Gesichtspunkte, die eine für eine
Einbürgerungsbewerber positive Ausübung des Ermessens rechtfertigen könnten
(BverwG 2003).
Wichtig dazu das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht
in 2000:
1. Für die Annahme einer sog.
"Scheinehe" reicht es nicht aus, wenn nur
einer
der beiden Ehegatten entsprechende Vorstellungen
hatte oder wenn der Zweck
der Ehe zwar auch, aber nicht ausschließlich die
Verschaffung des Aufenthaltstitels war.
2. Das Innehaben zweier Wohnungen schließt die
Annahme einer ehelichen Lebensgemeinschaft nicht von vorneherein aus.
Diese Entscheidung ist deshalb
so wichtig, weil sie klarstelle, dass die böse Absicht zu heiraten,
nur um einen Titel zu erhalten, eben keine Scheinehe begründen kann.
Wenn also andere Motive mit dazu führen, zwei Menschen eine Ehe
eingehen, kann sie dieser Vorwurf nicht treffen.
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Folgen
einer Scheinehe Kommt es zum Streit
der Eheleute in einer Scheinehe muss der Ausländer damit rechnen, dass die Mitteilung des
Scheinehencharakters seiner Beziehung an die Ausländerbehörde zum Verlust seiner
Aufenthaltserlaubnis führt. Es kann dann zur Rücknahme von langjährig erteilten
Aufenthaltserlaubnisse kommen (Vgl. etwa VG Göttingen - 3 B 177/03, Beschluss vom
15.08.2003). |
Dieser Umstand prägt den mitunter äußerst
unwürdigen Zustand der wechselseitigen Erpressbarkeit zwischen Eheleuten. Denn auch der
Deutsche, der zugibt, eine Scheinehe eingegangen zu haben, muss mit einer strafrechtlichen
Ahndung seines Verhaltens rechnen. Ist für die Eheschließung ein finanzieller Vorteil
gewährt worden, kann die Strafe sich durchaus an dem "Kaufpreis" dieser
Scheinehe orientieren. Im Übrigen sind die "Preise" für solche Zweckehen
wohl sehr unterschiedlich: Von einer paar Stangen Zigaretten bis hin zu
selbstverständlich sittenwidrigen Verpflichtungen, bis zur Erlangungen einer
unbefristeten oder eheunabhängigen Aufenthaltserlaubnis monatlich 500 zu zahlen,
reichen solche strafbaren Vermögensvorteile. |
Wie verhält man sich nun, wenn man eine Scheinehe
geschlossen hat, sich scheiden und anschließend neu verheiraten möchte? Grundsätzlich
führt eine neue Ehe des Ausländers mit einem Deutschen dazu, ein Aufenthaltsrecht zu
erlangen. Sollte die Ausländerbehörde während eines Ehescheidungsverfahrens aber vom
Nichtvorliegen der Voraussetzungen der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erfahren,
besteht die Gefahr, dass man nicht nur die Aufenthaltserlaubnis verliert, sondern auch -
je nach Dauer des Ehescheidungsverfahrens - selbst dieses Verfahren nicht in Deutschland
beenden kann. Ehescheidungsverfahren haben höchst unterschiedliche Dauer und hängen von
diversen Faktoren ab. Da zum Beispiel die Feststellung der Voraussetzungen des
Versorgungsausgleichs von Amts wegen zu prüfen sind, besteht selbst im Fall, dass die
Eheleute einen Versorgungsausgleich ausschließen, kaum die Chance, eine Ehescheidung in
weniger als vier Monaten durchzuführen. Sollten andere verzögernde Faktoren hinzutreten
- insbesondere noch weitere Ansprüche etwa auf Unterhalt geltend gemacht werden oder aber
ein Ehepartner überhaupt nicht scheidungswillig sein - kann eine Scheidung auch
erheblich mehr Zeit in Anspruch nehmen. Die Anhängigkeit eines Ehescheidungsverfahrens
ist für sich betrachtet kein Aufenthaltsgrund. Diesem Irrtum während eines
Scheidungsverfahrens, sich weiterhin in Deutschland aufhalten zu dürfen, unterliegen
ausländische Scheidungswillige deutsch-ausländischer Beziehungen immer wieder. Eine
Ehescheidung ist auch dann möglich, wenn sich ein scheidungswilliger Ehepartner im
Ausland aufhält. Lässt man sich etwa durch einem Prozessbevollmächtigten vertreten, ist
auch die Nichtanwesenheit im Verfahren kein Hinderungsgrund, sich erfolgreich und zügig
scheiden zu lassen.
Wer geschieden ist und weiterhin im Besitz einer
Aufenthaltserlaubnis auf Grund der seinerzeit eingegangenen Ehe ist, kann sich nach
Rechtskraft der Scheidung - die entweder bereits mit Rechtsmittelverzicht im
Scheidungstermin eintritt oder nach Ablauf der Berufungsfrist - neu verheiraten. Mitunter
wählen Heiratswillige den Weg, im europäischen Ausland, insbesondere in Dänemark, zu
heiraten, um schneller zum Ziel zu kommen.
Hinweis: Wer
zwar rechtmäßig verheiratet ist, aber nie ein Visum zwecks Eheschließung besaß, wird
auch bei dieser Fallkonstellation letztlich gezwungen sein, in sein Heimatland
zurückzukehren und ein Visumserteilungsverfahren einzuleiten. Abgelehnte Asylbewerber,
die also erfolgreich eine Eheschließung durchführen, obwohl sie nur im Besitz einer
Duldung oder Grenzübertrittsbescheinigung sind, wären danach gleichwohl verpflichtet,
sich ein ordnungsgemäßes Visum zu besorgen. Etwas anderes gilt nur, wenn die Heirat
während des Asylverfahrens abgeschlossen wird. Auch der Heiratswunsch ist für sich
betrachtet, kein Aufenthaltsgrund, wenn die Voraussetzungen eines rechtmäßigen
Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland nicht mehr vorliegen.
Die Ausländerbehörden warten nur dann mit
aufenthaltsbeendenden Maßnahmen zu, wenn eine Eheschließung kurzfristig
bevorsteht. Handelt es sich um Verfahren, die etwa zu den übrigen Voraussetzungen einer
Eheschließung die Einholung von der Befreiung eines Ledigkeitszeugnisses einschließen,
ist es nicht möglich, vor dem Abschluss des Verfahrens vor dem Oberlandesgericht
erfolgreich gegenüber dem Ausländeramt zu begründen, dass die Eheschließung
unmittelbar bevorstehe.
Strafbarkeit einer Scheinehe
Scheinehen sind strafbar. Das Eingehen einer solchen Ehe
mit einem Ausländer allein zu dem Zweck, diesem den Aufenthalt in Deutschland zu
ermöglichen, erfüllt nach dem OLG Düsseldorf (22.12.1999 - 2b Ss 542/99) den
Straftatbestand des Einschleusen von Ausländern gemäß § 92 a
AuslG (vgl. unten zu den gesetzlichen Vorschriften). Wer also für
die Eingehung einer Ehe Geld hingibt, muss damit rechnen, dass er und der
Ehepartner bestraft werden.
In einem Fall in Hamburg im Jahre 2003 führte die
Selbstanzeige einer Frau allerdings zu einer vergleichsweise harmlosen Geldstrafe in Höhe
von 250 Euro. Wenn ein Ausländer eine Scheinehe nicht fortführen will und sich nach
Scheidung dieser Zweckehe mit einem neuen Partner vermählen will, wäre es sinnvoll, eine
Ehescheidung einzuleiten - und zwar nach den obigen Ausführungen völlig unabhängig
davon, ob nun dieses Scheidungsverfahren in An- oder Abwesenheit des Ausländers beendet
wird. Denn entscheidend ist, dass auch der Neuverehelichungswunsch eines geschiedenen bzw.
ledigen Ausländers vom deutschen Ausländerrecht respektiert wird und im Rahmen eines
Visums bei einer deutschen Auslandsvertretung als Grund für die Einreise angegeben werden
kann.
Besonders fatal ist es, wenn es anlässlich der
Feststellung einer Scheinehe zu einer Ausweisung/Abschiebung
des Ausländers kommt oder sogar zur Rücknahme
einer Einbürgerung (Dazu das BVerwG vom 9.9.2003, Aktz. 1 C 6.03). Das
Verwaltungsgericht Mainz (VG Mainz vom 15.04.2002, Aktz.: 291/02.MZ) hat den
Antrag einer Antragstellerin auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung ihrer Ausweisung
abgelehnt, weil diese offensichtlich rechtmäßig sei. Die Antragstellerin habe einen
Ausweisungsgrund verwirklicht, indem sie wiederholt gegen die ausländergesetzliche
Regelung verstoßen habe, wonach der bestraft wird, der unrichtige Angaben macht oder
benutzt, um für sich oder einen anderen eine Aufenthaltsgenehmigung zu beschaffen. Diese
Vorschrift wurde auf die Scheinehe angewendet, weil die ausländische
Antragstellerin mehrmals wahrheitswidrig gegenüber der Ausländerbehörde erklärt
hatte, sie lebe mit ihrem deutschen Ehemann zusammen.
Nach einer Ausweisung wäre es notwendig, einen
Befristungsantrag zu stellen, um nicht durch die
Wirkungen der Ausweisung/Abschiebung auf unbegrenzte Zeit an der Neueinreise nach
Deutschland gehindert zu sein.
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