Hier einige wichtige, zusammengefasste Passagen der
Entscheidung des OLG Celle:
"...Das Organverhältnis ist
jedoch grundsätzlich unabhängig von dem zugrunde liegenden
Anstellungsvertrag. Der Geschäftsführer kann sein Amt niederlegen, ohne
zugleich das Anstellungsverhältnis fristlos kündigen zu müssen (vgl.
BGH WM 1978, 319, allerdings noch im Hinblick auf einen von der
Gesellschaft zu vertretenden Grund zur Amtsniederlegung seitens des Geschäftsführers),
wenn sich auch möglicherweise Haftungsfolgen wegen der Verletzung des
Anstellungsvertrages ergeben (vgl. BGH GmbHR 1980, S. 270); die –
unberechtigte – Amtsniederlegung seitens des Geschäftsführers kann
allerdings auch eine fristlose Kündigung des Anstellungsvertrages durch
die Gesellschaft rechtfertigen (vgl. OLG Celle v. 31.8.1994 – 9 U
118/93, GmbHR 1995, 728). Eine andere rechtliche Beurteilung ergibt sich
auch nicht aus dem Anstellungsvertrag selbst; in diesem ist keine
gleichsam zwingende Verknüpfung zwischen Aufgabe der Organstellung und
Beendigung des Anstellungsvertrages für den Fall einer Amtsniederlegung
seitens des Geschäftsführers vorgesehen.
Die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung war zunächst ohne
Einhaltung besonderer arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften – etwa Anhörung
des Betriebsrats, § 102 BetrVG, – wirksam, weil das Vertragsverhältnis
zwischen den Parteien als “freier Dienstvertrag” und nicht als
Arbeitsvertrag zu qualifizieren ist.
Dies gilt nicht nur dann, wenn man der generalisierenden Betrachtung
des BGH folgt, nach der Geschäftsführer schon begrifflich nicht als
Arbeitnehmer qualifiziert werden können (BGH v. 29.1.1981 – II ZR
92/80, BGHZ 79, 291 = GmbHR 1981, 158 = NJW 1981, 1270),
sondern auch, wenn man mit dem BAG annehmen will, dass in bestimmten (Ausnahme-)Fällen
auch mit dem GmbH-Geschäftsführer ein Arbeitsverhältnis bestehen kann
(AP Nr. 10 zu § 35 GmbHG), wonach es also in besonderen Ausnahmefällen
angemessen sein kann, den in hohem Maße weisungs- und wirtschaftlich abhängigen
Geschäftsführer auf Grund einer gegebenen sozialen Schutzbedürftigkeit
dem Anwendungsbereich speziell arbeitsrechtlicher Vorschriften, etwa den
§§ 1 ff. KSchG oder §§ 12 ff. SchwerbehindertenG, zu unterstellen
(vgl. etwa die Nachweise bei Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., Anh. §
6 Rz. 47). Die Bindungen, denen der Kläger bei seiner Tätigkeit für die
Beklagte unterlag, sind indessen nicht als so gravierend anzusehen, dass
seine Gleichstellung etwa mit einem leitenden Angestellten gerechtfertigt
wäre. Der Kläger war zunächst mit Wirkung zum 23.3.1998 zum Geschäftsführer
der Beklagten bestellt worden; zum 1.7.2000 wurde ein neuer
Anstellungsvertrag abgeschlossen, nach dem – § 1 Nr. 2 des Vertrages
– der Kläger seine Tätigkeit nach Maßgabe der Gesetze, des
Gesellschaftsvertrages, der Geschäftsordnung und eines Geschäftsverteilungsplanes
ausüben sollte. Danach waren – im Innenverhältnis – die Kompetenzen
des Klägers zwar insb. durch die Geschäftsordnung und den Geschäftsverteilungsplan
begrenzt, was für die Regelung des Tätigkeitsbereichs eines Geschäftsführers
jedoch nichts Ungewöhnliches ist. Der Umfang der Vertretungsbefugnis im
Innenverhältnis nach § 37 Abs. 1 GmbHG soll i.Ü. selbst nach Auffassung
des BAG a.a.O. kein Kriterium zur Abgrenzung sein. Zudem fixiert § 1 Nr.
6 des Anstellungsvertrages, dass der Kläger nicht wie ein in allen
Bereichen weisungsabhängiger und zu bestimmten Anwesenheitszeiten
verpflichteter abhängiger Arbeitnehmer zu behandeln war; an konkret
festgelegte Arbeitszeiten sollte der Kläger nach dem Vertrag nicht
gebunden sein. Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers
auch nicht aus der Regelung in § 1 Nr. 5 des Vertrages, nach der der
jeweilige Sitz der Gesellschaft der “Dienstort” sein sollte. Diese
Vorschrift im Anstellungsvertrag fixiert insofern lediglich eine
Selbstverständlichkeit, nämlich die, dass der Kläger seine Tätigkeit
am Gesellschaftssitz zu erbringen hatte. Im Übrigen war gerade keine
generelle, ins Detail gehende Weisungsbefugnis der Beklagten – also der
Alleingesellschafterin – vorgesehen; der Kläger war im Rahmen der
Authority Limitation vom 16.8.2001 in seinen Entscheidungen grundsätzlich
frei, auch wenn jeweils – was wiederum nichts Ungewöhnliches ist –
bei bestimmten Geschäften (die insb. ein konkretes Volumen überschreiten
würden) die Zustimmung der Alleingesellschafterin erforderlich war.
Auch die weiteren Voraussetzungen, nach denen möglicherweise das Kündigungsschutzgesetz
– als besondere Regelung zugunsten “abhängig” beschäftigter
Arbeitnehmer – auf Mitglieder der Vertretungsorgane von juristischen
Personen anwendbar sein könnte (vgl. dazu Scholz/Uwe H. Schneider, GmbHG,
8. Aufl., § 35 Rz. 228 ff.) liegen nicht vor: Im vorliegenden Fall ist
weder die Umwandlung des Anstellungsvertrages – nach Verlust der
Organstellung durch den Geschäftsführer – in ein Arbeitsverhältnis
erfolgt, die Geschäftsführertätigkeit des Klägers stellt auch nicht
lediglich eine unbedeutende Annextätigkeit zu einem weiter bestehenden
Arbeitsverhältnis dar, und es besteht ebenfalls keine eindeutig
begrenzbare Doppelstellung des Klägers als Arbeitnehmer und zugleich
Organvertreter.
3. Auch die weiteren formellen Voraussetzungen einer wirksamen Kündigung
des Anstellungsvertrages eines Geschäftsführers liegen vor. Die
Gesellschafterversammlung der Beklagten hat am 13.12.2002 beschlossen, die
außerordentliche Kündigung des Anstellungsvertrages mit dem Kläger zu
erklären. Nach unwidersprochenem Vortrag der Beklagten sind die Umstände,
auf Grund derer die Beklagte die Kündigung des Anstellungsvertrages
ausgesprochen hat, nämlich die Weigerung des Klägers im Schreiben vom
10.12.2002, den Kaufvertrag über die immateriellen Wirtschaftsgüter
sowie den Lizenzvertrag abzuschließen, der Alleingesellschafterin der
Beklagten am 12.2.2002 bekannt geworden, sodass die in § 626 Abs. 2 BGB
fixierte Frist von zwei Wochen auf Grund der dem Kläger am 19.12.2002
zugegangenen Kündigungserklärung der Beklagten gewahrt war. Die Kündigungserklärung
ist zudem schriftlich erfolgt, sodass dem Formerfordernis gem. § 11 Abs.
4 des Anstellungsvertrages Rechnung getragen worden ist.
4. Ein wichtiger Grund für die Kündigung seitens der Beklagten liegt
vor. Ein solcher ist gegeben, wenn der kündigenden Gesellschaft wegen
bestimmter Tatsachen die Fortsetzung des Anstellungsverhältnisses nicht
zugemutet werden kann, und zwar auch unter Berücksichtigung des
verbleibenden Zeitraumes bis zum Ablauf einer vertraglich vorgesehenen
Befristung.
Auf die Frage der Wirksamkeit der Amtsniederlegung – diese Frage kann
sinnvoll gestellt werden nur für die Beendigung der Organstellung –
kommt es in diesem Zusammenhang nicht an; in Abkehr von seiner früheren
Rspr. hat der BGH mit Urteil vom 8.2.1993 (BGH v. 8.2.1993 – II ZR
58/92, BGHZ 121, 257 ff. = AG 1993, 280 = GmbHR 1993, 216 = MDR 1993, 430)
entschieden, dass die Amtsniederlegung eines Geschäftsführers grundsätzlich
auch dann sofort wirksam ist, wenn sie nicht auf einen angeblich wichtigen
Grund gestützt ist, weil es anderenfalls über einen möglicherweise
langen Zeitraum Unklarheiten darüber gäbe, ob die Niederlegungserklärung
wirksam war und durch wen die Gesellschaft in dieser Zeit vertreten worden
ist (BGH v. 8.2.1993 – II ZR 58/92, BGHZ 121, 257 [261] = AG 1993, 280 =
GmbHR 1993, 216 = MDR 1993, 430), sodass die Amtsniederlegung sogar dann
sofort wirksam wird, wenn sie mit keiner Begründung versehen wird, wobei
Schadensersatzansprüche der Gesellschaft gegen den Geschäftsführer, die
sich wegen einer ohne ausreichenden wichtigen Grund erklärten
Niederlegung aus dem Anstellungsverhältnis ergeben können, unberührt
bleiben (BGH v. 8.2.1993 – II ZR 58/92, BGHZ 121, 257 [262]= AG 1993,
280 = GmbHR 1993, 216 = MDR 1993, 430).
a) Die außerordentliche Kündigung war berechtigt, weil der Kläger
durch die Amtsniederlegung vom 10.12.2002 gegen wesentliche Geschäftsführerpflichten
verstoßen hat. Er hat sich nämlich der Möglichkeit begeben, die Geschäftsführeraufgaben
gerade im Außenverhältnis für die Gesellschaft wahrzunehmen und damit
den rechtsgeschäftlichen Handlungsbereich der Gesellschaft in für diese
unzumutbarer Weise verengt, wenn die Gesellschaft auch – wegen des
zweiten Geschäftsführers D.L. – nicht gänzlich handlungsunfähig
geworden ist. Die Amtsniederlegung des Klägers war zwar wirksam (s.
oben), jedoch – im Hinblick auf die Pflichten, die aus dem Dienstvertrag
resultieren – “unberechtigt” (zu einer solchen Qualifizierung der
Amtsniederlegung als “unberechtigt” in diesem – schuldrechtlichen
– Sinn etwa OLG Koblenz v. 26.5.1994 – 6 U 455/91, GmbHR 1995, 730).
Zwar hat sich der Kläger zur Begründung der Amtsniederlegung auf die
seiner Einschätzung nach zu erwartende negative Entwicklung der
Gesellschaft – in Folge des abzuschließenden Kauf- bzw. Lizenzvertrages
– berufen. Einerseits war indes eine solche Krise noch nicht
eingetreten, sondern wurde vom Kläger lediglich prognostiziert.
Andererseits wäre bereits eine eingetretene wirtschaftliche Krise kein
Grund für den Kläger als Geschäftsführer gewesen, sein Amt
niederzulegen. Auch bei drohendem Zusammenbruch des
Gesellschaftsunternehmens bleibt der Geschäftsführer seiner Aufgabe
verpflichtet, mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns alles zu tun,
was die Interessen der Gesellschaft erfordern, und zugleich die an sein
Amt geknüpften öffentlich-rechtlichen Pflichten zu erfüllen (OLG
Koblenz v. 26.5.1994 – 6 U 455/91, GmbHR 1995, 730; i.A. an BGH BGHZ 78,
82 [84 f.]). Im Falle einer eintretenden Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung
wäre also der Geschäftsführer – sollten sich die Erwartungen der
Alleingesellschafterin an die positiven Konsequenzen des Kauf- und
Lizenzvertrages nicht erfüllt haben – verpflichtet, einen Antrag auf Eröffnung
des Insolvenzverfahrens zu stellen und – in der Übergangszeit
(jedenfalls bis zur Einsetzung eines vorläufigen Insolvenzverwalters) –
die Geschäfte fortzuführen. Eine Haftung nach § 64 GmbHG ist deshalb
nicht erkennbar. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass sich der Kläger nach
§ 43 Abs. 2 GmbHG haftbar machen könnte, da er aufgrund einer bestimmten
Weisung der Alleingesellschafterin handeln sollte.
Es ist weiter nicht nachvollziehbar, inwiefern der Kläger die
Inanspruchnahme im Wege der “Durchgriffshaftung” befürchtete. Der Kläger
hat insofern Bezug genommen auf die Entscheidung “Bremer Vulkan” des
BGH (S. 6 des Schriftsatzes vom 28.7.2003). Mit diesem Urteil 17.9.2001
(BGH v. 17.9.2001 – II ZR 178/99, BGHZ 149, 10 ff. = AG 2002, 43 = MDR
2001, 1423 = GmbHR 2001, 1036 = BGHReport 2001, 917) hatte der BGH indes
eine Abkehr von der Konzernhaftung eingeleitet, um später auszuführen,
er habe die Rspr. zur Haftung aus qualifiziert faktischem Konzern
aufgegeben (BGH BGHZ 150, 61 [68] –KBV). In der Entscheidung Bremer
Vulkan selbst hat er allerdings ausgeführt, das die Anwendung des
aktienrechtlichen Konzernrechts Ansprüche nur gegen das herrschende
Unternehmen, nicht gegen dessen Vorstand begründen könne (BGH v.
17.9.2001 – II ZR 178/99, BGHZ 149, 10 [116] = AG 2002, 43 = MDR 2001,
1423 = GmbHR 2001, 1036; u. Hinw. auf v. 29.3.1993
– II ZR 265/91, BGHZ 122, 123 ff. = AG 1993, 371 = GmbHR 1993, 283 = MDR
1993, 427) und sodann den Schutz einer abhängigen GmbH gegenüber Eingriffen
ihres Alleingesellschafters näher umrissen. Eine solche Konstellation
liegt hier indes ersichtlich nicht vor: Der Kläger war zwar Geschäftsführer,
nicht aber Gesellschafter der Beklagten, so dass es nicht um die Frage
geht, welche Ansprüche sich ergeben, wenn ein die Gesellschaft
beherrschender Gesellschafter seine Leitungsmacht missbraucht.
Auch für eine deliktsrechtliche Haftung – wobei allerdings unklar
bleibt, wem gegenüber eine solche Haftung entstehen sollte – ist schließlich
kein Raum. Eine Haftung könnte keinesfalls aus der Vereinbarung eines
vermeintlich zu geringen Kaufpreises für die immateriellen Wirtschaftsgüter
der Beklagten entstehen. Denn die von der Beklagten beauftragte
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO, die i.Ü. nicht Abschlussprüferin
der Beklagten war, hat ein Gutachten zur Wertermittlung erstellt, das
Grundlage des von der Alleingesellschafterin in Aussicht genommenen
Vertrages war. Anhaltspunkte für eine mögliche Pflichtverletzung des Klägers
in diesem Zusammenhang bestehen deshalb von vornherein nicht. Im Hinblick
darauf, dass der Kläger sogar Einwände gegen die Wertberechnung
vorgenommen hat, kann zudem nicht angenommen werden, dass den Kläger
irgend ein Verschulden träfe.
b) Die außerordentliche Kündigung war auch deshalb berechtigt, weil
der Geschäftsführer durch die Amtsniederlegung, die gleichsam die
Manifestation seines Willens darstellte, den Kauf- bzw. Lizenzvertrag
nicht unterschreiben zu wollen, zum Ausdruck gebracht hat, dass er mit der
Geschäftspolitik der Alleingesellschafterin nicht mehr übereinstimmte.
Einer ihn bindenden Weisung der Alleingesellschafterin ist der Kläger
also nicht nachgekommen; er hat damit die Umsetzung des ihm übergeordneten
Willens der Gesellschafterversammlung “blockiert” (vgl. dazu OLG
Frankfurt v. 7.2.1997 – 24 U 88/95, GmbHR 1997, 346 [349]). Seine
eigenen Vorstellungen hat der Kläger also über die Geschäftspolitik der
Gesellschafterversammlung gestellt, sodass die Beklagte davon ausgehen
musste, dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Kläger in
verantwortlicher Position nicht mehr möglich sein würde. Dies
rechtfertigte eine außerordentliche Kündigung (vgl. zur Bedeutung des
Umstandes, dass der Alleingesellschafter der GmbH keine Basis mehr für
die weitere Zusammenarbeit mit dem Geschäftsführer sieht: BGH v.
14.2.2000 – II ZR 218/98, GmbHR 2000, 431 = MDR 2000, 647 = BB 2000, 844
[845] oben.)
Dem kann auch nicht entgegen gehalten werden, dass der von der
Gesellschaft in Aussicht genommene Vertrag dann nicht durch den Kläger,
sondern durch den (Mit-)Geschäftsführer L. abgeschlossen werden konnte.
Denn da der Kläger sich vehement gegen den Vertrag als Ganzen gewandt
hatte, musste die Beklagte annehmen, dass der Kläger als Geschäftsführer
die Umsetzung gerade dieser Verträge allenfalls “halbherzig” – und
auch nur nach entspr. Weisung im Einzelfall – in Angriff nehmen würde.
Dieses Risiko ständig vor Augen zu haben ist der Gesellschaft nicht
zumutbar, da die Gesellschaft auf die Loyalität ihres Geschäftsführers
vertrauen können muss. Nur dieses Verständnis entspricht auch dem in §
1 Abs. 6 des Anstellungsvertrages fixierten Pflichtenprogramm. Dabei ist
es nicht entscheidend, ob das Verhalten des Geschäftsführers unter
diesem Gesichtspunkt – unterschiedliche Beurteilung der Geschäftspolitik
– als pflichtwidrig bzw. gar schuldhaft eingeordnet werden muss (vgl.
dazu Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., § 6 Rz. 59). Insbesondere der
Widerspruch gegen Gesellschaftervorgaben zur Geschäftspolitik stellt
einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung seitens der
Gesellschaft dar (s. a. OLG Koblenz v. 29.4.1986 – 6 W 273/86, ZIP 1986,
1120 f.).
Die Unzumutbarkeit einer Weiterbeschäftigung des Klägers ergibt sich
auch vor dem Hintergrund, dass der mit ihm geschlossene Anstellungsvertrag
gem. § 11 Abs. 1 des Vertrages – erst – zum 31.3.2004 enden sollte.
Gerade weil die Gesellschaft durch den Vollzug eines um die Jahreswende
2002/2003 abzuschließenden Vertrages eine bestimmte Art der Sanierung
anstrebte, konnte ihr nicht zugemutet werden, den Kläger weitere 15
Monate zu beschäftigen und damit das Risiko einzugehen, dass der Kläger
die von der Alleingesellschafterin in Aussicht genommene nachhaltige
Sicherung ihres Überlebens durch Umsetzung eines bestimmten
unternehmerischen Konzepts nicht nur nicht unterstützen, sondern möglicherweise
noch behindern würde. Angesichts der – durchaus gereiften und wohl überlegten
– Ablehnung der Planungen der Gesellschaft durch den Kläger würde
diese also wenigstens dazu genötigt sein, die Tätigkeit des Klägers
engmaschig zu überwachen und möglicherweise – erneut – bestimmte
Weisungen zu erteilen, um die Durchsetzung ihrer generellen Entscheidung
zu realisieren; dies ist nicht hinnehmbar, zumal da die Beklagte damit
rechnen musste, dass der Kläger erneut ihm erteilte Weisungen nicht
befolgte.
5. Einer besonderen Abmahnung des Klägers bedurfte es nicht.
a) Dieses im Hinblick auf die soziale Schutzbedürftigkeit abhängig
Beschäftigter im Arbeitsrecht entwickelte Institut kann bei
Leitungsorganen von Kapitalgesellschaften nicht ausschlaggebend sein, weil
diese sich regelmäßig über die ihnen obliegenden Pflichten und die
Tagweite etwaiger Pflichtverletzungen auch ohne besondere Hinweise und
Ermahnungen im Klaren sind (BGH v. 14.2.2000 – II ZR 218/98, GmbHR 2000,
431 = MDR 2000, 647 = NJW 2000, 1638 = BB 2000, 844 [845]). Die
Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung des Geschäftsführers
setzt also nicht stets eine Abmahnung voraus; vielmehr wird man dies nur
bei leichteren Pflichtverletzungen annehmen können (Hachenburg/Stein,
GmbHG, § 38 Rz. 59; BGH v. 9.11.1992 – II ZR 234/91, GmbHR 1993, 33 =
MDR 1993, 224 = NJW 1993, 463 [464] [zu einem Fall, in dem der Geschäftsführer
aufgrund vorangegangenen Verhaltens möglicherweise mit der Akzeptanz
seiner Handlungen rechnen konnte, so dass der beklagten Gesellschaft die
Fortsetzung des Dienstverhältnisses nach einer Abmahnung zumutbar war]).
Insbesondere bei schweren Verfehlungen ist eine Abmahnung auch bei einem
einmaligen Vorfall entbehrlich (Hachenburg/Stein, GmbHG, § 38 Rz. 59; OLG
München v. 23.2.1994 – 7 U 5904/93, GmbHR
1994, 551 = BB 1994, 735 [736]: vorsätzliches Vorenthalten von
Informationen; Kündigungsgrund ohne Abmahnung, da sich die Gesellschaft
nicht mehr auf die Loyalität des Geschäftsführers verlassen kann).
Davon muss man auch hier ausgehen: Wie aus den überreichten Unterlagen
und der vom Kläger selbst geschilderten Entwicklung offenkundig ist,
handelt es sich um den Endpunkt einer seit geraumer Zeit schwelenden
Auseinandersetzung über die Linie der Unternehmensführung zwischen der
Alleingesellschafterin und dem Kläger als Geschäftsführer. Der Kläger
hat sogar nach einer ihm eingeräumten Überlegungszeit eine eindeutige
Stellungnahme zu der Geschäftspolitik insgesamt abgegeben. Er selbst
wollte gleichsam vollendete Verhältnisse schaffen, indem er darauf gedrängt
hat, dass seine Amtsniederlegung zum Handelsregister eingetragen wird,
sodass nicht erkennbar ist, inwiefern der Kläger auf eine Abmahnung
anders reagiert hätte. Nach dem gesamten Geschehensablauf durfte die
Beklagte durchaus annehmen, dass der Kläger nicht bereit war, seine
Weigerung, die Verträge zu unterzeichnen, zurückzunehmen. Eine Abmahnung
war demnach erkennbar überflüssig.
b) Nichts anderes ergibt sich vor dem Hintergrund, dass der Kläger in
seinem Schreiben vom 10.12.2002 weiterhin seine Arbeitskraft angeboten
hat. Gegenstand seiner Verpflichtung nach dem mit der Beklagten
abgeschlossenen Anstellungsvertrag ist die Leitung der Gesellschaft, die
insb. – als Grundlage – erfordert, dass er sich mit seiner ganzen
Arbeitskraft (§ 1 Abs. 6 des Vertrages) bemüht, die Geschäftspolitik
der Beklagten umzusetzen und die Gesellschaft – gerade also im “Außenverhältnis”
– zu repräsentieren. Eine weitere Beschäftigung – als Angestellter
unterhalb der Geschäftsführungsebene – war für die Beklagte
unzumutbar, da sie auch insofern nicht damit rechnen konnte, dass der Kläger
engagiert an der Umsetzung der von der Gesellschafterversammlung in
Aussicht genommenen Verträge mitwirkt.
c) Schließlich ist nicht ersichtlich, welche Verhaltensänderung des
Klägers durch eine von der Beklagten auszusprechende Abmahnung hätte
bewirkt werden sollen. Der Kläger hatte bereits die Niederlegung seines
Amts als Geschäftsführer erklärt. Er konnte also kaum von der Beklagten
im Wege der Abmahnung dazu aufgefordert werden, gerade dieses Verhalten in
Zukunft zu verlassen. Auch eine “Rücknahme” war insofern nicht möglich.
Vielmehr hatte der Kläger die Niederlegung erklärt, sodass es einer
erneuten Bestellung als Geschäftsführer durch die
Gesellschafterversammlung bedurft hätte.
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