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Prominente
und Persönlichkeitsrecht
Nachdem
der Kläger, ehemaliger Außenminister und Vizekanzler der
Bundesrepublik Deutschland, im Juni 2006 letztmals an einer Sitzung
seiner Bundestagsfraktion teilgenommen hatte, veröffentlichte die
"BUNTE" einen Artikel, der die Überschrift trug:
"Nobel lässt sich der Professor nieder". In dem Artikel
werden Einzelheiten über ein vom Kläger erworbenes Wohnhaus
mitgeteilt und wird die Frage gestellt, wovon der Kläger dies bezahlt
habe. Weiterhin aus auch eine Fotografie des Hauses zu sehen. Der Kläger
sieht sich durch die Veröffentlichung in seinem Persönlichkeitsrecht
verletzt. Er hat deshalb Klage erhoben mit dem Antrag, der Beklagten
die Veröffentlichung und Verbreitung der Äußerungen und von Fotos
des Wohnhauses zu untersagen. Das Landgericht Berlin hat der Klage
stattgegeben, das Kammergericht hat sie auf die Berufung der Beklagten
hin abgewiesen.
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Der Bundesgerichtshof
hat die vom Kläger eingelegte Revision zurückgewiesen.
Zwar kann die Veröffentlichung und
Verbreitung des Fotos eines Wohnhauses ebenso wie die
Wortberichterstattung darüber einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht
darstellen, wenn sie unter Nennung des Namens einer Person und gegen
deren Willen erfolgt, so dass die Anonymität der Privatsphäre und
damit das Recht auf Selbstbestimmung bei der Offenbarung der persönlichen
Lebensumstände beeinträchtigt werden. Das Berufungsgericht hat aber
zu Recht festgestellt, dass eine genaue Identifizierung des vom Kläger
erworbenen Hauses aufgrund der Berichterstattung nicht ohne weiteres möglich
war. Es hat deshalb im Rahmen der gebotenen Abwägung zutreffend dem
berechtigten Informationsinteresse an der Berichterstattung eine überwiegende
Bedeutung zugemessen. Die Beklagte berichtete aus aktuellem Anlass, nämlich
dem Abschied des Klägers von der Grünen - Bundestagsfraktion, darüber,
wie sich seine Lebensverhältnisse nach dem Ausscheiden aus der
Politik gestalteten. Der Kläger hatte als langjähriger Bundesaußenminister
und Vizekanzler, als Mitglied des Bundestages, als
Fraktionsvorsitzender der Grünen sowie als Mitglied des Parteirates
der Grünen eine herausragende Stellung im politischen Leben der
Bundesrepublik Deutschland eingenommen. Diese Stellung verlor er nicht
bereits mit dem Ende seiner Amtszeit als Außenminister und
Vizekanzler im Jahr 2005. Auch soweit in dem Artikel die Wandlung
angesprochen wird, die der Kläger seit Beginn der 1970er Jahre
durchlebt hat, und die Frage aufgeworfen wird, wovon der Kläger den
Kaufpreis für das Haus bezahlt hat, ist ein Informationsinteresse zu
bejahen, zumal der Artikel geeignet ist, gesellschafts- und
sozialkritische Überlegungen der Leser anzuregen (Der BGH vom 19. Mai
2009 - VI ZR 160/08). |
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Caroline-Entscheidung
des Europäischen
Gerichtshofs für Menschenrechte
(24.06.2004) zur Frage des Schutzes vor Bildveröffentlichungen |
In
einem Grundsatzurteil vom 15. Dezember 1999 hat das
Bundesverfassungsgericht die Veröffentlichung bestimmter Fotos,
auf denen die Beschwerdeführerin, Prinzessin Caroline von
Hannover, mit ihren Kindern zu sehen ist, untersagt, da Kinder
in höherem Maße des Schutzes bedürften als Erwachsene.
Das Verfassungsgericht befand allerdings, dass die Beschwerdeführerin,
die unzweifelhaft eine ,,absolute
Person der Zeitgeschichte" sei, die Veröffentlichung
von Fotografien hinnehmen müsse, die sie in der Öffentlichkeit
zeigen, selbst wenn die Bilder eher ihr Alltagsleben betreffen
als die Erfüllung ihrer offiziellen Pflichten. Das Gericht
verwies in diesem Zusammenhang auf die Pressefreiheit
und auf das legitime Interesse der Öffentlichkeit zu erfahren,
wie sich eine solche Persönlichkeit allgemein im öffentlichen
Leben verhält.
Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Entscheidungen der
deutschen Gerichte würden gegen ihr Recht auf Achtung ihres
Privatlebens verstoßen; denn die Gerichte hätten ihr keinen
angemessenen Schutz vor der Veröffentlichung von Fotos gewährt,
die Sensationsreporter von ihr ohne ihr Wissen gemacht haben,
weil sie aufgrund ihrer Herkunft unzweifelhaft eine ,,absolute
Person der Zeitgeschichte" sei. Ferner liege eine
Verletzung ihres Rechts auf Achtung ihres Familienlebens vor.
Die Beschwerdeführerin beruft sich dabei auf Artikel 8 (Recht
auf Achtung des Privat- und Familienlebens) der Europäischen
Menschenrechtskonvention. |
Der
Europäische
Gerichtshof für Menschenrechte
hält als Erstes
fest, dass einige Fotografien, auf denen die Beschwerdeführerin
mit ihren Kindern zu sehen ist, sowie das Foto, das sie in
Begleitung eines Schauspielers hinten im Hof eines Restaurants
zeigt, nicht länger Gegenstand des Rechtsstreits sind. Der
Bundesgerichtshof hat nämlich jede weitere Veröffentlichung
dieser Fotos untersagt, da durch sie das Recht der Beschwerdeführerin
auf Achtung ihres Familienlebens verletzt werde. Die
Freiheit der Meinungsäußerung gilt zwar auch für die Veröffentlichung
von Fotos, doch in diesem Bereich kommt dem Schutz des guten
Rufs und der Rechte anderer besondere Bedeutung zu, da es hier
nicht um die Verbreitung von „Ideen“ geht, sondern von
Bildern, die sehr persönliche oder sogar intime Informationen
über einen Menschen enthalten. Außerdem werden die in der
Boulevardpresse veröffentlichten Fotos oftmals unter
Bedingungen gemacht, die einer ständigen Belästigung
gleichkommen und von der betroffenen Person als Eindringen in
ihr Privatleben, wenn nicht sogar als Verfolgung empfunden
werden.
Das
entscheidende Kriterium für die Abwägung zwischen Schutz des
Privatlebens einerseits und Freiheit der Meinungsäußerung
andererseits besteht nach Ansicht des Gerichtshof darin,
inwieweit die veröffentlichten Fotos zu einer Debatte
beitragen, für die ein Allgemeininteresse geltend gemacht
werden kann. Im vorliegenden Fall handelt es sich um Fotos aus
dem Alltagsleben von Caroline von
Hannover, um Fotos also, die sie bei rein
privaten Tätigkeiten zeigen. Der Gerichtshof nimmt
diesbezüglich zur Kenntnis, in welchem Zusammenhang die Fotos
gemacht wurden, nämlich ohne Wissen der Beschwerdeführerin,
ohne ihre Einwilligung und zuweilen auch heimlich. Diese Fotos können
nicht als Beitrag zu einer Debatte von allgemeinem öffentlichem
Interesse angesehen werden, da die Beschwerdeführerin dabei
kein öffentliches Amt ausübt und die strittigen Fotos und
Artikel ausschließlich Einzelheiten ihres Privatlebens
betreffen.
Ferner mag die Öffentlichkeit zwar ein Recht darauf haben,
informiert zu werden, ein Recht, das sich unter besonderen Umständen
auch auf das Privatleben von Persönlichkeiten des öffentlichen
Lebens erstrecken kann, im vorliegenden Fall ist ein solches
Recht jedoch nicht gegeben. Nach Auffassung des Gerichtshofs
kann die Öffentlichkeit kein
legitimes Interesse daran geltend machen zu
erfahren, wo Caroline von Hannover sich aufhält und wie sie
sich allgemein in ihrem Privatleben verhält, auch wenn sie sich
an Orte begibt, die nicht immer als abgeschieden bezeichnet
werden können, und auch wenn sie eine weithin bekannte Persönlichkeit
ist. Und selbst wenn ein solches Interesse der Öffentlichkeit
besteht, ebenso wie ein kommerzielles Interesse der
Zeitschriften, die die Fotos und die Artikel veröffentlichen,
so haben diese Interessen nach Ansicht des Gerichtshofs im
vorliegenden Fall hinter dem Recht der Beschwerdeführerin auf
wirksamen Schutz ihres Privatlebens zurückzutreten.
Der Gerichtshof weist darauf hin, welche grundlegende Bedeutung
dem Schutz des Privatlebens für die Selbstentfaltung jedes
Einzelnen zukommt, und hält fest, dass jede Person, auch wenn
es sich um eine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens
handelt, die „legitime Erwartung“ hegen darf, dass ihr
Privatleben geschützt und geachtet wird. Die von den
innerstaatlichen Gerichten aufgestellten Kriterien zur
Unterscheidung zwischen einer „absoluten“ Person der
Zeitgeschichte und einer „relativen“ Person reichen nach
Ansicht des Gerichtshofs nicht aus, um einen wirksamen Schutz
des Privatlebens der Beschwerdeführerin zu gewährleisten, und
es hätte anerkannt werden müssen, dass die Beschwerdeführerin
unter den gegebenen Umständen die
„legitime Erwartung“ geltend machen darf, dass ihr
Privatleben geschützt wird.
Angesichts
dessen gelangt der Gerichtshof, trotz des Ermessensspielraums
des Staates auf diesem Gebiet, zu dem Schluss, dass die deutschen
Gerichte die widerstreitenden Interessen nicht in gerechter
Weise gegeneinander abgewogen haben. Somit
befindet der Gerichtshof, dass Artikel 8 der Konvention verletzt
worden ist und dass über den Beschwerdepunkt, den die
Beschwerdeführerin in Bezug auf ihr Recht auf Achtung ihres
Familienlebens vorgebracht hat, nicht entschieden zu werden
braucht.
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