Die "Rolex-Entscheidung"
des BGH - I ZR 304/01 - 11. März 2004
Zunächst die Leitsätze:
a) Das Haftungsprivileg des §
11 Satz 1 TDG, das den Diensteanbieter, der fremde
Informationen für einen Nutzer speichert ("Hosting"), von einer
Verantwortlichkeit freistellt, betrifft nicht den Unterlassungsanspruch.
b) Der Umstand, dass ein Diensteanbieter
im Rahmen des Hosting eine Plattform eröffnet, auf der private und
gewerbliche Anbieter Waren im Internet versteigern können, reicht nicht
aus, um ihn als Täter einer Markenverletzung
anzusehen, falls ein Anbieter gefälschte Markenware (hier: falsche
ROLEX-Uhren) zur Versteigerung stellt. Eine Haftung als Teilnehmer an der
durch den Anbieter begangenen Markenverletzung setzt zumindest bedingten
Vorsatz voraus.
c) Eine Haftung als Störer setzt voraus, dass für
Diensteanbieter zumutbare Kontrollmöglichkeiten bestehen, um eine solche
Markenverletzung zu unterbinden. Ihm ist es nicht zuzumuten, jedes in
einem automatisierten Verfahren unmittelbar ins Internet gestellte Angebot
darauf zu überprüfen, ob Schutzrechte Dritter verletzt werden. Wird
einem Diensteanbieter ein Fall einer Markenverletzung bekannt, muss er
nicht nur das konkrete Angebot unverzüglich sperren, sondern auch
technisch mögliche und zumutbare Maßnahmen ergreifen, um Vorsorge dafür
zu treffen, dass es nicht zu weiteren entsprechenden Markenverletzungen
kommt.
d) Eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr wird nicht
dadurch ausgeschlossen, dass die mit dem fremden Zeichen versehene Ware
ausdrücklich als "Replika" oder "Nachbildung"
bezeichnet wird.
Tatbestand:
Die Klägerin zu 1
ist Herstellerin der weltweit unter der Bezeichnung "ROLEX"
vertriebenen Uhren, deren Uhrwerke die Klägerin zu 2 fertigt. Die Uhren
der Klägerinnen tragen auf dem Ziffernblatt und auf der Armbandschließe
die Bezeichnung "ROLEX" sowie das Bildemblem einer stilisierten
fünfzackigen Krone. Sie werden in verschiedenen Modellausführungen wie
"OYSTER", "OYSTER PERPETUAL", "DATEJUST",
"LADY-DATE", "SUBMARINER", "SEA-DWELLER",
"GMT-MASTER", "YACHT-MASTER", "ROLEX
DAYTONA", "COSMOGRAPH" und "EXPLORER" in Verkehr
gebracht.
Die Klägerin zu 2 ist Inhaberin der seit 1913 in allen
Verbandsstaaten des Madrider Markenabkommens u.a. für Uhren und
Uhrenteile eingetragenen Marke "ROLEX". Die Klägerin zu 1 ist
Inhaberin der nachfolgend wiedergegebenen Marke, die aus dem
Wortbestandteil "ROLEX" und dem Bildemblem der fünfzackigen
Krone besteht:
Für sie sind ferner die oben genannten
Modellbezeichnungen als Marken eingetragen.
Die Beklagte
bezeichnet sich als Internet-Auktionshaus.
Auf der Grundlage ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen veranstaltet sie
u.a. Fremdauktionen im Internet, bei denen sie auf der einen Seite
privaten oder gewerblich tätigen Anbietern die Gelegenheit bietet, Waren
im Internet anzubieten, und auf der anderen Seite Interessenten den
Zugriff auf diese Versteigerungsangebote eröffnet. Diejenigen, die in
einer solchen Auktion als Versteigerer oder Bieter auftreten wollen, müssen
sich zunächst bei der Beklagten unter Angabe verschiedener persönlicher
Daten - u.a. des Namens, eines Benutzernamens, eines Passworts, der
Anschrift, der E-mail-Adresse und der Bankverbindung - anmelden. Nach
Zulassung können die Anbieter im sogenannten Registrierungsverfahren
Daten über den Versteigerungsgegenstand, das Mindestgebot und die Dauer
der Laufzeit abgeben. Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der
Beklagten garantiert der Versteigerer der Beklagten und den Bietern,
"dass der Gegenstand ... keine Urheberrechte, Patente, Marken,
Betriebsgeheimnisse oder anderen Schutzrechte ... verletzt". Zwischen
den Parteien ist streitig, ob das vom Versteigerer im
Registrierungsverfahren eingegebene Angebot unmittelbar auf der
Versteigerungsplattform der Beklagten im Internet erscheint oder ob das
Angebot zunächst in den Geschäftsgang der Beklagten kommt, von ihr erfasst
und erst danach im Internet veröffentlicht wird.
Bei den von der Beklagten veranstalteten Fremdauktionen
werden in der von der Beklagten vorgegebenen Rubrik "Mode, Uhren,
Lifestyle" auch Uhren angeboten, die mit den Marken der Klägerinnen,
insbesondere mit der Bezeichnung "ROLEX" und dem Bildemblem der
fünfzackigen Krone, versehen sind, aber nicht aus ihrer Herstellung
stammen. Die angebotenen Uhren sind in den neun von den Klägerinnen angeführten
Beispielsfällen jeweils abgebildet und als "Rolex"-Uhren
bezeichnet. Die Bieter werden jedoch nicht darüber im Unklaren gelassen, dass
es sich um Fälschungen handelt. Auf diesen Umstand deuten dort nicht nur
das Mindestgebot (zwischen 60 und 399 DM), sondern auch die
Warenbeschreibungen hin, die in den vorgelegten Beispielen auszugsweise
wie folgt lauten:
- ROLEX Submariner Autom. Edelreplika blau Rolex
Edelreplika in schwerer Ausführung ... komplett gemarkt
Keine billige Chinaware!
- Rolex Submariner USA .... (gekürzt)...
Die Klägerinnen sehen in dem Vertrieb dieser Uhren eine
Verletzung ihrer Marken, für die auch die Beklagte hafte. Die Beklagte
nehme - wie sich aus ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen ergebe - die
Funktion einer zentralen Schaltstelle ein, bei der alle Fäden
zusammenliefen. Der Weg vom Bieter zum Versteigerer führe ausschließlich
über die Beklagte; sie sei auch in den anschließenden Vollzug der Verträge
eingeschaltet. Die Klägerinnen haben die Auffassung vertreten, die
Beklagte könne sich unter diesen Umständen nicht auf ein
Haftungsprivileg nach dem Teledienstegesetz (TDG) berufen, weil nach
diesem Gesetz eine Freistellung von der Haftung nur für fremde Inhalte in
Betracht komme, während die Beklagte mit den Versteigerungsangeboten
eigene oder sich zu eigen gemachte Inhalte zur Nutzung bereit halte. Im übrigen
scheide die Privilegierung nach dem Teledienstegesetz aus, weil die
Beklagte Kenntnis von den Fälschungen erlangt habe; ihr sei es technisch
möglich und zumutbar, eine Nutzung der markenverletzenden Angebote zu
verhindern.
Die Klägerinnen haben die Beklagte auf Unterlassung und
Auskunftserteilung in Anspruch genommen und die Feststellung der
Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz begehrt.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat die
Ansicht vertreten, es fehle bereits an einer Markenverletzung, weil
vorwiegend von privater Seite Einzelstücke angeboten würden und es daher
an einem Handeln im geschäftlichen Verkehr fehle. Sie komme auch nicht
als Täterin einer Markenverletzung in Betracht, da sie - so hat sie
vorgetragen - den Nutzern lediglich eine technische Plattform für die
Durchführung der Versteigerungen zur Verfügung stelle. Die
Versteigerungsangebote würden normalerweise automatisch ins Internet
gestellt, ohne dass sie durch einen Mitarbeiter von dem Inhalt Kenntnis
nehme.
Das Landgericht hat der Klage unter Beschränkung des
Unterlassungsausspruchs auf die konkrete Verletzungsform (Aufnahme der
Nutzungsbedingungen der Beklagten sowie von neun als Beispielen dienenden
Versteigerungsangeboten in den Tenor) stattgegeben (LG Köln CR 2001,
417). Die Beklagte hat Berufung gegen dieses Urteil eingelegt.
Im Berufungsverfahren haben die Klägerinnen im Wege der
Anschlussberufung beantragt, die Beklagte unter Androhung von
Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, Uhren, die nicht von
den Klägerinnen stammen, unter einer der oben genannten Marken wie
nachstehend beispielhaft wiedergegeben anzubieten, in den Verkehr zu
bringen, zu bewerben und/oder anbieten, in den Verkehr bringen oder
bewerben zu lassen (es folgen neun Versteigerungsangebote für "ROLEX"-Uhren
mit Mindestgeboten zwischen 60 und 399 DM und Hinweisen darauf, dass es
sich um Nachbildungen handelt) und/oder bei der Abwicklung eines im Rahmen
einer solchen Online-Auktion erfolgten Verkaufs einer solchen Uhr
mitzuwirken;
hilfsweise:
im Rahmen der von ihr nach Maßgabe ihrer jeweils
geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen veranstalteten
Online-Auktionen im Internet Uhren ... (der weitere Antrag entspricht dem
Hauptantrag);
weiter hilfsweise:
im Rahmen der von ihr nach Maßgabe der nachstehend
wiedergegebenen Nutzungsbedingungen (es folgen die gegenüber dem
landgerichtlichen Urteil aktualisierten Nutzungsbedingungen der Beklagten)
veranstalteten, als "ricardo private Auktionen" bezeichneten
Auktionen Uhren ... (der weitere Antrag entspricht dem Hauptantrag).
Ferner haben die Klägerinnen wie schon in erster
Instanz Auskunft und die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur
Zahlung von Schadensersatz begehrt. In einem zur Erwiderung auf das
Vorbringen der Beklagten nachgelassenen Schriftsatz haben die Klägerinnen
ihre Klage nach Schluss der mündlichen Verhandlung auch auf im Jahre 2001
eingetragene Gemeinschaftsmarken der Klägerinnen gestützt. Das
Berufungsgericht hat die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung mit
der Begründung abgelehnt, eine Wiedereröffnung komme schon deswegen
nicht in Betracht, weil das Gemeinschaftsmarkengericht das
Oberlandesgericht Düsseldorf sei.
Das Berufungsgericht hat das landgerichtliche Urteil auf
die Berufung der Beklagten abgeändert und die Klage unter Zurückweisung
der Anschlussberufung der Klägerinnen abgewiesen (OLG Köln CR 2002, 50).
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerinnen,
mit der sie ihre zuletzt gestellten Klageanträge weiterverfolgen. Die
Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht
hat eine Haftung der Beklagten für mögliche Verletzungen der Klagemarken
verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Den Klägerinnen stünden weder ein
Unterlassungsanspruch aus § 14 Abs. 2 und 5 MarkenG noch Auskunfts- und
Schadensersatzansprüche zu. Dabei könne offen bleiben, ob ein Handeln im
geschäftlichen Verkehr vorliege und ob Verwechslungsgefahr i.S. von § 14
Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gegeben sei; letzteres sei zweifelhaft, weil es wegen
der unübersehbaren Hinweise auf den Umstand der Nachbildung fernliege, dass
ein beachtlicher Teil des Verkehrs einer Verwechslungsgefahr erliege.
Daher komme ohnehin nur eine Verletzung nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 3
MarkenG in Betracht. Ansprüche der Klägerinnen schieden aber auch
insofern aus, weil die Beklagte für die geltend gemachten Ansprüche
nicht passivlegitimiert sei.
Dies ergebe sich allerdings nicht schon aus § 5 TDG
a.F. Denn diese Bestimmung, die eine Verantwortlichkeit des
Diensteanbieters für fremde Inhalte einschränke, könne gegenüber der
auf einer EG-Richtlinie beruhenden markenrechtlichen Regelung keine
Geltung beanspruchen. Es fehle aber an einer Benutzung der Klagemarken
durch die Beklagte. Denn die Beklagte nehme keinerlei Einfluss auf den
Angebotstext. Dieser werde allein vom Versteigerer eingegeben. Der von der
Beklagten hinzugefügte Text betreffe allein den äußeren Ablauf der
Auktionen und die Rubrikbezeichnungen für die Angaben des Versteigerers
("Mindestpreis", "Aktuelles Höchstgebot" usw.). Auch
die Bieter nähmen das Angebot nicht als ein solches der Beklagten wahr.
Ebenso scheide eine Störerhaftung aus. Denn es fehle auf Seiten der
Beklagten an einer willentlichen Mitwirkung, die Voraussetzung für eine
Störerhaftung sei. Diese setze Kenntnis der tatsächlichen Umstände
voraus, aus denen sich die rechtswidrige Beeinträchtigung des Dritten
ergebe. Im übrigen habe die Beklagte unwidersprochen vorgetragen, dass es
technisch (noch) nicht möglich sei, Angebote rechtsverletzenden Inhalts
mit Hilfe einer Software zu erkennen und herauszufiltern.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der
Revision haben teilweise Erfolg. Sie führen insoweit zur Aufhebung des
Berufungsurteils, als die Klage auch mit dem Unterlassungsantrag
abgewiesen worden ist. Die weitergehende Revision der Klägerinnen ist
dagegen nicht begründet.
1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings
dagegen, dass das Berufungsgericht den nach Schluss der mündlichen
Verhandlung eingegangenen Schriftsatz vom 28. September 2001, mit dem die
Klägerinnen ihre Klage auch auf die im Jahre 2001 erteilten, mit einem
Teil der nationalen Klagemarken identischen Gemeinschaftsmarken gestützt
haben, nicht zum Anlass genommen hat, die mündliche Verhandlung
wiederzueröffnen.
a) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon
ausgegangen, dass eine Berücksichtigung des neuen Klagegrundes die
Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung erfordert hätte. Darin, dass
die Klägerinnen ihre Klageanträge nunmehr auch auf ihre
Gemeinschaftsmarken stützen wollten, lag eine Klageerweiterung (vgl. BGH,
Urt. v. 7.12.2000 - I ZR 146/98, GRUR 2001, 755, 756 f. = WRP 2001, 804 -
Telefonkarte), deren Berücksichtigung eine Wiedereröffnung der mündlichen
Verhandlung erfordert hätte, auch wenn sie in einem nach § 283 ZPO
nachgelassenen Schriftsatz erfolgt ist (Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl., §
283 Rdn. 2a; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 25. Aufl., § 283 Rdn. 4).
b) Es ist nicht ermessensfehlerhaft, dass das
Berufungsgericht von der Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung
abgesehen hat (vgl. BGH, Urt. v. 28.10.1999 - IX ZR 341/98, NJW 2000, 142,
143). Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, wäre dem
Berufungsgericht eine Entscheidung nach Zulassung der Klageerweiterung
verwehrt gewesen. Denn das Berufungsgericht ist nicht
Gemeinschaftsmarkengericht und hätte daher nicht über eine Verletzung
der Gemeinschaftsmarken entscheiden können (§ 125e Abs. 2 i.V. mit Abs.
1 MarkenG; Art. 92 GMV). Das Berufungsgericht wäre genötigt gewesen, den
Rechtsstreit an das Oberlandesgericht Düsseldorf als
Gemeinschaftsmarkengericht zu verweisen. Die Wiedereröffnung der mündlichen
Verhandlung hätte unter diesen Umständen zu einer erheblichen
Verfahrensverzögerung geführt.
c) Auch aus dem Umstand, dass die vom Berufungsgericht
getroffene Entscheidung über die nationalen Marken einer neuen Klage
entgegensteht, die die Klägerinnen auf die mit den nationalen Marken übereinstimmenden
Gemeinschaftsmarken stützen, ergibt sich nichts anderes. Zwar ist es
zutreffend, dass die vom Berufungsgericht getroffene Entscheidung sich
auch als eine Entscheidung über die geltend gemachte Verletzung der
Gemeinschaftsmarken erweisen kann; denn nach Art. 105 Abs. 2 GMV weist das
Gemeinschaftsmarkengericht, das wegen Verletzung der Gemeinschaftsmarke
angerufen worden ist, die Klage ab, wenn wegen derselben Handlung zwischen
denselben Parteien aufgrund einer identischen nationalen Marke für
identische Waren oder Dienstleistungen ein rechtskräftiges Sachurteil
ergangen ist.
Entgegen der Auffassung der Revision hat sich das
Berufungsgericht mit der Verweigerung der Wiedereröffnung der mündlichen
Verhandlung jedoch keine ihm nicht zustehende Entscheidung über die
Gemeinschaftsmarken angemaßt. Im Hinblick auf Art. 105 Abs. 2 GMV kann es
immer dazu kommen, dass die von einem Nicht-Gemeinschaftsgericht
getroffene Entscheidung über eine nationale Marke auch als Entscheidung
über die Gemeinschaftsmarke wirkt. Das kann der Inhaber der
Gemeinschaftsmarke nur dadurch verhindern, dass er seine Klage rechtzeitig
auch auf die Gemeinschaftsmarke stützt. Dies wäre den Klägerinnen auch
im Streitfall möglich gewesen, wenn sie die Gemeinschaftsmarken
unmittelbar nach Erteilung in das Berufungsverfahren eingeführt hätten.
Unterlässt der Gemeinschaftsmarkeninhaber dies oder kommt er diesem Gebot
- wie im Streitfall - erst verspätet nach, wirkt die Entscheidung über
die nationalen Marken präjudizierend für die Entscheidung über die
Gemeinschaftsmarke (Art. 105 Abs. 2 GMV).
2. Mit Recht rügt die Revision, dass das
Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerinnen auf Unterlassung weiterer
Störungen verneint hat. Nach dem im Revisionsverfahren zugrundezulegenden
Sachverhalt ist die Beklagte nicht nur verpflichtet, die konkreten
Angebote gefälschter Uhren zu löschen. Sie ist darüber hinaus aufgrund
der ihr bekannt gewordenen Fälschungsfälle gehalten, Vorsorge zu
treffen, damit keine weiteren Angebote ins Internet gestellt werden, die
erkennbar die Marken der Klägerinnen verletzen.
a) Der markenrechtliche Unterlassungsanspruch wird nicht
dadurch ausgeschlossen, dass die Beklagte als Veranstalterin einer
Plattform für Fremdversteigerungen nach dem Teledienstegesetz nur
eingeschränkt haftet. Denn die Geltendmachung eines
Unterlassungsanspruchs, der seine Grundlage in einer früheren
Verletzungshandlung findet, wird durch das Haftungsprivileg in §§ 8, 11
TDG n.F. ebensowenig eingeschränkt wie durch die bis zum 20. Dezember
2001 geltende Vorgängerregelung in § 5 Abs. 1 bis 3 TDG a.F.
Insbesondere wird die Haftung der Beklagten von diesen Regelungen nicht
berührt, soweit sie als Störerin einen willentlichen und adäquat
kausalen Beitrag zu einer Markenverletzung leistet.
aa) Soweit die Klägerinnen Unterlassungsansprüche
geltend machen, ist § 5 TDG a.F. nicht mehr anwendbar. Vielmehr sind die
durch das Gesetz über rechtliche Rahmenbedingungen für den
elektronischen Geschäftsverkehr (EGG) vom 14. Dezember 2002 (BGBl. I S.
3721) neu geregelten Bestimmungen der §§ 8, 11 TDG zugrunde zu legen,
die am 21. Dezember 2001 in Kraft getreten sind. Ob den Klägerinnen ein
Unterlassungsanspruch zusteht, ist nach dem zum Zeitpunkt der Entscheidung
geltenden Recht zu beantworten (vgl. BGHZ 141, 329, 336 - Tele-Info-CD;
BGH, Urt. v. 25.10.2001 - I ZR 29/99, GRUR 2002, 717, 718 = WRP 2002, 679
- Vertretung der Anwalts-GmbH, m.w.N.). Die neue Rechtslage hat an der
insoweit schon zuvor bestehenden Haftung der Beklagten nichts geändert
(dazu unten unter ee)). Die Haftungsprivilegierung des TDG erfaßt nicht
den hier geltend gemachten Anspruch auf Unterlassung markenrechtlicher
Verletzungshandlungen.
bb) Das Berufungsgericht hat die im Teledienstegesetz
geregelte Haftungsprivilegierung schon deshalb nicht für anwendbar
gehalten, weil die nach dem Markengesetz gegebene Verantwortlichkeit auf
einer europarechtlichen Vorgabe beruhe, die durch das Teledienstegesetz
nicht habe außer Kraft gesetzt werden können. Dem kann schon für die
Bestimmung des § 5 TDG a.F. nicht beigetreten werden, und zwar bereits
deshalb nicht, weil die Markenrechtsrichtlinie nichts über die Störerhaftung
besagt (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., vor §§ 14-19 Rdn. 35
u. 43; Jacobs, Festschrift für Erdmann, 2002, S. 327, 330; Wiebe, CR
2002, 50; Hoeren, MMR 2002, 113; ferner OLG Düsseldorf WRP 2004, 631, 633
f. - Rolex/ebay). Für das neue Recht der §§ 8 bis 11 TDG ist darüber
hinaus festzustellen, dass das darin enthaltene Haftungsprivileg auf der
Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr beruht.
cc) Nach dem vom Berufungsgericht als unstreitig
angesehenen Parteivorbringen handelt es sich bei den
Angebotsbeschreibungen eines Anbieters, der sich der Plattform der
Beklagten für Fremdversteigerungen bedient, nicht um eigene Informationen
der Beklagten, die sie zur Nutzung durch Dritte bereithält und für die
sie gemäß § 8 Abs. 1 TDG "nach den allgemeinen Gesetzen
verantwortlich ist". Vielmehr sind dies fremde Informationen i.S. des
§ 11 Satz 1 TDG, für die die Beklagte nur unter den dort genannten
Voraussetzungen verantwortlich ist. Denn nach den vom Berufungsgericht
rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen werden die Angebote der
Versteigerer in einem automatischen Verfahren ins Internet gestellt; eine
Prüfung durch die Beklagte, die dazu führen könnte, dass sie sich die
Inhalte zu eigen macht, findet nicht statt (so auch OLG Düsseldorf, Urt.
v. 26.2.2004 - I-20 U 204/02, Umdruck S. 15; Ehret, CR 2003, 754,
758; a.A. wohl Hoeren, MMR 2002, 113 f. u. 115).
dd) Wie sich aus dem Gesamtzusammenhang der gesetzlichen
Regelung ergibt, findet die Haftungsprivilegierung des § 11 TDG n.F.
indessen keine Anwendung auf Unterlassungsansprüche. Dies kommt im
Wortlaut des § 11 Satz 1 TDG nur insofern zum Ausdruck, dass dort von der
Verantwortlichkeit des Diensteanbieters die Rede ist. Damit ist lediglich
die strafrechtliche Verantwortlichkeit und die Schadensersatzhaftung
angesprochen. § 11 TDG besagt indessen nichts darüber, ob ein
Diensteanbieter nach den allgemeinen deliktsrechtlichen Maßstäben oder
als Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann, wenn eine
Veröffentlichung in dem von ihm betriebenen Dienst die (Marken-)Rechte
eines Dritten verletzt (vgl. Lehment, WRP 2003, 1058, 1063; Spindler/Volkmann,
WRP 2003, 1, 3; Hoeren, MMR 2002, 113; a.A. Ehret, CR 2003, 754, 759 f.).
dass das Haftungsprivileg des § 11 Satz 1 TDG
Unterlassungsansprüche nicht berührt, wird auch durch die Bestimmung des
§ 8 Abs. 2 TDG nahegelegt. Dort heißt es einerseits in Satz 1, dass
"Diensteanbieter i.S. der §§ 9 bis 11 ... nicht verpflichtet
(sind), die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu
überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit
hinweisen". In Satz 2 wird dann jedoch klargestellt, dass
"Verpflichtungen zur Entfernung oder Sperrung der Nutzung von
Informationen nach den allgemeinen Gesetzen ... auch im Falle der
Nichtverantwortlichkeit des Diensteanbieters nach den §§ 9 bis 11 unberührt
(bleiben)". § 8 Abs. 2 Satz 2 TDG ist auf alle Diensteanbieter nach
§§ 9 bis 11 TDG anwendbar (Freytag in Moritz/Dreier, Rechts-Handbuch zum
E-Commerce, 2002, Rdn. D 116 u. 122).
Die Regelung des deutschen Gesetzgebers in § 8 Abs. 2
Satz 2 TDG deckt sich insofern mit Art. 14 der Richtlinie 2000/31/EG über
den elektronischen Geschäftsverkehr (vgl. die Begründung des Entwurfs
eines Gesetzes über die rechtlichen Rahmenbedingungen für den
elektronischen Geschäftsverkehr - EGG -, BT-Drucks. 14/6098, S. 23). Die
Bestimmung des Art. 14 der Richtlinie 2000/31/EG betrifft das Hosting,
also einen Dienst zur Speicherung fremder Inhalte. Nach der Regelung in
Absatz 1, die der deutsche Gesetzgeber durch § 11 TDG umgesetzt hat, müssen
die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass der Diensteanbieter in einem
solchen Fall "nicht für die von einem Nutzer gespeicherten
Informationen verantwortlich ist", wenn er "keine tatsächliche
Kenntnis von der rechtswidrigen Tätigkeit oder Information (hat)"
oder nach Erlangung der Kenntnis "unverzüglich tätig (wird), um die
Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren". Absatz 3
macht jedoch deutlich, dass Unterlassungsansprüche von diesem Privileg
nicht erfaßt zu sein brauchen (vgl. dazu auch Erwägungsgrund 46 der
Richtlinie). Dort heißt es:
Dieser Artikel läßt die Möglichkeit unberührt, dass
ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde nach den Rechtssystemen der
Mitgliedstaaten vom Diensteanbieter verlangt, die Rechtsverletzung
abzustellen oder zu verhindern, oder dass die Mitgliedstaaten Verfahren für
die Entfernung einer Information oder die Sperrung des Zugangs zu ihr
festlegen.
dass Unterlassungsansprüche von dem Haftungsprivileg
ausgenommen sind oder ausgenommen sein können, erklärt auch, weswegen
Art. 14 Abs. 1 lit. a der Richtlinie und ihm folgend § 11 Satz 1 Nr. 1
Alt. 2 TDG n.F. für Schadensersatzansprüche geringere Anforderungen
stellt als für die Verantwortlichkeit im übrigen: Eine
Schadensersatzhaftung dürfen die Mitgliedstaaten bereits dann vorsehen,
wenn der Diensteanbieter zwar keine Kenntnis von der rechtswidrigen Tätigkeit
oder Information hat, wenn ihm aber Tatsachen oder Umstände bekannt sind,
"aus denen die rechtswidrige Handlung oder Information offensichtlich
wird". Wäre auch der Unterlassungsanspruch von der
Haftungsprivilegierung in Art. 14 der Richtlinie und § 11 Satz 1 Nr. 1
Alt. 1 TDG n.F. erfaßt, hätte dies die schwer verständliche Folge, dass
an den Unterlassungsanspruch höhere Anforderungen gestellt wären als an
den Schadensersatzanspruch.
ee) In seiner bis zum 20. Dezember 2001 geltenden
Fassung enthielt das Teledienstegesetz in § 5 Abs. 4 eine Bestimmung, aus
der ebenfalls geschlossen werden musste, dass Unterlassungsansprüche von
der Regelung des § 5 Abs. 1 bis 3 TDG a.F. unberührt bleiben sollten.
Dort war bestimmt, dass "Verpflichtungen zur Sperrung der Nutzung
rechtswidriger Inhalte nach den allgemeinen Gesetzen ... unberührt
(bleiben), wenn der Diensteanbieter unter Wahrung des
Fernmeldegeheimnisses gemäß § 85 des Telekommunikationsgesetzes von
diesen Inhalten Kenntnis erlangt und eine Sperrung technisch möglich und
zumutbar ist". Die Begründung des Gesetzentwurfs, auf den diese
Bestimmung zurückgeht, hatte hierzu klargestellt, dass "die
objektiven, d.h. keine Schuld voraussetzenden Verpflichtungen der
Diensteanbieter zur Unterlassung von Rechtsgutverletzungen für alle
Diensteangebote" von der Regelung in § 5 Abs. 1 bis 3, die die
strafrechtliche und deliktische Verantwortlichkeit der Diensteanbieter für
eigenes Verschulden betreffe, "unberührt bleiben sollen"
(BT-Drucks. 13/7385, S. 20 f.; vgl. auch Spindler in Hoeren/Sieber,
Handbuch Multimedia-Recht, Stand: Feb. 2004, Kap. 29 Rdn. 145 u. 155 m.w.N.;
ders. in Roßnagel, Recht der Multimedia-Dienste, Stand: Dez. 2003, § 5
TDG Rdn. 140a f.; ders., NJW 1997, 3193, 3195 Fn. 25). Der zum alten Recht
teilweise vertretenen Auffassung, der Verweis auf die allgemeinen
Unterlassungspflichten gelte nur für Zugangsdienste (sog. Access
Provider, § 5 Abs. 3 TDG a.F.), nicht dagegen für Diensteanbieter nach
§ 5 Abs. 2 TDG a.F. (sog. Host Service Provider), die fremde Inhalte zur
Nutzung bereithalten (Sieber, Verantwortlichkeit im Internet, 1999, Rdn.
382 f.; Freytag, Haftung im Netz, 1999, S. 147 ff., 156; ders., ZUM 1999,
185, 188), kann in Anbetracht des nicht einschränkenden Wortlauts von §
5 Abs. 4 TDG a.F. nicht beigetreten werden.
b) Die Beklagte haftet indessen nicht aufgrund einer
selbst von ihr begangenen Markenverletzung.
Es kommt jedoch eine Haftung der Beklagten als Störerin
in Betracht.
aa) Dadurch, dass die Beklagte den Anbietern ihre
Plattform für Fremdversteigerungen zur Verfügung gestellt hat und dort
Angebote veröffentlicht worden sind, durch die die Markenrechte der Klägerinnen
verletzt wurden, hat die Beklagte selbst keine Markenverletzung begangen.
Auch eine Haftung als Teilnehmerin an der Markenverletzung des jeweiligen
Anbieters scheidet im Streitfall aus.
(1) Allerdings sind nach dem revisionsrechtlich zu
unterstellenden Sachverhalt in den fraglichen Angeboten klare
Markenverletzungen der Anbieter der Uhren zu sehen.
Zu der Frage, ob die Anbieter im geschäftlichen Verkehr
gehandelt haben, hat das Berufungsgericht keine abschließenden
Feststellungen getroffen, so dass zugunsten der Klägerinnen als
Revisionsführer von einem Handeln im geschäftlichen Verkehr ausgegangen
werden muss. Dabei ist zu berücksichtigen, dass an dieses Merkmal keine
hohen Anforderungen zu stellen sind. Auch derjenige, der nur Gegenstände
in einer Internetauktion erwirbt, um sie mit Gewinn weiterzuveräußern,
handelt im geschäftlichen Verkehr (vgl. LG Berlin CR 2002, 371, 372 mit
Anm. Leible/Sosnitza; Ingerl/Rohnke aaO § 14 Rdn. 49). Im übrigen deutet
das häufige Auftreten mancher Anbieter als Versteigerer (im Verkäuferprofil
- einer Rubrik des Angebots - sind bis zu 59 "Feedbacks", also Käuferreaktionen
nach früheren Auktionen dieses Anbieters zu verzeichnen) auf eine geschäftliche
Tätigkeit hin.
In den fraglichen Angeboten werden Uhren, also Waren,
die mit denen identisch sind, die durch die Klagezeichen erfasst werden,
unter Zeichen angeboten, die mit den Klagemarken identisch sind. Damit
liegt eine Markenverletzung nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 Nr. 2
MarkenG vor, ohne dass es auf die Frage einer Verwechslungsgefahr ankäme.
Eine Verwechslungsgefahr wird im übrigen - entgegen der Auffassung des
Berufungsgerichts - auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die
angebotenen Waren als "Replika" oder "Nachbildung"
bezeichnet worden sind. Denn auch nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG kommt es
grundsätzlich nicht auf eine konkrete Verkaufssituation an, in der eine
an sich vorhandene Verwechslungsgefahr durch aufklärende Hinweise oder
auf andere Weise - etwa durch den niedrigen Preis - ausgeräumt werden
kann, sondern auf die abstrakte Gefahr der Verwechslung der beiden Zeichen
(vgl. EuGH, Urt. v. 12.11.2002 - Rs. C-206/01, Slg. 2002, I-10273 Tz. 57 =
GRUR Int. 2003, 229 - Arsenal Football Club plc/Reed; ferner Fezer,
Markenrecht, 3. Aufl., § 14 MarkenG Rdn. 75 m.w.N.; Ingerl/Rohnke aaO §
14 Rdn. 225 u. 171; Leible/Sosnitza, CR 2002, 372 f.).
(2) Die Beklagte erfüllt durch ihre Tätigkeit nicht
die Merkmale einer Markenverletzung nach § 14 Abs. 3 oder 4
MarkenG, weil sie selbst die gefälschte Ware nicht anbietet oder in
Verkehr bringt und die Klagemarken auch nicht in der Werbung benutzt (§
14 Abs. 3 Nr. 2 und 5 MarkenG). Auch eine Tätigkeit als Teilnehmerin an
der Markenverletzung der Anbieter scheidet aus, weil die hier allein in
Betracht zu ziehende Gehilfenstellung zumindest einen bedingten Vorsatz
voraussetzt, der das Bewußtsein der Rechtswidrigkeit einschließen muss
(vgl. BGHZ 42, 118, 122 f.; 70, 277, 285 f.; 148, 13, 17 - ambiente.de; MünchKomm.BGB/Wagner,
4. Aufl., § 830 Rdn. 23; Spindler in Bamberger/Roth, BGB, § 830 Rdn.
11). Da die Beklagte die Angebote nach den Feststellungen des
Berufungsgerichts vor Veröffentlichung nicht zur Kenntnis nimmt, sie
vielmehr im Rahmen des Registrierungsverfahrens automatisch durch den
Anbieter ins Internet gestellt werden, scheidet eine (vorsätzliche)
Teilnahme der Beklagten aus. Dabei kann offenbleiben, ob eine
Gehilfenstellung dann ich Betracht zu ziehen ist, wenn die Pflichten, die
sich aus der Stellung der Beklagten als Störerin ergeben, nachhaltig
verletzt werden.
bb) Ungeachtet des Umstands, dass die Beklagte als Täterin
oder Teilnehmerin einer Markenverletzung nicht in Betracht kommt, ist ihre
Haftung als Störerin nach dem im Revisionsverfahren zu unterstellenden
Sachverhalt begründet.
(1) Mit Recht ist das Berufungsgericht davon
ausgegangen, dass derjenige, der - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in
irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur
Verletzung eines geschützten Gutes beiträgt, als Störer für eine
Schutzrechtsverletzung auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann
(vgl. BGHZ 148, 13, 17 - ambiente.de; BGH, Urt. v. 18.10.2001 - l ZR
22/99, GRUR 2002, 618, 619 = WRP 2002, 532 - Meißner Dekor, m.w.N.).
Soweit in der neueren Rechtsprechung eine gewisse Zurückhaltung gegenüber
dem Institut der Störerhaftung zum Ausdruck kommt und erwogen wird, die
Passivlegitimation für den Unterlassungsanspruch allein nach den
deliktsrechtlichen Kategorien der Täterschaft und Teilnahme zu begründen
(vgl. BGHZ 155, 189, 194 f. - Buchpreisbindung; BGH, Urt. v. 15.5.2003 - I
ZR 292/00, GRUR 2003, 969, 970 = WRP 2003, 1350 - Ausschreibung von
Vermessungsleistungen, m.w.N.), betrifft dies Fälle des
Verhaltensunrechts, in denen keine Verletzung eines absoluten Rechts in
Rede steht. Im Falle der Verletzung von
Immaterialgüterrechten, die als absolute Rechte auch nach § 823 Abs. 1,
§ 1004 BGB Schutz genießen, sind die Grundsätze der Störerhaftung
uneingeschränkt anzuwenden.
(2) Weil die Störerhaftung aber nicht über Gebühr auf
Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung
vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers die Verletzung
von Prüfungspflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich
danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den
Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH, Urt. v. 10.10.1996 - l
ZR 129/94, GRUR 1997, 313, 315 f. = WRP 1997, 325 - Architektenwettbewerb;
Urt. v. 30.6.1994 - l ZR 40/92, GRUR 1994, 841, 842 f. = WRP 1994, 739 -
Suchwort; Urt. v. 15.10.1998 - l ZR 120/96, GRUR 1999, 418, 419 f. = WRP
1999, 211 - Möbelklassiker; BGHZ 148, 13, 17 f. - ambiente.de, jeweils
m.w.N.).
Einem Unternehmen, das - wie die Beklagte - im Internet
eine Plattform für Fremdversteigerungen betreibt, ist es nicht
zuzumuten, jedes Angebot vor Veröffentlichung im Internet auf eine mögliche
Rechtsverletzung hin zu untersuchen. Eine solche Obliegenheit würde
das gesamte Geschäftsmodell in Frage
stellen (vgl. Erwägungsgrund 42 der Richtlinie 2000/31/EG über den
elektronischen Geschäftsverkehr). Sie entspräche auch nicht den Grundsätzen,
nach denen Unternehmen sonst für Rechtsverletzungen haften, zu denen es
auf einem von ihnen eröffneten Marktplatz - etwa in den Anzeigenrubriken
einer Zeitung oder im Rahmen einer Verkaufsmesse - kommt. Andererseits ist
zu bedenken, dass die Beklagte durch die ihr geschuldete Provision an dem
Verkauf der Piraterieware beteiligt ist. Unter diesen Umständen kommt dem
Interesse der Beklagten an einem möglichst kostengünstigen und
reibungslosen Ablauf ihres Geschäftsbetriebs ein geringeres Gewicht zu
als beispielsweise dem Interesse der Registrierungsstelle für Domainnamen
an einer möglichst schnellen und preiswerten Domainvergabe (vgl. BGHZ
148, 13, 20 f. - ambiente.de; BGH, Urt. v. 19.2.2004 - l ZR 82/01, GRUR
2004, 619, 621 = WRP 2004, 769 - kurt-biedenkopf.de). Dies bedeutet, dass
die Beklagte immer dann, wenn sie auf eine klare Rechtsverletzung
hingewiesen worden ist, nicht nur das konkrete
Angebot unverzüglich sperren muss (§ 11 Satz 1 Nr. 2 TDG n.F.),
sie muss vielmehr auch Vorsorge treffen, dass es
möglichst nicht zu weiteren derartigen Markenverletzungen
kommt. Im Streitfall beispielsweise ist es nach dem revisionsrechtlich zu
unterstellenden Sachverhalt zu mehreren klar erkennbaren
Markenverletzungen gekommen. Die Beklagte muss diese Fälle zum Anlasss
nehmen, Angebote von Rolex-Uhren einer besonderen
Prüfung zu unterziehen. Welche technischen Möglichkeiten ihr
hierbei zu Gebote stehen, ist zwischen den Parteien streitig. Möglicherweise
kann sich die Beklagte hierbei einer Software
bedienen, die entsprechende Verdachtsfälle aufdeckt, wobei Anknüpfungspunkt
für den Verdacht sowohl der niedrige Preis als auch die Hinweise auf
Nachbildungen sein können (vgl. Lehment, WRP 2003, 1058, 1061). Auch im
Falle einer Verurteilung zur Unterlassung wäre die Beklagte für
Zuwiderhandlungen nur haftbar zu machen, wenn sie ein Verschulden trifft (§
890 ZPO). Für Markenverletzungen, die sie in dem vorgezogenen Filterverfahren
nicht erkennen kann (weil beispielsweise eine gefälschte Rolex-Uhr zu
einem für ein Original angemessenen Preis ohne Hinweis auf den Fälschungscharakter
angeboten wird) träfe sie kein Verschulden.
3. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht
angenommen, dass eine Haftung der Beklagten auf
Schadensersatz nicht in Betracht kommt. Wie bereits dargelegt,
ist die Beklagte weder Täterin noch Teilnehmerin einer Markenverletzung.
Eine mögliche Störerhaftung würde dagegen lediglich einen
Unterlassungsanspruch, niemals dagegen einen Schadensersatzanspruch eröffnen
(BGH GRUR 2002, 618, 619 - Meißner Dekor). Auf die Frage der
Haftungsprivilegierung hinsichtlich eines Schadensersatzanspruchs nach §
5 TDG a.F. für die in der Vergangenheit liegenden Verletzungshandlungen
kommt es unter diesen Umständen nicht an.
III. Danach kann das Berufungsurteil insoweit keinen
Bestand haben, als die Klage auch mit dem Unterlassungsantrag abgewiesen
worden ist. Unbegründet ist die Revision der Klägerinnen indessen
insoweit, als die Klage mit dem Auskunfts- und
Schadensersatzfeststellungsantrag abgewiesen worden ist.
Hinsichtlich des Unterlassungsantrags ist dem Senat eine
abschließende Entscheidung verwehrt. Das Berufungsgericht hat bislang -
aus seiner Sicht folgerichtig - noch keine Feststellungen dazu getroffen,
ob in den beanstandeten Fällen die Versteigerer im geschäftlichen
Verkehr tätig geworden sind (§ 14 Abs. 2 MarkenG). Dies wird nachzuholen
sein, weil die Störerhaftung nur in Betracht kommt, wenn die Beklagte an
einer Markenrechtsverletzung mitgewirkt hat. Auch wenn die Beklagte selbst
im geschäftlichen Verkehr handelt, könnte die Mitwirkung an einem
privaten, nicht-markenverletzenden Angebot einer gefälschten Rolex-Uhr
die Störerhaftung nicht auslösen. Soweit die Parteien zur Frage des
Handelns im geschäftlichen Verkehr noch ergänzend vortragen, ist darauf
hinzuweisen, dass die Klägerinnen sich lediglich auf die veröffentlichten
Angebote stützen können. Soweit die Beklagte ein Handeln der Anbieter im
geschäftlichen Verkehr in Abrede stellt, muss sie hierzu substantiiert
vortragen. |