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Wer im Rahmen eines
Web-Hosting-Vertrags eine eigene Domain registrieren lassen will,
lässt den Provider als Vertreter gegenüber der DENIC e. g. handeln. Der Vertrag besteht
also zwischen dem Kunden und der DENIC, die Internet Domains unterhalb der deutschen
Top-Level Domain.de. registriert.
Im Einzelnen dazu Registrierungsbedingungen
und -richtlinien der DENIC
Zur Frage, welche Kriterien für die Zulässigkeit von Domains gelten - click icon.
Was ist eigentlich ein Dispute-Eintrag?
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Kein
Auskunftsanspruch gegen den Provider bei Urheberrechtsverletzungen
OLG Frankfurt vom 21.12.2004 - 11 U 51/04
Auszüge aus der
Entscheidung: Die Verfügungsklägerin (künftig: Klägerin)
nimmt die Verfügungsbeklagte (künftig: Beklagte) im Wege der
einstweiligen Verfügung auf Auskunft gemäß § 101 a Abs. 1 und 3 UrhG
in Anspruch. Die Klägerin ist ein großes deutsches Tonträgerunternehmen.
Die Beklagte betätigt sich als Internetprovider. Die Beklagte stellt
einen ihrer Breitband-Hochgeschwindigkeits-Internetzugänge einem Nutzer
zur Verfügung, der einen ftp-Server unter der Internetadresse betreibt
und dort mp3-Musikdateien zum Download zur Verfügung stellt, ohne dazu
berechtigt zu sein. Der Download einer solchen Musikdatei erfolgt
dergestalt, dass zunächst zwischen dem ftp-Server und dem Internet eine
Verbindung hergestellt wird, indem der Kunde sich gegenüber der Beklagten
durch seine Benutzerkennung identifiziert und ihm dann durch die Beklagte
automatisch eine individuelle Kennung, die sog. IP-Nummer, zugeteilt wird.
Die Verbindung zwischen dem ftp-Server und einem Suchenden erfolgt
dergestalt, dass der Suchende durch Eingabe der entsprechenden
Verbindungsdaten eine unmittelbare Verbindung zwischen dem ftp-Server und
seinem Computer herstellt, um auf die auf dem ftp-Server abgespeicherten
Daten zugreifen und diese herunterladen zu können. Eine
Zwischenspeicherung durch die Beklagte findet nicht statt. Die Klägerin,
die behauptet, auf dem ftp-Server würden auch solche Musiktitel zum
Download bereitgestellt, an denen sie die Tonträgerherstellerrechte
besitze, hat mit Schreiben vom 13.05.2004 Auskunft über die Identität
des Nutzers gefordert. Die Beklagte hat eine Auskunftserteilung mit
Schreiben vom 21.05.2004 unter Hinweis auf das bestehende Datenschutzrecht
abgelehnt.
Das Landgericht hat der Beklagten durch
einstweilige Verfügung vom 7.6.2004 aufgegeben, der Klägerin Name und
Anschrift des unbekannten Nutzers mitzuteilen. Auf den Widerspruch der
Beklagten hat es den Beschluss mit Urteil vom 5.8.2004 im Wesentlichen
bestätigt. Es hat gemeint, § 101 a UrhG sei auf Auskunftsansprüche
wegen Urheberrechtsverletzungen durch unkörperliche Vervielfältigungsstücke
wie mp3Dateien jedenfalls entsprechend anwendbar. Die Beklagte hafte als
Störer, weil sie einen adäquat- kausalen Beitrag zu der
Verletzungshandlung, die in dem Angebot zum Download der Musiktitel liege,
geleistet habe. Die für Internetprovider durch das Teledienstegesetz (TDG)
in bestimmten Situationen eröffneten Haftungsprivilegien stünden dem
Auskunftsanspruch nicht entgegen. Wegen der weitergehenden Einzelheiten
wird auf das Urteil vom 5.8.2004 Bezug genommen. Hiergegen richtet sich
die zulässige Berufung der Beklagten. Sie hält den Antrag auf Erlass
einer einstweiligen Verfügung schon für unzulässig, weil eine missbräuchliche
Prozessführungsbefugnis aufgrund Mehrfachverfolgung vorliege. Im Übrigen
fehle es sowohl an einem Verfügungsgrund als auch an einem Verfügungsanspruch.
Die Beklagte bestreitet die Rechteinhaberschaft der Klägerin. Die
vorgelegte eidesstattliche Versicherung ihres Justitiars sei nicht
geeignet, die erforderliche Rechtekette glaubhaft zu machen, weil sie sich
in einer bloßen Aufzählung der angeblich erworbenen Rechte erschöpfe.
Die Beklagte bestreitet auch, dass es sich bei den in Rede stehenden, zum
Download angebotenen Dateien um die streitgegenständlichen Musiktitel
handele. § 101 a UrhG sei, so meint die Beklagte, weder direkt noch
analog anwendbar. Sie sei als Accessprovider kein Rechteverletzer im Sinne
von § 101 a UrhG. Die Haftungsprivilegierung gem. § 9 TDG schließe
einen Anspruch gem. § 101 a UrhG gegen sie im Übrigen von vornherein
aus. Die Erzwingung der Auskunftserteilung sei unverhältnismäßig. Der
begehrten Auskunftserteilung stünden im Übrigen das Fernmeldegeheimnis
sowie datenschutzrechtliche Bestimmungen entgegen. Die Beklagte beantragt:
Das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 5. August 2004 sowie die
einstweilige Verfügung vom 7. Juni 2004 (Az. 2/3 O 297/04) werden
aufgehoben. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 3.
Juni 2004 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin beantragt,
Die Klägerin hält die Beklagte als
Verletzerin im Sinne von § 101 a UrhG für zur Auskunftserteilung
verpflichtet. § 101 a UrhG sei auf unkörperliche Vervielfältigungsstücke
direkt, jedenfalls aber entsprechend anwendbar. Für den Auskunftsanspruch
sei weder Verschulden noch Rechtswidrigkeit erforderlich. Ein
Diensteanbieter, der auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen werde,
sei verpflichtet, das konkrete Angebot zu sperren und Vorsorge dafür zu
treffen, dass es nicht zu weiteren derartigen Rechtsverletzungen komme. §
8 Abs. 2 Satz 2 TDG stelle klar, dass die Beklagte unabhängig von ihrer
Verantwortlichkeit nach den §§ 9 11 TDG nach den allgemeinen Gesetzen
immer und in jedem Fall zur Entfernung oder Sperrung rechtswidriger
Inhalte und damit erst recht zur Auskunftserteilung verpflichtet sei. Sämtliche
von dem illegalen ftp Server verwendeten IP Nummern stammten von der
Beklagten, die die einzige Verbindung des Servers mit dem Internet
herstelle und deshalb funktional als Host-Provider tätig sei. Auf eine
Haftungsprivilegierung gem. § 9 TDG könne sich die Beklagte nicht
berufen. Für die Abgrenzung zwischen einem Host und einem Access-Provider
komme es allein auf die technische Herrschaftsmacht an. Der Beklagten sei
es möglich und zumutbar, den Zugang zu diesem Inhalt wirksam zu
kontrollieren und zu sperren. Da die Beklagte die erforderliche Kenntnis
habe, aber der Zugang zu den fraglichen Inhalten bis heute nicht gesperrt
sei, hafte sie voll gem. § 11 TDG. Eine Einschränkung der Störerhaftung
komme nicht in Betracht. Die Beklagte liefere nicht lediglich einen
relativ kleinen Beitrag zur Verletzungshandlung. Sie nutze die illegale
Nutzung ihrer Hochgeschwindigkeitszugänge vielmehr zur Steigerung ihrer
eigenen Umsätze, wie ihre Werbung mit der Möglichkeit des Herunterladens
von Musik zeige. Da die von der Beklagten bereit gestellten Zugänge mit
deren Wissen und Wollen zu einem erheblichen Teil zu illegalen Zwecken
genutzt würden, nehme sie die Rechtsverletzungen ihrer Kunden zumindest
billigend in Kauf und handele bedingt vorsätzlich. Auf die Verletzung von
Prüfungspflichten komme es daher nicht an. Für die Passivlegitimation
der Beklagten im Sinne von § 101 a UrhG genüge allein die tatsächliche
Beteiligung an der allein maßgeblichen Rechtsverletzung des Betreibers
des ftp Servers...
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Providerhaftung >>
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II. Die Berufung hat Erfolg. Sie führt zur
Aufhebung der vom Landgericht erlassenen einstweiligen Verfügung und zur
Zurückweisung des Eilantrags. Der Klägerin steht kein Auskunftsanspruch
gemäß § 101 a Abs.1 und 3 UrhG gegen die Beklagte zu.
1. ) Allerdings scheitert der Antrag
nicht bereits wie die Beklagte meint - an der fehlenden Zulässigkeit
wegen missbräuchlicher Rechtsverfolgung. Die missbräuchliche Ausnutzung
einer an sich bestehenden Klagebefugnis ist ein Ausnahmetatbestand, an
dessen Vorliegen hohe Anforderungen zu stellen sind.
Dass die Klägerin
Mitglied der International Federation of the Phonographic Industry (IFPI)
ist und auch andere Mitglieder in vergleichbaren Fällen wegen
Auskunftserteilung gem. § 101 a UrhG gegen die Beklagte vorgehen, macht
das Auskunftsersuchen der Klägerin nicht rechtsmissbräuchlich. Die Klägerin
verfolgt einen eigenen Anspruch, wozu sie grundsätzlich berechtigt ist,
ohne dass ihr die Mitgliedschaft in einer Vereinigung entgegengehalten
werden kann. Sie verfolgt auch nicht etwa in erster Linie ein Gebühreninteresse
oder bezweckt absichtlich eine Schädigung oder Behinderung der Beklagten.
Die Klägerin hat erkennbar ein ernsthaftes Rechtsschutzinteresse an der
Durchsetzung des Auskunftsanspruchs, da ihr erhebliche Schäden durch
Verletzungshandlungen entstehen können und sie bei Kenntnis des
Verletzers unmittelbar gegen diesen vorgehen könnte. Angesichts der als
offen zu bezeichnenden Rechtslage wäre es auch nicht zu beanstanden, wenn
andere Mitglieder der IFPI, die an einer Klärung der Rechtslage ebenfalls
interessiert sind, hierzu Anträge bei verschiedenen Gerichten eingereicht
haben.
2.) Ob die Klägerin einen Verfügungsgrund
und ihre Berechtigung als Tonträgerhersteller an den hier in Rede
stehenden Musiktiteln ausreichend glaubhaft gemacht hat, kann 9 der Senat
offen lassen. Denn jedenfalls fehlt es an einem Verfügungsanspruch der Klägerin.
3.) Gem. § 101 a UrhG kann, wer durch
die Herstellung oder Verbreitung von Vervielfältigungsstücken das
Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht
verletzt, vom Verletzten auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft
und den Vertriebsweg dieser Vervielfältigungsstücke in Anspruch genommen
werden. Ob § 101 a UrhG bei der Herstellung unkörperlicher Vervielfältigungsstücke
zumindest entsprechend anzuwenden ist ( hierzu etwa Dreier/Schulze, UrhG,
§ 101 a Rn. 7 mwN.) kann für die Entscheidung dieses Verfahrens
dahingestellt bleiben, weil die Beklagte jedenfalls nicht
passivlegitimiert ist. Auch wenn § 101 a UrhG unmittelbar oder mittelbar
auf unkörperliche Vervielfältigungstücke anwendbar wäre und sich der
Auskunftsanspruch aus § 101 a UrhG gegebenenfalls auf
Verletzungshandlungen nach § 19 a UrhG erstrecken würde ( so Dreier/
Schulze a.a.O.Rn. 7) erfüllt die Beklagte vorliegend die Merkmale einer
Verletzungshandlung nach diesen Bestimmungen nicht. Zur Auskunft
verpflichtet ist nach § 101 a UrhG nur, wer ein fremdes Urheber- oder
Leistungsschutzrecht verletzt. Verletzer ist, wer die Rechtsverletzung als
Täter entweder selbst adäquat-kausal begeht oder daran als Teilnehmer
(Anstifter, Gehilfe) beteiligt ist. Täter ist darüber hinaus derjenige,
der eine unbefugte Nutzungshandlung zwar nicht selbst vorgenommen hat, dem
diese jedoch als eigene zugerechnet wird, weil er sie veranlasst hat (
Dreier/Schulze aaO. § 97 Rn. 23 ). Die Verletzung setzt tatbestandsmäßiges
Verhalten und Rechtswidrigkeit voraus (Loewenheim/Vinck, Handbuch des
Urheberrechts, §81 Rn. 14; Dreier/Schulze aaO. Rn. 6). Ersichtlich stellt
die Beklagte weder Vervielfältigungsstücke her, noch bietet sie solche
an, bringt sie in den Verkehr oder macht sie der Öffentlichkeit zugänglich.
Als Access- Provider stellt die Beklagte unstreitig lediglich Verbindungen
zu einem Kommunikationsnetz her und macht das Werk damit nicht selbst zugänglich
( Kitz, GRUR 03, 1014, 1015). Auch die Klägerin behauptet nicht, dass die
Beklagte selbst als Täter in Betracht kommt. Auch eine Tätigkeit als
Teilnehmerin der Urheberrechtsverletzung eines Dritten scheidet aus, weil
die hier allein in Betracht zu ziehende Gehilfenstellung zumindest einen
bedingten Vorsatz voraussetzt, der das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit
einschließen muss (BGHZ 148, 13 Ambiente.de). Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Beklagte bis zum
Auskunftsverlangen der Klägerin überhaupt Kenntnis von der illegalen
Nutzung des Servers hatte. In Betracht kommt daher in erster Linie wie das
Landgericht im Ansatz zutreffend gemeint hat -, eine mögliche Haftung der
Beklagten als Störer. Wer ohne Täter oder Teilnehmer zu sein in
irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung eines
geschützten Rechtsguts beiträgt, kann als Störer für eine
Schutzrechtsverletzung auf Unterlassung in Anspruch genommen werden (BGHZ
148, 13, 17 Ambiente. de; BGH GRUR 02, 618 Meissner Dekor). Zwar setzt wie
schon das Landgericht ausgeführt hat, - die Haftung als Störer nach der
neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Verletzung von Prüfungspflichten
voraus, damit die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt
wird, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen
haben. Eine derartige Prüfungs- bzw. Kontrollpflicht könnte die Beklagte
hier aber ab dem Zeitpunkt der Abmahnung durch die Klägerin und der
Kenntniserlangung von der Übermittlung urheberrechtsverletzender Inhalte
haben. Als Access-Provider ist die Beklagte allerdings gem. § 9 Abs. 1
TDG für fremde Informationen grundsätzlich nicht verantwortlich und nicht verpflichtet, die von ihr übermittelten
oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu
forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen ( § 8 Abs. 2
Satz 1 TDG). Der lediglich den Zugang zu fremden Informationen eröffnende
Access-Provider haftet nicht, wenn er die Übermittlung nicht veranlasst,
den Adressaten nicht ausgewählt und die übermittelten Informationen
weder ausgewählt noch verändert hat. Unberührt von
dieser Privilegierung der bloßen Durchleitung von Informationen bleibt
der Access-Provider gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 TDG zur Entfernung oder
Sperrung der Nutzung von Informationen nach den allgemeinen Gesetzen
verpflichtet, wenn er Kenntnis erlangt hat. Insoweit besteht ab
Kenntniserlangung die verschuldensunabhängige Störerhaftung, die einfa11
che positive Kenntnis vom Verstoß voraussetzt (Spindler a.a.O., § 9 Rn.
34 m.w.N.; v. Wolf aaO. Rn. 26; ). Die ab Kenntniserlangung bestehende Störerhaftung
begründet indes lediglich einen Unterlassungsanspruch, aber keine
Schadensersatz- und Auskunftsansprüche (BGH). Die Störerhaftung
findet ihre Grundlage nicht im Deliktsrecht, sondern in der Regelung über
die Besitz- und die Eigentumsstörung in § 862 und § 1004 BGB und
vermittelt daher nur Abwehransprüche (BGH a.a.O. m.w.N.). Für den
gesetzlich geregelten Anspruch auf Drittauskunft (§§ 19 Markengesetz,
101 a UrhG) gilt nichts anderes. Es handelt sich zwar um einen selbständigen,
nicht akzessorischen Anspruch, der nicht auf die Ermittlung des
Anspruchsinhalts gegenüber dem auf Auskunft in Anspruch genommenen
Verletzer gerichtet ist, sondern von diesem Informationen zur Vorbereitung
des Vorgehens gegen Dritte in Erfahrung zu bringen sucht. Der Anspruch
soll dem Verletzten die Aufdeckung und damit letztlich die Trockenlegung
der Quellen und Vertriebswege der bei einem Verletzer aufgefundenen
schutzrechtsverletzenden Ware ermöglichen (Dreier/Schulze a.a.O. § 101 a
Rn. 1). Er unterscheidet sich von einem allgemeinen, auf § 242 BGB gestützten
Auskunftsanspruch vor allem dadurch, dass es nicht auf ein Verschulden des
Auskunftspflichtigen ankommt. Es handelt sich aber letztlich ungeachtet
dieser Besonderheiten um die gesetzlich modifizierte Form des allgemeinen
aus § 242 BGB herzuleitenden Auskunftsanspruch. Das gilt insbesondere vom
Kreis der Auskunftspflichtigen. Der Auskunftsanspruch gem. § 101 a Abs. 1
UrhG richtet sich ausdrücklich nur gegen den Verletzer, also denjenigen,
der als Täter oder Teilnehmer am rechtswidrigen Eingriff in ein fremdes
Urheberrecht beteiligt ist. Deshalb kommt auch ein Anspruch auf
Drittauskunft gegenüber einem Störer nicht in Betracht, denn der Störer
haftet (nur) auf Unterlassung, ohne selbst Verletzer zu sein. Dieses Ergebnis stimmt nach Auffassung des Senats auch mit
der in §§ 9 ff TDG zum Ausdruck kommenden Privilegierung der Internet
Provider und insb. der Access Provider überein, die von einer Haftung für
fremde Inhalte weitgehend freigestellt werden sollen. Insoweit
unterscheidet sich die tatsächliche und rechtliche Situation des Internet
Providers erkennbar von dem Kreis der Auskunftspflichtigen, die § 101 a
UrhG in erster Linie erfassen will. Durch die Herstellung oder Vervielfältigung
körperlicher Werkstücke besteht eine unmittelbare Beziehung des
Verletzers zum Verletzungsgegenstand. Auch der Besitzer derartiger
unberechtigt produzierter Vervielfältigungsstücke meist ein Händler
kommt als Glied der Vertriebskette und innerhalb des Vertriebswegs
unmittelbar mit dem Verletzungsgegenstand in Berührung, weshalb ihm eine
Auskunft über den Vertriebsweg nach der Entscheidung des Gesetzgebers
grundsätzlich zumutbar ist. Eine vergleichbare Sachnähe besteht bei der
bloßen Durchleitung von Informationen zwischen dem Access-Provider und
dem illegalen Nutzer eines Servers nicht, was durchaus schon gegen eine
entsprechende Anwendung des § 101 a UrhG sprechen könnte.
4.) Dass sich die Beklagte vorsätzlich
zur Steigerung ihres Umsatzes an den illegalen Musikangeboten beteiligt
und deshalb als Teilnehmer haftet, lässt sich allein anhand ihrer Werbung
nicht feststellen. Im Hinblick auf die generelle Haftungsprivilegierung wären
an die Feststellung eines vorsätzlich rechtswidrigen Handelns eines
Access- Providers strenge Anforderungen zu stellen. Ob eine
Gehilfenstellung des Host Providers in Betracht zu ziehen wäre, wenn die
Pflichten, die sich aus der Stellung als Störer ergeben, nachhaltig
verletzt werden, hat der BGH in der erwähnten Entscheidung (Internet-
Versteigerung a.a.O.) offen gelassen. Hinreichende Anhaltspunkte, die es
rechtfertigen könnten, von einer nachhaltigen Verletzung auszugehen, sind
auch hier nicht ersichtlich. Dafür reicht es nicht aus, dass die Beklagte
sich geweigert hat, gegenüber der Klägerin Auskunft zu erteilen. Die
Beklagte ist bisher soweit ersichtlich auch außergerichtlich - nicht zur
Sperrung aufgefordert worden. Dass sie bislang eine Sperrung nicht von
sich aus vorgenommen hat, lässt noch nicht auf eine nachhaltige
Verletzung ihrer Prüfungspflichten schließen.
5.) Jedenfalls kann unter diesen Umständen
nicht von einer offensichtlichen Rechtsverletzung im Sinne von § 101 a
Abs. 3 UrhG ausgegangen werden, zumal die Voraussetzungen, unter denen aus
einer Störerhaftung des Access-Providers eine Gehilfenstellung erwachsen
könnte, von der Rechtsprechung bislang noch weitgehend ungeklärt sind.
Die Klägerin ist durch die Ablehnung eines Auskunftsanspruchs nicht
rechtsschutzlos. Sie hätte ohne weiteres im Wege des Eilverfahrens einen
Unterlassungsantrag geltend machen können, der bei Glaubhaftmachung der
tatsächlichen Voraussetzungen gegen die Beklagte als Störer
voraussichtlich Erfolg gehabt hätte. Auch unter diesem Gesichtspunkt
erscheint dem Senat die analoge Anwendung des § 101 a UrhG auf Fälle der
hier zu beurteilenden Art jedenfalls zweifelhaft.
6. ) Da die Voraussetzungen für eine
Auskunftserteilung im Wege der einstweiligen Verfügung nicht gegeben
sind, war die einstweilige Verfügung vom 07.06.2004 aufzuheben und der
auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurückzuweisen. Die Kosten des
Eilverfahrens hat die Klägerin als unterlegene Partei zu tragen (§ 91
Abs. 1 ZPO).
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Wann haften Provider und
Betreiber von Internetforen?
|
Haftung von
Forenbetreibern
Der Kläger ist Mitbegründer und
Vorstandsvorsitzender eines Vereins, dessen satzungsmäßiger Zweck u. a.
die Bekämpfung von Kinderpornographie im Internet ist. Die Beklagte
betreibt ein Internetforum, das sich
mit sexuellem Missbrauch und Kinderpornographie beschäftigt. Der Kläger
hat die Beklagte auf Unterlassung der Verbreitung von zwei Beiträgen in
Anspruch genommen, durch die sich der Kläger in seiner Ehre verletzt
sieht. Diese Beiträge waren von Dritten jeweils unter einem Pseudonym
("Nickname") in das Forum eingestellt worden waren. Der Autor
eines der Beiträge ist den Parteien bekannt. Das Landgericht hat der
Klage im Wesentlichen stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Klage
hinsichtlich des Beitrags des den Parteien bekannten Verfassers
abgewiesen. Die Revision des Klägers führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.
Der Bundesgerichtshof (27. März 2007 -
VI ZR 101/06) hatte darüber zu entscheiden, ob und unter welchen Umständen
der Betreiber eines Internetforums vom Verletzten auf Unterlassung einer
ehrverletzenden Äußerung in Anspruch genommen werden kann, die ein
Dritter in das Forum eingestellt hat. Der Bundesgerichtshof hat
entschieden, dass die Verantwortlichkeit des Betreibers eines
Internetforums für dort eingestellte ehrverletzende Beiträge nicht
deshalb entfällt, weil dem Verletzten die Identität des Autors bekannt
ist. Gegen den Forumsbetreiber kann vielmehr ab Kenntniserlangung ein
Unterlassungsanspruch des Verletzten bestehen, unabhängig von dessen
Ansprüchen gegen den Autor des beanstandeten Beitrags.
Einem Unterlassungsanspruch gegen den
Betreiber des Forums steht auch nicht entgegen, dass der beanstandete
Beitrag in ein so genanntes Meinungsforum eingestellt worden ist. An einer
abschließenden Entscheidung war der Senat gehindert, weil der Inhalt des
zweiten Beitrags vom Tatrichter noch nicht gewürdigt worden war. |
Haftung von
Internetprovidern
Internetprovider haften nur dann für
den Inhalt fremder Webseiten, wenn sie deren Inhalt kannten. Die Nachweispflicht trifft
den Anspruchsteller, dass der - regelmäßig für die technische Speicherung zuständige -
Provider über den Inhalt der Netzseiten informiert war.
Der BGH wies in dieser Entscheidung eine
Schmerzensgeldklage ab, die sich auf die Inhalte einer Website von zwei Neonazis mit
rassistischen und antisemitischen Schimpftiraden sowie mit Morddrohungen bezog. Der
Kläger konnte nicht erfolgreich darlegen, dass der Provider von den Inhalten Kenntnis
hatte Bundesgerichtshof (BGH VI ZR 335/02 - v. 23.
September 2003).
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|
Schadensersatz
bei Webhosting-Verträgen
Das
Amtsgericht Charlottenburg zum Schadensersatz bei Webhosting-Verträgen -
Az.: 208 C 192/01 - 11.01.2002 (verkürzte Darstellung):
Der Kläger begehrt
Schadensersatz aus einem Webhosting-Vertrag. Die Beklagte ist bundesweit tätiger
Webhost (Verwalter von Internet-Inhalten). Sie bietet Internet-Dienstleistungen
an. Zur technischen Realisierung bedient sie sich der X in Karlsruhe. Dort
stehen die Server (Internet-Rechner). Der Kläger vertreibt Reisen und
Eintrittskarten für besondere Veranstaltungen im In- und Ausland (Konzerte,
Formel 1-Rennen etc.). Anfang 2000 beschloss der Kläger, der Tickets in einem
Ladengeschäft in München und per Fernabsatz (Telefon, Fax) verkaufte, auch das
Internet zum Vertrieb zu nutzen. Er schloss für seinen Webauftritt einen
Hosting-Vertrag mit der Beklagten über ein Premium NT-Paket zu einem Preis von
89 DM/Monat zzgl. einmaliger Kosten für Einrichtung und Versand. Wegen des
vereinbarten Leistungsumfangs - wozu auch die Möglichkeit gehörte, selbst
erstellte CGI-Skripte (Internet-Programme) aufzuspielen und auf dem Server des
Webhost arbeiten zu lassen wird auf von der Beklagten eingereichte Aufstellungen
verwiesen. Die Beklagte bestätigte den per Internet erteilten
Auftrag mit Schreiben vom 10. Januar 2000. Sie wies dabei auf Geltung ihrer AGB
(abrufbar unter hin. Auf die Bestätigung wird Bezug genommen. In
den AGB der Beklagten heißt es unter 4.3: "behält
es sich vor, Inhalte, die das Regelbetriebsverhalten oder die Sicherheit des
Servers beeinträchtigen können, grundsätzlich zu sperren oder deren Betrieb
im Einzelfall zu unterbinden. Dies betrifft insbesondere CGI-Programm-Module,
PHP 3 und ASP, die nicht in der Programmbibliothek bereitgehalten werden behält
es sich ebenfalls vor, das Angebot des Kunden ohne Vorwarnung zu sperren, falls
der Kunde eigene Programme im Rahmen seines Angebots arbeiten lässt, die das
Regelbetriebsverhalten oder die Sicherheit des Servers beeinträchtigen."
Wegen des weiteren Inhalts der AGB wird auf einen vom Kläger eingereichten
Ausdruck der Seite verwiesen. Im Rahmen des Vertrages stellte
die Beklagte entsprechend des vereinbarten Leistungsumfang einen Internet-Zugang
zur Verfügung. Der Kläger installierte anschließend durch Aufspielung eigener
CGI-Skripte einen Online-Shop unter der Domain (Adresse) Internetkunden sollten
dort - wie in einem virtuellen Laden - täglich rund um die Uhr Eintrittskarten
elektronisch bestellen können. Der Shop funktionierte zunächst ohne größere
Probleme. Das Angebot des Klägers fand in
der Presse Anklang. Nach einer Veröffentlichung in der
Touristik-Fachzeitschrift am 8. Dezember 2000 druckte die Zeitschrift am 14.
Dezember 2000 einen Artikel, auf den Bezug genommen wird.
Darin wird die Firma des Klägers als Tipp für den Kauf von Last-Minute-Weihnachtsgeschenken
per Internet-Bestellung empfohlen. Am 14. Dezember 2000 kam es mittags zu einem
Ausfall des Internet-Shops. Mitarbeiter der S hatten den Zugang abgeschaltet.
Der Kläger zeigte am gleichen Tag die Störung telefonisch an. Es geschah
nichts. Auf weitere Nachfragen des Klägers am 15. Dezember 2000 sicherte ihm
die Beklagte zu, den Shop innerhalb weniger Stunden wieder einzuschalten. Die Störung
hielt an. Mit Schreiben vom 16. Dezember 2000 forderte der Kläger, seine Internetpräsenz unverzüglich verfügbar zu
machen. Er wies auf vorangegangene Werbung in der Presse und einen möglichen
Gewinnausfall hin. Ab 20. Dezember 2000 wurde der Shop wieder an das Internet
geschaltet.
Ab Abend des 24. Dezember 2000
erfolgte - ohne Vorankündigung - wiederum eine Abschaltung, was die Beklagte
mit Nichtwissen bestreitet. Der Kläger beauftragte darauf die O das Hosting
seines Shops zu übernehmen. Wegen der Feiertage konnte erst am 27. Dezember
2000 ein Server bereit gestellt werden. Vom 27.-29. Dezember 2000 zog der Shop
um. Erste Tests - u.a. ein Probekauf über 608,00 DM - wurden noch am 27.
Dezember 2000 durchgeführt. Am 29. Dezember 2000 (2.00 Uhr) lief der Shop an
und funktioniert seitdem problemlos. Der Kläger hatte im Zeitraum
10/2000-03/2001 ausweislich zur Akte gereichter Monatsbilanzen folgende Umsätze und Gewinne:
|
Gesamtumsatz
|
Gewinn/Verlust
|
Gewinn/Verlust in %
|
10/2000
|
121.822,61 DM
|
12.133,69 DM
|
9,96
|
11/2000
|
149.605,12 DM
|
56.562,29 DM
|
37,81
|
12/2000
|
229.870,97 DM
|
71.960,82 DM
|
31,30
|
01/2001
|
258.347,81 DM
|
183.497,63 DM
|
71,03
|
02/2001
|
310.811,27 DM
|
-20.333,43 DM
|
-6,54
|
03/2001
|
681.194,21 DM
|
323.324, 86 DM
|
47,46
|
|
|
|
Durchschnitt: 31,84
|
Die Umsätze durch den
Online-Shop gestalten sich wie folgt...
|
Online-Umsatz
|
Online-Tage
|
Umsatz/Tag
|
10/2000
|
17.769,30 DM
|
31
|
573,20 DM
|
11/2000
|
36.574,60 DM
|
30
|
1.219,15 DM
|
12/2000
|
65.633,60 DM
|
21
|
3.125,41 DM
|
01/2001
|
124.022,00 DM
|
31
|
4.000,71 DM
|
02/2001
|
177.704,00 DM
|
28
|
6.346,57 DM
|
03/2001
|
231.209,80 DM
|
31
|
7.458,38 DM
|
|
|
|
Durchschnitt: 3.787,24 DM
|
Mit Anwaltsschreiben vom 22.
Februar 2001 forderte der Kläger von der Beklagten 19.200,00 DM (entgangener
Gewinn) unter Fristsetzung bis zum 15. März 2001 wegen Abschaltung des Shops
vom 14.-19. und 24.-29. Dezember 2000. Mit Schreiben vom 2. März 2001, auf das
verwiesen wird, wies die Beklagte die Forderungen zurück. Sie führte
aus, eine Abschaltung sei wegen eines Fehlverhaltens des Klägers erfolgt,
weshalb sie nach Ziffer 4.3 AGB dazu berechtigt gewesen sei. Der Kläger macht
nunmehr noch vom 14.-19. und 24.-29. Dezember 2000 einen entgangenen Gewinn für
10 Tage in Höhe von 968,874 DM/Tag (31% von 3.123,40 DM) = 9.688,74 DM geltend.
Der Kläger ist der Ansicht: Die Beklagte hafte wegen Vertragsverletzung. Auf
einen Haftungsausschluss nach Ziffer 4.3 ihrer AGB könne sie sich nicht
berufen, weil die AGB nicht wirksam in den Vertrag einbezogen worden seien und
im Übrigen die Klausel ihn unangemessen benachteilige (§ 9 AGBG). Der Kläger
beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 9.688,74 DM nebst 5% Zinsen
hieraus über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes
vom 9. Juli 1998 ab dem 15. März 2001 zu zahlen. Die Beklagte beantragt, die
Klage abzuweisen. Die Beklagte behauptet: Bei der Auftragserteilung per Internet
habe sie auf die Geltung ihrer AGB hingewiesen. Zur Abschaltung im Dezember 2000
sei es gekommen, weil der Kläger den Server der durch zu viele und zu langsame
Abfragen zu 85% ausgelastet und eine Überlastung (Overload) verursacht habe.
Eine Sperrung des Shops sei im Interesse anderer Kunden erforderlich gewesen.
Die Überlastung sei durch fehlerhafte CGI-Skripte des Klägers verursacht
worden. Die Beklagte ist der Ansicht: Sie
sei zur Abschaltung gemäß Ziffer 4.3 ihrer AGB berechtigt gewesen. Ein Haftung
scheide bereits dem Grunde nach aus. Im Übrige lege der Kläger einen angeblich
entgangenen Gewinn nicht substantiiert dar, weil er die Gewinnspanne nicht für
den Online-Umsatz gesondert errechnet habe. Auch habe er den durchschnittlichen
Online-Umsatz nur in einem nicht repräsentativen - weil zu kurzen Zeitraum -
ermittelt. Die Höhe eines entgangener Gewinn sei wenn überhaupt schätzbar -
wesentlich geringer. Das Gericht hat Beweis
erhoben über die Behauptungen der Beklagten - im Dezember 2000 habe der Kläger
den Server der durch zu viele und zu langsame Abfragen zu 85% ausgelastet, was
zu einer Überlastung (Overload) des Servers
geführt habe; dadurch sei eine Sperrung des Zugangs im Interesse der Nutzer des
Servers erforderlich gewesen; die Überlastung sei durch Aufspielen fehlerhafter
Skripten verursacht worden - durch uneidliche Vernehmung des Zeugen.
Aus den
Gründen: 1. Die zulässige Klage hat
in der Sache im Wesentlichen Erfolg. Im Übrigen war sie abzuweisen. Der Kläger
kann von der Beklagten die Zahlung von 4.932,37 EUR (9.646,88 DM) Schadensersatz
(entgangener Gewinn) aus §§ 536a Abs. 1, 249 Satz 1, 252 BGB, 287 Abs. 1 ZPO
wegen Störung seines Internet-Shops in der Zeit vom 16.-19. sowie 25.-28.
Dezember 2000 (8 Tage x 1.205,86 DM) verlangen. Für den 14.-15., 24. und 29.
Dezember 2000 sind weitergehende Ansprüche nicht dargetan.
Gemäß §
536a Abs. 1 BGB kann der Mieter vom Vermieter Schadensersatz wegen
Nichterfüllung verlangen, wenn ein Mangel der Mietsache im Sinne des § 536 BGB
bei Vertragsschluss vorhanden ist oder ein solcher Mangel später wegen eines
Umstandes entsteht, den der Vermieter zu vertreten hat, oder der Vermieter mit
der Beseitigung eines Mangels in Verzug kommt.
1. Ein Webhosting-Vertrag
ist nach Mietrecht zu beurteilen (AG Charlottenburg vom 11. Dezember 2001,
208 C 475/01).
2. Die Nichtabrufbarkeit
gehosteter Inhalte stellt einen Mangel (§ 536 BGB) der Mietsache dar. Die hat den Internet-Shop des Klägers am Mittag des
14. Dezember bis einschließlich 19. Dezember 2000 Und dann erneut am Abend des
24. Dezember 2000 abgeschaltet. Soweit die Beklagte eine Abschaltung ab 24.
Dezember 2000 mit Nichtwissen bestreitet, war ihr Bestreiten unbeachtlich. Denn
zum einen sieht das Gericht die Störung im streitgegenständlichen Zeitraum
bereits durch das außergerichtliche Schreiben der Beklagten vom 2. März 2001
als erwiesen an (§ 286 Abs. 1 ZPO). Dass die Beklagte sich vorprozessual geirrt
hat, trägt sie nicht vor: Zum anderen ist ihr Bestreiten aber auch prozessual.
unzulässig und damit der Vortrag des Klägers zugestanden. Denn ein Bestreiten
mit Nichtwissen ist gemäß § 138 Abs. 4 ZPO nur über Tatsachen zulässig, die
weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer Wahrnehmung gewesen
sind. Hier bediente sich die Beklagte der als Erfüllungsgehilfin. Zwar findet
die Zurechnung fremden Wissen nicht ohne weiteres statt, § 166 BGB gilt nicht.
Es ist jedoch von der Rechtsprechung der Grundsatz entwickelt worden, dass eine
Partei sich nicht durch arbeitsteilige Organisation ihres Betätigungsbereichs
prozessualen Erklärungspflichten entziehen kann; sondern zumindest
Erkundigungen anstellen muss. Die Beklagte trägt nicht einmal ansatzweise vor, bei der zu
Abschaltungen ab 24. Dezember 2001 Informationen eingeholt zu haben.
Ob hingegen die weitere
Abschaltung bereits am 23. Dezember 2000 erfolgte, worauf die
Umsatzaufstellungen des Klägers hindeuten, hat das Gericht nicht zu beurteilen.
Denn der Kläger bestimmt den Streitgegenstand. Das Gericht ist insoweit an
seine Ausführungen in der Klageschrift (Abschaltung am Abend des 24. Dezember
2000) gebunden (§ 308 ZPO).
3. Eine Haftung der Beklagten
nach § 536a Abs. 1 BGB für die Zeit vom 14.-15. Dezember 2000 scheidet aus.
Die Voraussetzungen einer anfänglichen
Garantiehaftung der Beklagten nach § 536a Abs. 1 Alt. 1 BGB trägt
der Kläger nicht vor, Zum einen lief von Oktober bis Mitte Dezember der Shop
ohne größere Probleme. Zum anderen sind Serverüberlastungen in der
hochtechnischen Internet-Welt als relativ alltäglich erwart- und hinnehmbar,
sodass auch aus diesem Grund eine Garantiehaftung der Beklagten ausscheidet.
Die
Beklagte schuldet auch keinen Schadensersatz wegen eines von ihr zu vertreten
Mangels der Mietsache (§ 536a Abs. 1 Alt. 2 BGB). Der Vermieter hat
Vorsatz oder Fahrlässigkeit zu vertreten. Fahrlässig handelt derjenige, der
die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer acht lässt (§ 276 Abs.1 Satz 2
BGB). Dies war nicht der Fall.
Zwar muss sich die Beklagte
grundsätzlich das Verhalten der X und ihrer Mitarbeiter gemäß § 278 BGB
zurechnen lassen. Der Zeugen hat jedoch in der Beweisaufnahme zu den Umständen
der Abschaltung glaubhaft bekundet, diese sei technisch notwendig gewesen, um
den Betrieb des Servers, der vom Shop des Klägers überlastet war, aufrecht zu
erhalten. Darin liegt kein vorwerfbares Verhalten. Eine zurechenbare
Sorgfaltspflichtverletzung der X sieht das Gericht auch nicht darin, an diesem
Tag nicht die nötige Serverkapazität bereit gehalten zu haben. Denn für das
Gericht ist aufgrund der Umstände und den Bekundungen des Zeugen nach
allgemeiner Lebenserfahrung (prima facie) erwiesen (§ 286 Abs. 1 ZPO), dass die
Überlastung (Overload) durch einen massiven Anstieg von Zugriffen potenzieller
Kunden des Klägers verursacht wurde. Denn am 14. Dezember 2000 wurde der Shop
in der Zeitschrift - deren Auflage allgemein bekannt in die Millionen geht - für
Last-Minute-Weihnachtsgeschenke empfohlen. Der Zeuge hat auf Nachfrage des
Gerichts bekundet, die Überlastung könne auch auf gleichzeitigen Zugriffen
vieler Kunden beruht haben.
Die Beklagte war auch nicht
grundsätzlich vertraglich gehalten, für den Kläger von vornherein
Serverkapazitäten bereit zustellen, um Zugriffe auf den Shop egal in welchen
Umfang auffangen zu können. Der Beklagte hat ein Standart-Internetpaket
erworben. Dass das Aufspielen selbst erstellter CGI-Skripten vereinbart wurde,
ändert daran nichts. Denn diese Möglichkeit wird gerichtsbekannt auch von
„normalen" Durchschnittskunden genutzt.
4. Für den Zeitraum 16.-19.
Dezember haftet die Beklagte aber gemäß § 536a Abs. 1 Alt. 3 BGB. Denn sie
befand sich mit der Beseitigung des Mangels in Verzug.
Verzug setzt eine Aufforderung
des Mieters gegenüber dem Vermieter zur Mängelbeseitigung voraus (§ 284 Abs.1
BGB). Unstreitig hat der Kläger am 14. Dezember 2000 und danach mehrmals am 15.
Dezember 2000 telefonisch um die Beseitigung der Störung gebeten. Da
vertraglich keine Beschränkung des Zugriffsumfangs vereinbart ist, hatte die
Beklagte - soweit notwendig auch unter Zuschaltung weiterer Kapazitäten - den
Shop wieder online zu schalten. Bemühungen in dieser Hinsicht trägt sie nicht
vor. Der Zeuge hat ausgesagt, den Shop sogar bewusst nicht wieder ans Netz
geschaltet zu haben, weil die Beklagte angewiesen hatte, in derartigen Fällen
den Kunden zunächst aufzufordern, zukünftig derartige Vorfälle zu vermeiden.
Dies war aber - gerade umgekehrt - Aufgabe der Beklagten. Dieses Ergebnis ist
auch aus Wertungsgesichtpunkten geboten. Denn die Bereitstellung der notwendigen
Kapazitäten liegt im Verantwortungsbereich der Beklagten. Sie allein kann den
entsprechenden Bedarf des Kunden kalkulieren. Der Kläger hingegen kann darauf
vertrauen, seinen Internet-Shop - egal in welchem Umfang - betreiben zu können.
Sollte durch notwendige Aufstockung der Serverkapazität das Äquivalenzverhältnis
im Vertrag gestört sein, liegt dieser Umstand allein im Risikobereich der
Beklagten. Einschränkungen des Betriebsumfangs von Internet-Shops sieht der
Vertrag nicht vor. Gegen daraus erwachsene Risiken müsste sich - wirtschaftlich
betrachtet - die Beklagte versichern.
Der Vermieter gerät nach einer
Beseitigungsaufforderung erst dann in Verzug, wenn er ausreichend Zeit zur
Mangelbeseitigung hatte, wobei er aber bei schwerwiegenden Mängel unverzüglich
tätig werden muss. Hier war der Shop total ausgefallen. Die Beklagte hätte
sofort beginnen müssen, die Störung zu beseitigen. Irgendwelche Bemühungen trägt
sie nicht vor. Als Abhilfefrist sieht das Gericht 1,5 Tage (14. mittags bis
einschließlich 15. Dezember 2000) als angemessen an. Solange benötigte nämlich
um den Shop vom 27.-29. Dezember 2000 auf ihren Server zu übertragen, wo er
dann problemlos lief.
Die Beklagten kann sich zum
Ausschluss ihrer Haftung auch nicht auf Nr. 4.3 AGB berufen. Zwar sind die AGB
wirksam in den Vertrag einbezogen worden. Für eine Einbeziehung unter
Kaufleuten gemäß §§ 145 ff. BGB (vgl. § 24 AGBG) reichte es hier nämlich -
unter Berücksichtigung der Grundsätze des kaufmännischen Bestätigungsschreibens
- aus, dass die Beklagte in der Auftragsbestätigung auf ihre AGB hingewiesen
und der Kläger dem nicht widersprochen hat. Die Beklagte kann sich jedoch tatbestandlich nicht
auf ihre Klausel berufen. Danach ist sie zur Abschaltung nur berechtigt, wenn
Inhalte des Kunden das „Regelbetriebsverhalten" des Servers beeinträchtigen.
Diese Klausel ist auszulegen. Nach Auffassung des Gerichts ist sie nach ihrem
Sinn und Zweck so zu verstehen, dass ausschließlich fehlerbehaftete Inhalte
(etwa falsch programmierte CGI-Skripte) abgeschaltet werden können. Für ihre
Behauptungen, es hätte Fehler in den Programmen des Klägers gegeben, ist die
Beklagte beweisfällig geblieben. Der Zeuge bekundete, den genauen Grund der
damaligen Überlastung nicht feststellen zu können. Ob dafür die aufgespielten
Programme verantwortlich gewesen seien, hätte nur eine genaue Analyse ergeben können,
die nicht durchgeführt worden sei. Im Übrigen hat der Shop vorher und später
auf den Servern funktioniert. Dies spricht gegen Fehler der Skripte. Dass die
Klausel hingegen generell zu Abschaltungen auch bei vertragsgemäßen Gebrauch
berechtigen soll, ist nicht ersichtlich (§ 5 AGBG). Im Übrigen läge bei einer
solchen Auslegung ein Verstoß gegen § 9 AGBG vor, der zur Unwirksamkeit der
Klausel führen würde.
5. Für den Zeitraum 24.-29.
Dezember 2000 haftet die Beklagte ebenfalls aus § 536a Abs.1 Alt. 2 BGB. Die
nochmalige Abschaltung hat sie zu vertreten. Denn zu deren Ursachen hat sie
nichts vorgetragen. Da der Mangel (Nichtabrufbarkeit der gehosteten Inhalte)
seine Ursache im Verantwortungsbereich der Beklagten hat, oblag es ihr,
vorzutragen und unter Beweis zu stellen, dafür nicht verantwortlich gewesen zu
sein. Entsprechender Vortrag der Beklagten fehlt. Im Übrigen müsste sie - nach
dem Ausfall am 14. Dezember 2000 - substanziiert darlegen, dass es trotz Kapazitätserhöhungen
wiederum zu einer Überlastung gekommen ist. Denn der erhöhte Bedarf des Shops
war ihr nunmehr bekannt.
6. Soweit eine Haftung der
Beklagten im Zeitraum 16.-19. (4 Tage) und, 24.-29. Dezember (6 Tage) 2000 dem
Grunde nach gegeben ist, trägt der Kläger einen möglichen Gewinnausfall
lediglich für 8 Tage substanziiert vor. Denn am 24. und am 29. Dezember 2000 können
nach seinem eigenen Vortrag keine signifikanten Umsatzeinbußen erfolgt sein.
Der Kläger trägt vor, es sei am Abend des 24. Dezember 2000 zu einem erneuten
Ausfall gekommen.. Dies bedeutet umgekehrt, der Shop war den restlichen Tag
online. Ähnliches gilt für den 29. Dezember 2000. Den unstreitig lief der Shop
ab 2.00 Uhr morgens problemlos auf den Rechnern.
Dass es hingegen auch am 27.
Dezember 2000 - trotz Abschaltung - Umsätze gab, steht einem Anspruch des Klägers
nicht entgegen. Denn die Beklagte hat den Vortrag des Klägers, es habe sich
lediglich um einen Testkauf bei dem Wechsel des Shops zur gehandelt, zuletzt
nicht mehr bestritten.
Für die übrigen 8 Tage
(16.-19. und 25.-28. Dezember) kann der Kläger als Schaden (entgangener Gewinn)
1.205,86 DM pro Tag ,= 4.932,37 EUR (9.646,88 DM) verlangen. Der Kläger kann
sich dabei gemäß §§ 252 Satz 2 BGB, 287 Abs. 1 ZPO auf Beweiserleichterungen
berufen. Entgangener Gewinn als Schaden kann durch eine Schätzung des Gerichts
ermittelt werden, wenn eine auf gesicherter Grundlage (Anknüpfungstatsachen)
beruhende Wahrscheinlichkeitsprognose möglich ist. So liegt es hier. Der Kläger hat seine monatlichen Gewinne durch
entsprechende Bilanzen im Zeitraum 10/2000-03/2001 belegt. Danach
erwirtschaftete er durchschnittlich einen Gewinn von 31,84%. Der Einwand der
Beklagten, der Kläger hätte eine Gewinnspanne für das Online-Geschäft
gesondert ermitteln müssen, greift nicht. Denn der Gewinn des Kaufmanns bemisst
sich an seinem Gesamtumsatz. Im Übrigen dürfte die Gewinnspanne im
Online-Geschäft des Klägers nach allgemeiner Lebenserfahrung mindestens so
hoch wie im Gesamtdurchschnitt sein. Denn ein virtueller Shop hat weniger
Betriebskosten als ein Ladengeschäft mit persönlicher Kundenberatung (keine
weiteren Lohnkosten, Miete). Der Kläger legt auch die durchschnittlichen täglichen
Umsätze des Internet-Shops in der Zeit von 10/2000-03/2000 über 3.787,24 DM im
Einzelnen dar. Dem ist die Beklagte nicht mehr substanziiert entgegen getreten (§
138 Abs. 3 ZPO). Die Umsätze sind auch auf den maßgeblichen Zeitraum zu übertragen.
Dabei ist es unbedenklich, den umsatzstarken Monat 03/2001 bei der Prognose mit
zu berücksichtigen. Der Shop fiel in der Vorweihnachtszeit aus. Das
Weihnachtsgeschäft macht allgemein bekannt einen erheblichen Teil des
Gesamtjahresumsatzes im Einzelhandel aus. Dies gilt umso mehr, wenn - wie hier -
klassische Weihnachtsgeschenke (Eintrittskarten) vertrieben und in einer überregionalen
Zeitung beworben werden. Allein der zu erwartende erhebliche Umsatz in der Zeit
vom 16.-19. Dezember 2000, der nicht hinter den Umsätzen am 12. und 13.
Dezember 2000 (jeweils ca. 6.000,00 DM) zurückgeblieben wäre, rechtfertigt die
geschätzte Annahme eines Durchschnittsumsatzes im gesamten Zeitraum von
3.787,24 DM/Tag. 31,84% von 3.787,24 DM = 1.205,86 DM x 8 Tage = 4.932,37 EUR
(9.646,88 DM).
7. Anspruchsgrundlagen für die
- geringfügig - weitergehende Forderung des Klägers sind nicht ersichtlich.
8. Die beantragten Zinsen waren
ab 27. März 2001 gemäß §§ 288, 284 Abs. 3 BGB begründet. Die Beklagte kam
30 Tage nach Zugang der anwaltlichen Zahlungsaufforderung vom 22. Februar 2001
in Verzug. Dieses Schreiben ging unter Berücksichtigung üblicher
Postlaufzeiten der Beklagten am 24. Februar 2001 zu. Die Fristsetzung bis 15.
Januar 2001 konnte keinen früheren Verzug begründen. Abs. 3 ist gegenüber
Abs. 1 in der für den hier streitgegenständlichen Zeitraum maßgeblichen
Fassung des § 284 BGB vorrangig...
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Unzulässige
Werbung von Providern
Die Werbung
eines Internetanbieters mit dem Werbespruch „Sorgenfrei
ins Internet“ stellt eine Irreführung von Konsumenten dar. Denn das OLG Hamburg meint, dass der Verbraucher das Motto so deutet, dass
er surft, ohne mit Viren-, Würmer- und Hackerattacken irgendetwas
zu tun zu haben (Aktz.: 3 U 40/03). |
Provider in NRW erstreitet
Teilsieg gegen Website-Sperrung
Hier geht es um den bislang nicht
rechtskräftig entschiedenen Fall, ob die Verwaltung Surfer vor missliebigen,
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