Diensteanbieter
Haftung
Störer
Prüfungspflichten |
Eine
gute Zusammenfassung dieser Problematik bietet das OLG München in
einer relativ aktuellen Entscheidung (29 U 2119/06): Ein Diensteanbieter
haftet für Urheberrechtsverletzungen seitens der unter
Pseudonymen auftretenden Anbieter weder als Täter noch als
Teilnehmer.
Ein Diensteanbieter erfüllt durch seine Tätigkeit
nicht die Merkmale einer Urheberrechtsverletzung, weil sie selbst
die betreffenden Übersetzungen nicht anbietet.
Auch
eine Haftung als Teilnehmerin an Urheberrechtsverletzungen seitens
der genannten Anbieter scheidet aus, weil die Gehilfenstellung
zumindest einen bedingten Vorsatz voraussetzt, der das Bewusstsein
der Rechtswidrigkeit einschließen muss.
Da die Beklagte die
Angebote vor Veröffentlichung nicht zur Kenntnis nimmt, diese
vielmehr automatisch durch die Anbieter ins Internet gestellt
werden, scheidet eine vorsätzliche Teilnahme insoweit aus. |
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Allerdings
hat der Bundesgerichtshof im Urteil vom 11.03.2004 - I
ZR 304/01 = BGHZ
158, 236, 250 - Internet-Versteigerung offengelassen, ob eine
Gehilfenstellung eines Diensteanbieters im Sinne des §
11 TDG (Regelung inzwischen außer Kraft) - die Beklagte ist ein solcher Diensteanbieter - in
Betracht zu ziehen ist, wenn die Pflichten, die sich aus dessen Stellung
als Störer ergeben, nachhaltig verletzt werden. Eine derartige
Teilnehmerhaftung eines Diensteanbieters im Sinne des §
11 TDG mag grundsätzlich durchaus in Betracht kommen. Die
Voraussetzungen hierfür liegen im Streitfall jedoch, wie nachstehend im
Zusammenhang mit der Haftung der Beklagten als Störerin erörtert wird,
nicht vor.
Grundsätzlich
kann derjenige, der, ohne Täter oder Teilnehmer zu sein, in irgendeiner
Weise - sei es auch ohne Verschulden - willentlich und adäquat kausal
zu einer Urheberrechtsverletzung beigetragen hat, als Störer in
Anspruch genommen werden. Weil die Störerhaftung aber nicht über Gebühr
auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige
Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers die
Verletzung von Prüfungspflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich
danach, ob und inwieweit dem als Störer In-Anspruch-Genommenen nach den
Umständen eine Prüfung zuzumuten ist. Einem Unternehmen, das - wie die
Beklagte - im Internet eine Online-Handelsplattform für Verkäufe
Dritter betreibt, ist es nicht zuzumuten, jedes Angebot vor Veröffentlichung
im Internet auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu untersuchen. Eine
solche Obliegenheit würde das gesamte Geschäftsmodell in Frage stellen
und mit dem sich aus § 8 Abs. 2 Satz 1 TDG ergebenden Verbot proaktiver
Überwachungspflichten
kollidieren. Andererseits ist zu bedenken, dass die Beklagte durch ihr
geschuldete Entgelte und Provisionen (vgl. die Übersicht „Allgemeine
Gebühren“, Anlage K 26) an dem Verkauf urheberrechtsverletzender
Waren beteiligt ist. Unter diesen Umständen kommt dem Interesse der
Beklagten an einem möglichst kostengünstigen und reibungslosen Ablauf
ihres Geschäftsbetriebs ein geringeres Gewicht zu als beispielsweise
dem Interesse der Registrierungsstelle für Domainnamen an einer möglichst
schnellen und preiswerten Domainvergabe. Dies bedeutet, dass ein
Diensteanbieter wie die Beklagte immer dann, wenn er auf eine klare
Rechtsverletzung hingewiesen worden ist, nicht nur das konkrete Angebot
unverzüglich sperren muss (vgl. § 11 Satz 1 Nr. 2 TDG), sondern auch
Vorsorge treffen muss, dass es möglichst nicht zu weiteren derartigen
Urheberrechtsverletzungen kommt. Die Prüfungspflicht des
Diensteanbieters im Sinne des § 11 TDG wird erst durch die - im
Regelfall durch Stellungnahmen des Rechtsinhabers bewirkte - Kenntnis
von rechtsverletzenden Fremdinformationen „aktiviert“. Daraus folgt,
dass es zu einer Störerhaftung des Diensteanbieters im Sinne des § 11
TDG erst im Hinblick auf Rechtsverletzungen kommen kann, die einer
klaren Rechtsverletzung nachfolgen, von der dem Diensteanbieter Kenntnis
verschafft worden ist.
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