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Kündigungsschutz
in
Kleinbetrieben
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Grundsätzlich
gilt, dass nach dem Kündigungsschutzgesetz jeder Arbeitnehmer, dessen
Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne
Unterbrechung länger als 6 Monate
bestanden hat, Kündigungsschutz. Das gilt aber nur, wenn in dem
Unternehmen eine bestimmte Anzahl von Mitarbeitern beschäftigt ist.
Die Vorschriften des Ersten Abschnitts gelten mit
Ausnahme der §§ 4 bis 7
und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Betriebe und Verwaltungen, in
denen in der Regel fünf oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu
ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden. In Betrieben und
Verwaltungen, in denen in der Regel zehn oder
weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung
Beschäftigten beschäftigt werden, gelten die Vorschriften des Ersten
Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2
nicht für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Dezember
2003 begonnen hat; diese Arbeitnehmer sind bei der Feststellung der Zahl
der beschäftigten Arbeitnehmer nach Satz 2 bis zur Beschäftigung von in
der Regel zehn Arbeitnehmern nicht zu berücksichtigen. Bei der
Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach den Sätzen 2
und 3 sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen
Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30
Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen.
Ist man rechtlos, wenn man diese Voraussetzungen im
Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung nicht erfüllt bzw. der Betrieb, in
dem man arbeitet, zu wenige Mitarbeiter hat?
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Zur Berechnung erklärt das BAG: Der Erste Abschnitt des KSchG findet gemäß § 23 Abs. 1 KSchG nur Anwendung, wenn im Betrieb zum Kündigungszeitpunkt entweder mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt sind oder mehr als fünf (Alt-) Arbeitnehmer, die bereits am 31. Dezember 2003
im Betrieb beschäftigt waren. Bei der Berechnung des abgesenkten Schwellenwertes des § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG zählen nur die (Alt-)Arbeitnehmer, die bereits am 31. Dezember 2003 im Betrieb beschäftigt waren. Ersatzeinstellungen für ausgeschiedene (Alt-)Arbeitnehmer werden bei der Berechnung nicht berücksichtigt. |
Was
gilt, wenn das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet?
Das Kündigungsschutzgesetz
gilt nicht für Betriebe, in denen in der Regel zehn oder weniger
Arbeitnehmer beschäftigt werden. Die Kündigung eines Arbeitnehmers in
einem Kleinbetrieb kann daher nur in seltenen Ausnahmefällen nach
"Treu und Glauben" unwirksam sein. So lange die Gründe plausibel sind, ist hier eine Kündigung problemlos möglich.
Das Bundesarbeitsgericht
(BAG, 2 AZR 672/01 - alte Regelung: fünf oder weniger Arbeitnehmer) befasste sich mit dem Fall eines Kundendienstmonteurs
in einem Elektrofachhandel. Neben ihm beschäftigte der Arbeitgeber noch
einen Lagerarbeiter, einen Auslieferungsfahrer und einen als Monteur und
Verkäufer beschäftigten Kollegen. Als dem Kläger aus betrieblichen Gründen
gekündigt wurde, war nach seiner Ansicht das gebotene Mindestmaß an
sozialer Rücksichtnahme verletzt.
Das BAG entschied, dass ein
Schutz gekündigter Arbeitnehmer zwar auch in Kleinbetrieben möglich sei,
die nicht dem Kündigungsschutzgesetz unterfallen. Eine solche Kündigung
könne gegen "Treu und Glauben"
verstoßen. Dazu müsse allerdings schon auf den ersten Blick erkennbar
sein, dass der Arbeitgeber ohne entgegenstehende betriebliche Interessen
einem Arbeitnehmer kündigt, der erheblich schutzwürdiger als
vergleichbare nicht gekündigte Arbeitnehmer ist. Allein in diesem Fall
sei die Kündigung rechtsmissbräuchlich und damit unwirksam. Im zu
entscheidenden Fall erkannte das BAG diese Umstände nicht. Die im Betrieb
verbliebenen Arbeitnehmer übten andere Tätigkeiten als der Gekündigte
aus und waren daher mit ihm nicht vergleichbar.
Eine weitere Entscheidung -
Urteil des BAG vom 28.08.2003 - 2 AZR 333/02: Die Vorschrift des § 242 BGB ist
auf Kündigungen neben § 1 KSchG nur in beschränktem Umfang anwendbar.
Das Kündigungsschutzgesetz hat die Voraussetzungen und Wirkungen des
Grundsatzes von Treu und Glauben konkretisiert und abschließend geregelt,
soweit es um den Bestandsschutz und das Interesse des Arbeitnehmers an der
Erhaltung seines Arbeitsplatzes geht. Eine Kündigung verstößt deshalb
in der Regel nur dann gegen § 242 BGB, wenn sie Treu und Glauben aus Gründen
verletzt, die von § 1 KSchG nicht erfasst sind. Es geht vor allem darum,
Arbeitnehmer vor willkürlichen oder auf sachfremden Motiven beruhenden Kündigungen
zu schützen, z.B. vor Diskriminierungen iSv. Art. 3 Abs. 3 GG (BVerfG 27.
Januar 1998 - 1 BvL 15/87 - BVerfGE 97, 169). Schließlich darf auch ein
durch langjährige Mitarbeit erdientes Vertrauen in den Fortbestand eines
Arbeitsverhältnisses nicht unberücksichtigt bleiben (BAG-Rechtsprechung).
Der Vorwurf willkürlicher, sachfremder oder diskriminierender Ausübung
des Kündigungsrechts scheidet dagegen aus, wenn ein irgendwie
einleuchtender Grund für die Rechtsausübung vorliegt (vgl. BAG 25. April
2001 - 5 AZR 360/99 - AP BGB § 242 Kündigung Nr. 14 = EzA BGB § 242 Kündigung
Nr. 4). Die gebotene Berücksichtigung des durch langjährige Beschäftigung
entstandenen Vertrauens erfordert, dass der Grund für Kündigungen gegenüber
langjährig beschäftigten Arbeitnehmern auch angesichts der Betriebszugehörigkeit
"einleuchten" muss. Es kann deshalb als treuwidrig zu werten
sein, wenn der Arbeitgeber die Kündigung auf auch im Kleinbetrieb
eindeutig nicht ins Gewicht fallende einmalige Fehler eines seit
Jahrzehnten beanstandungsfrei beschäftigten Arbeitnehmers stützen will.
Dagegen ist die Auffassung der Revision, allein die Betriebszugehörigkeit
von fünfundzwanzig Jahren führe bereits zur Anwendung der nach dem Kündigungsschutzgesetz
geltenden Maßstäbe, unzutreffend (vgl. auch BAG 21. Februar 2001 - 2 AZR
579/99 - BAGE 97, 141). Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen
derjenigen Tatsachen, aus denen sich die Treuwidrigkeit ergibt, liegt beim
Arbeitnehmer. Allerdings ist der verfassungsrechtlich gebotene Schutz des
Arbeitnehmers auch im Prozessrecht zu gewährleisten. Deshalb gelten
insoweit die Grundsätze der abgestuften
Darlegungs- und Beweislast (BAG 21. Februar 2001 - 2 AZR 15/00
- BAGE 97, 92). Das gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer nicht oder nicht
nur einen Auswahlfehler des Arbeitgebers geltend macht, sondern die Kündigung
nur oder auch aus anderen Gründen für treuwidrig hält. In einem ersten
Schritt muss der Arbeitnehmer, der die Gründe, die zu seiner Kündigung
geführt haben, oft nicht kennt, nur einen Sachverhalt vortragen, der die
Treuwidrigkeit der Kündigung nach § 242 BGB indiziert. Das ist
beispielsweise der Fall, wenn aus dem Vorbringen des Klägers auf den
ersten Blick ein schwerer Auswahlfehler erkennbar ist (BAG 6. Februar 2003
- 2 AZR 672/01 - AP KSchG 1969 § 23 Nr. 30, auch zur Veröffentlichung in
der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Die Treuwidrigkeit kann sich aber auch
aus anderen Gesichtspunkten ergeben. Der Arbeitgeber muss sich nach § 138
Abs. 2 ZPO qualifiziert auf den Vortrag des Arbeitnehmers einlassen, um
ihn zu entkräften. Kommt er dieser sekundären Behauptungslast nicht
nach, gilt der schlüssige Sachvortrag des Arbeitnehmers gemäß § 138
Abs. 3 ZPO als zugestanden. Trägt der Arbeitgeber hingegen die
betrieblichen, persönlichen oder sonstigen Gründe vor, die den Vorwurf
der Treuwidrigkeit ausschließen, so hat der Arbeitnehmer die Tatsachen,
aus denen sich die Treuwidrigkeit der Kündigung dennoch ergeben soll, zu
beweisen (BAG 21. Februar 2001 - 2 AZR 15/00 - BAGE 97, 92 mwN).
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Beispiel
LAG Schleswig Holstein 2009: Zusammenhang zwischen Arbeitsausfall und
Treuwidrigkeit einer Kündigung
Auslöser für die Kündigung war nach dem Vorbringen
des Beklagten unter anderem der Arbeitsausfall des Klägers. Das ist
arbeitsrechtlich zulässig. Die Kündigung wird auch nicht dadurch
treuwidrig, dass die Aushändigung des Kündigungsschreibens unter Umständen
mit einer verbalen Auseinandersetzung der Parteien verbunden war. Ein
etwaiger verbaler Streit zwischen den Parteien war nicht der Auslöser der
Kündigung, mithin nicht der Kündigungsgrund. Er stellt allenfalls die
Begleitumstände bei Gelegenheit der Übergabe des Kündigungsschreibens
dar.
Mandantenerhebungsbogen Arbeitsrecht
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Das
Landesarbeitsgericht Thüringen hat im Jahre 2009 eine interessante
Entscheidung zu der Frage getroffen, ob sich ein Kleinbetrieb
auf krankheitsbedingte Fehlzeiten eines Arbeitnehmers berufen darf:
Im Prozess hat der Arbeitnehmer seine Kündigungsüberlegungen
näher konkretisiert, dass er den zeitlichen Umfang der in der
Vergangenheit zu verzeichnenden Fehlzeiten zusammenfasste und auf die
fehlende Personal- und Finanzdecke in seinem Kleinbetrieb verwies, um die
betrieblichen Belastungen aus dem so häufigen Fehlen einer seiner Bürokauffrauen
zu kompensieren. Die Klägerin hatte schon nach kurzer Zeit an insgesamt
38 Arbeitstagen gefehlt. Der Arbeitgeber verwies auf die von ihm vor
Ausspruch der Kündigung angestellte Prognose, wonach er auch in Zukunft
mit vergleichbaren Ausfallzeiten gerechnet habe. Ob die Prognose dem
strengen Maßstab des § 1 KSchG genügt hätte, insbesondere unter Berücksichtigung
des Einwandes der Klägerin standgehalten hätte, wonach die häufigen
Erkrankungen sowohl bei ihr als auch bei ihrem Kind trennungsbedingt und
damit nur vorübergehender Natur gewesen seien, muss das Gericht nicht
untersuchen.
Das genannte Motiv für die Kündigung stellt einen typischen
Anlass für eine krankheitsbedingte Kündigung wegen häufiger
Kurzzeiterkrankungen dar, ohne dass der Kleinbetrieb aber den Kündigungsbeschränkungen
des § 1 Abs. 2 KSchG unterläge. Darüber hinaus war die Kündigung auch
im Ergebnis der Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht willkürlich
oder sachfremd. Zugunsten der Arbeitnehmerin war zu berücksichtigen, dass
sie sich in einer außerordentlich angespannten gesundheitlichen und
familiären Situation befand, in der sie der Verlust des Arbeitsplatzes
ganz besonders hart treffen würde. Andererseits sind die betrieblichen
Belange des Arbeitgebers zu berücksichtigen, wonach größere Betriebe über
bessere Möglichkeiten verfügen, solche besonderen persönlichen
Situationen eines Arbeitnehmers aufzufangen und mithilfe größerer
Personal- und Finanzressourcen jedenfalls über einen längeren Zeitraum
zu kompensieren. Gegen überwiegende Interessen der Arbeitnehmerin sprachen
aber nach Auffassung des Gerichts nicht nur die umfangreichen Fehlzeiten
in der Vergangenheit, sondern auch der Umstand, dass das Arbeitsverhältnis
zum Zeitpunkt der Kündigung noch kein ganzes Jahr bestanden hat. Zwischen
den Parteien bestand damit noch kein über einen längeren Beschäftigungszeitraum
gewachsenes enges Treue- und Fürsorgeverhältnis, das die Kündigung ggf.
trotz der negativen Gesundheitsprognose des Beklagten als willkürlich,
sachfremd oder diskriminierend erscheinen ließe. |
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Bei mehr
als fünf Beschäftigten im Kündigungszeitpunkt müssen Arbeitgeber die
Nichtanwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes beweisen
Der Kläger war seit Oktober 2001 in dem Gartenbauunternehmen des
Beklagten beschäftigt. Der Beklagte hatte das Unternehmen im März 2001
gegründet. Die Zahl seiner Mitarbeiter nahm zunächst kontinuierlich zu
und belief sich im Oktober und November 2001 auf sechs Arbeitnehmer. Bis März
2002 ging die Beschäftigtenzahl bis auf drei Mitarbeiter zurück. Dann
stieg die Beschäftigtenzahl wieder an und belief sich Mitte April 2002
auf fünf und anschließend auf sechs vollzeitbeschäftigte Mitarbeiter.
Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger am 3.6.2002
zum 15.6.2002. Mit der hiergegen gerichteten Kündigungsschutzklage machte
der Kläger geltend, dass kein Kündigungsgrund im Sinn von § 1 KSchG
vorliege. Das Kündigungsschutzgesetz sei anwendbar, weil der Beklagte im
Zeitpunkt der Kündigung sechs Mitarbeiter beschäftigt habe. Der Beklagte
machte dagegen geltend, dass es sich hierbei nicht um die regelmäßige
Beschäftigtenzahl gehandelt habe. Die Beschäftigtenzahlen in den Monaten
Oktober und November 2001 sowie im Mai und Juni 2002 seien für den
Betrieb nicht repräsentativ.
Das ArbG wies die Klage ab; das LAG gab ihr
statt. Die hiergegen gerichtete Revision des Beklagten beim
Bundesarbeitsgericht hatte keinen Erfolg (BAG 24.2.2005, 2 AZR 373/03).
Die Kündigung ist unwirksam und hat daher das Arbeitsverhältnis mit dem
Kläger nicht beendet. Sie ist sozialwidrig im Sinn von § 1 Abs.1 KSchG,
weil kein Kündigungsgrund vorliegt. Das Kündigungsschutzgesetz ist auch
anwendbar. Die Voraussetzungen der Kleinbetriebsklausel, wonach das Kündigungsschutzgesetz
nicht für Betriebe mit in der Regel fünf oder weniger Beschäftigten
gilt, sind nicht erfüllt. Es fehlt insoweit an einem hinreichend
substantiierten Sachvortrag des Beklagten. Grundsätzlich trägt zwar der
Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes.
Ist aber unstreitig oder hat der Arbeitnehmer substantiiert dargelegt,
dass zum Kündigungszeitpunkt mehr als fünf Arbeitnehmer in dem Betrieb
beschäftigt waren, so muss der Arbeitgeber substantiiert darlegen und
beweisen, dass dieses Ergebnis zufällig ist und regelmäßig - bezogen
auf die Vergangenheit und vor allem für die Zukunft - weniger Beschäftigte
im Betrieb tätig waren beziehungsweise wieder sein werden. Im Streitfall
hat der Beklagte im Kündigungszeitpunkt mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigt,
was für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes spricht. Der
insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte hat nicht im Einzelnen
vorgetragen, dass die Beschäftigtenzahl zum Kündigungszeitpunkt zufällig
und nicht repräsentativ war. Es fehlt vor allem an einem substantiierten
Vortrag zur künftigen Beschäftigungsentwicklung. |
Bundesarbeitsgericht Erfurt
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Was mache ich
eigentlich bei Mobbing >>
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Wir
haben unter anderem arbeitsgerichtliche Prozesse vor den
Arbeitsgerichten bzw. Landesarbeitsgerichten in Köln, Bonn,
Siegburg, Gummersbach, Wuppertal, Hagen, Hamm, Düsseldorf, Frankfurt und Berlin
sowie vor dem Bundesarbeitsgericht betrieben.
Wir haben Kündigungsschutzklagen,
Klagen auf Lohn
und
Gehalt, Schadensersatz, Schmerzensgeld
(vor allem in Mobbing-Fällen),
Karenzentschädigungen,
ordnungsgemäße
Zeugniserteilung und gegen Abmahnungen
in sehr unterschiedlichen Fallgestaltungen vertreten.
Insofern sollte Ihr Vertrauen in
unsere Tätigkeit nicht unbegründet sein.
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