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Landgericht Köln
Typische
Argumentation bei "Altfällen"
Problematik von
Sicherungsmaßnahmen
Streitwertbildung |
"Analoge" Hausmusik ist ein risikoloses
Vergnügen |
Die Parteien stritten vor dem
Landgericht Köln über Zahlungsansprüche hinsichtlich der Abmahnkosten
aufgrund von Filesharing über den
Internetzugang der Beklagten. Es wurden 964 Musikdateien im MP3 Format
zum Download angeboten. Mit der von einigen Musikindustrieunternehmen
verklagten Beklagten lebten neben dem Ehemann der Beklagten im Haushalt
deren Kinder. Das älteste Kind war 13 Jahre alt. Jedenfalls die älteren
Kinder der Beklagten hatten Zugriff auf den Computer und den
Internetzugang. Ein eigenes Benutzerkonto für die Kinder wurde
eingerichtet sowie eine Firewall war installiert. Die Klägerinnen waren
der Ansicht, dass sie einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung der
für die Abmahnung entstandenen Kosten hätten. Dieser ergebe sich aus
den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag und aus § 97 UrhG.
Der Streitwert sei angemessen mit 400.000,00 € zu bemessen. Der
Abrechnung sei sodann eine 1,3-fache Mittelgebühr zugrunde zu legen
gewesen. Diese sei aufgrund der Tätigkeit für mehrere Verletzte auf
eine 2,2-fache Gebühr zu erhöhen gewesen. Die Beklagte war der
Ansicht, dass sie jedenfalls nicht hafte, da sie selbst keine Dateien öffentlich
zugänglich gemacht habe. Soweit eine solche Verletzung überhaupt über
ihren Internetzugang erfolgt sei, sei sie allen Prüf- und Überwachungspflichten
nachgekommen.
Den Klägerinnen wurde im Mai 2009
von dem Landgericht Köln ein Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten
in Höhe von 5.832,40 € im Rahmen einer sog. Geschäftsführung
ohne Auftrag gegen die Beklagte zuerkannt. Die
Beklagte hafte jedenfalls nach den Grundsätzen der Störerhaftung auf
Unterlassung. Denn auch nach dem eigenen Vortrag der Beklagten war es
jedenfalls kein unbekannter Dritter, sondern eine im Haushalt der
Beklagten lebende Person, die die Urheberrechtsverletzung über den
Computer der Beklagten bzw. deren Internetzugang begangen hat. Wenn die
Beklagte Dritten, auch und gerade Mitgliedern ihres Haushalts, einen
Computer und einen Internetzugang zur Verfügung stellte und ihnen
dadurch die Teilnahme an der Musiktauschbörse ermöglichte, dann war
dieses willentliche Verhalten nach dem LG Köln adäquat kausal für die
Schutzrechtsverletzung. Dieses Risiko löse Prüf- und
Handlungspflichten desjenigen aus, der den Internetzugang ermöglicht,
um der Möglichkeit solcher Rechtsverletzungen vorzubeugen. Diesen ist
die Beklagte nach Auffassung des LG Köln nicht hinreichend
nachgekommen.
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Denn insoweit hätte es der
Beklagten nicht nur oblegen, ihren Kindern ausdrücklich und konkret zu
untersagen, Musik mittels Filesharing-Software
aus dem Internet herunterzuladen. Sie hätte auch weiterhin wirksame Maßnahmen
zur Verhinderung der Rechtsverletzungen ergreifen müssen. So hätte ein
eigenes Benutzerkonto mit beschränkten Rechten eingeräumt werden können.
Des Weiteren wäre auch die Einrichtung einer sog. "firewall",
die ein Download von Daten aus dem Computer der Beklagten verhindert hätte,
möglich und zumutbar gewesen. Soweit die Beklagte nunmehr mit nicht
nachgelassenem Schriftsatz vorträgt, dass eine "firewall"
installiert gewesen sei und auch Benutzerkonten eingerichtet gewesen
seien, führt dies - unabhängig davon, dass der Vortrag nach der mündlichen
Verhandlung erfolgt und daher unbeachtlich bleiben muss - zu keinem
anderen Ergebnis. Denn aus dem Vortrag ist nicht ersichtlich, dass die
Benutzerkonten lediglich mit eingeschränkten Rechten eingerichtet
wurden oder die Firewall auch die Downloadvorgänge hätte verhindern können.
Hierzu fehlt vielmehr jeglicher Vortrag. Auch andere technische Möglichkeiten,
wie die Nutzung bestimmter Modems, setzte die Beklagte nicht ein. Auch
der Streitwert ist entsprechend der ständigen Rechtsprechung des
Gerichts ohne weiteres mit 400.000 € (100.000,00 € je Verletztem bei
jeweils mehr als 20 Titeln, die pro Klägerinnen im Einzelnen dargelegt
worden sind) zu berechnen. Die Argumentation der Beklagten, die
gesetzliche Wertung durch die Deckelung der Abmahnkosten auf 100,00 €
führt ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Denn die streitgegenständlichen
Rechtsverletzungen und auch die Ansprüche sind vor dem Inkrafttreten
des § 97a UrhG n.F. entstanden. Der Streitwert betrug 5.832,40 Euro.
Fazit aus
dieser Entscheidung: Wer hier erfolgreich als Beklagter
auftreten will, muss jedenfalls nachweisen können, dass er sehr
konkrete und weit reichende Sicherungsmaßnahmen gegen solche
Download-Angebote ergriffen hat. Lapidare Hinweise auf "brave
Kinder" oder sichere WLAN-Anlagen reichen offensichtlich nicht. |
Vgl.
auch:
Das OLG Köln (6 U 101/09) hat Anfang
2010 entschieden, dass die Inhaberin eines Internetanschlusses für den
unerlaubten Musikdownload ihres Ehemannes sowie ihrer Kinder haftet. Das
OLG Köln hat den Musikunternehmen wegen des unberechtigten
Download-Angebots einen Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten in Höhe
von 2.380 € zuerkannt. Die Frau hatte es im Prozess unterlassen
ausreichend vorzutragen, wer nach ihrer Kenntnis den Verstoß begangen
haben könnte. Prozessual wäre sie gezwungen gewesen, genauer
darzulegen, wie diverse Aufnahmen überhaupt zustande gekommen sein
könnten. So hätte der Ehemann den Anschluss benutzen können da
historisch ältere Titel zum Download angeboten wurden. Es sei auch
nicht ersichtlich gewesen, welches der Kinder den Anschluss genutzt
haben könnte. |
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Musiktitel führen nach einer (freundlicherweise von der Kanzlei Wilde
Beuger & Solmecke zur Verfügung gestellten) Entscheidung des LG
Köln zu einem Streitwert von
160.000 Euro, der für die Berechnung der Kosten der
abmahnenden Anwälte maßgeblich ist. Das Gericht war nach der
Beweisaufnahme nicht der Auffassung, dass die klagenden Unternehmen an
ihre Anwälte grundsätzlich eine niedrigere Gebühr leisten müssen,
als sie sich nach den Vorschriften des RVG ergibt. Die
Beklagtenvertreter hatten in einer interessanten Berechnung darauf
hingewiesen, dass nach ihrer Berechnung 350 Millionen Euro Abmahnkosten
jährlich eingenommen würden, was unwahrscheinlich sei. In dieser
Entscheidung erfolgen Ausführungen dazu, wie sich Erziehungsberechtigte
verhalten sollen, um nicht im Rahmen der Störerhaftung anwaltliche
Abmahnkosten ausgleichen zu müssen: Das Gericht geht von individuellen
Benutzerkonten der Kinder aus. Weiterhin erläutert das Gericht, dass
eine Firewall notwendig sei, die die Ausführung von
filesharing-software verhindere. Damit ist immerhin klar, dass
"irgendwelche" Sicherungsmaßnahmen nicht ausreichen und im
Grunde der Anschlussinhaber das Risiko unbefugten Gebrauchs gegen Null
minimieren muss. |
Neuregelung Oktober 2013
Es hat sich einiges getan im Bereich "Filesharing/Downloads", was sowohl den vormals fliegenden Gerichtsstand, die Abmahnkosten und den Schadensersatz betrifft. Wichtig war die Novellierung im Oktober 2013:
Jetzt gilt: Soweit die Abmahnung berechtigt ist, kann der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden. Für die Inanspruchnahme anwaltlicher Dienstleistungen beschränkt sich der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen
hinsichtlich der gesetzlichen Gebühren auf Gebühren nach einem Gegenstandswert für den Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch von 1 000 Euro, wenn der Abgemahnte
1. eine natürliche Person ist, die nach diesem Gesetz geschützte Werke oder andere nach diesem Gesetz geschützte Schutzgegenstände nicht für ihre gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit verwendet, und
2. nicht bereits wegen eines Anspruchs des Abmahnenden durch Vertrag, auf Grund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung oder einer einstweiligen Verfügung zur Unterlassung verpflichtet ist. |
Wir befassen uns auf den
weiteren Seiten mit Fragen der Auskunft, der
Beweislast, des Diensteanbieters,
der Störereigenschaft, des Filesharing
und der Softwarepiraterie (Portal
zum Thema "Urheberrechtsverletzungen, Internet, verbotene uploads").
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