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Rechtsanwaltskanzlei Dr. Palm - Bonn

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 Rechtsanwalt Bonn Dr. Palm

 

Rechtsprechung II

Mobbing

 

Mobbing Anwalt Rechtsanwalt

Wichtige  Rechtsprechung zum Thema "Mobbing" 

Nicht jede Auseinandersetzung, Meinungsverschiedenheit oder nicht gerechtfertigte Maßnahme des Arbeitgebers (zB Abmahnung, Versetzung, Kündigung) stellt nach dem Bundesarbeitsgericht eine rechtswidrige und vorwerfbare Verletzung der Rechtsgüter des Arbeitnehmers und damit eine unerlaubte Handlung oder einen Verstoß gegen die Rücksichtnahmepflicht nach § 241 Abs 2 BGB dar. Im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen, auch wenn sie sich über einen längeren Zeitraum erstrecken, sind nicht geeignet, derartige Tatbestände zu erfüllen, weshalb es gilt, sog. folgenloses bzw. sozial- und rechtsadäquates Verhalten aufgrund einer objektiven Betrachtungsweise, dh. ohne Rücksicht auf das subjektive Empfinden des betroffenen Arbeitnehmers, von der rechtlichen Bewertung auszunehmen.

Die Frage, ob ein Gesamtverhalten als eine einheitliche Verletzung von Rechten des Arbeitnehmers zu qualifizieren ist und ob einzelne Handlungen oder Verhaltensweisen für sich genommen oder in der Gesamtschau einen rechtsverletzenden Charakter haben, unterliegt der revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbaren tatrichterlichen Würdigung. Ob Rechte des Arbeitnehmers verletzt worden sind, muss von den Tatsachengerichten aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung unter umfassender Würdigung aller Umstände des Einzelfalles beurteilt werden - BAG 2016
Eine Schmerzensgeldzahlung wegen Mobbings scheidet regelmäßig aus, wenn sich das gerügte Verhalten des Arbeitgebers als eine Reaktion auf eine Provokation des Arbeitnehmers darstellt - Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein 2017

Das Bundesarbeitsgericht hat zum Thema Ausschlussfrist und Mobbing in einer Entscheidung vom 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 einige wichtige Ausführungen gemacht - aus der Presseerklärung:  

 

"Zwar gilt eine wirksam vertraglich vereinbarte Ausschlussfrist grundsätzlich auch für Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und damit für Ansprüche aus mobbingbedingten Verletzungshandlungen. Dabei sind jedoch die Besonderheiten des sogenannten Mobbings insofern zu beachten, als eine Gesamtschau vorzunehmen ist, ob einzelne Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ein übergreifendes systematisches Vorgehen darstellen. Länger zurückliegende Vorfälle sind zu berücksichtigen, soweit sie in einem Zusammenhang mit den späteren „Mobbing“-Handlungen stehen."

Der Kläger war bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen seit 1987 beschäftigt. Er trägt vor, er sei im Laufe seiner Beschäftigung in vielfältiger Weise systematischen „Mobbing“-Handlungen ausgesetzt gewesen und deswegen psychisch bedingt arbeitsunfähig erkrankt. Er machte mit der Klage Ansprüche auf Schadensersatz, Schmerzensgeld und Entschädigung wegen Persönlichkeitsverletzung geltend. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen, wobei das Landesarbeitsgericht seine Entscheidung mit der Nichteinhaltung der Ausschlussfrist durch den Kläger begründet hat. Es hat dabei nur Einzelakte berücksichtigt, die innerhalb von sechs Monaten vor der erstmaligen Geltendmachung der Ansprüche lagen. Die Revision des Klägers führte zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht.

 

In einer umfangreich begründeten Entscheidung vom März 2011 hat sich das Landesarbeitsgericht Köln dieser Rechtsprechung angeschlossen. 

Datierung der Vorfälle

Bundesarbeitsgericht (8 AZN 27/03) In der bisherigen Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte wird nicht generell die genaue Datumsangabe der Mobbingvorwürfe verlangt, sondern eine Substantiierung, die auch die Schilderung der konkreten Situation mit ungefährer Zeitangabe genügen lässt.

Vgl. aber jetzt die Ausführung: Das Arbeitsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass nur die datierten Vorfälle Grundlage der rechtlichen Bewertung sein können. Soweit es an der erforderlichen zeitlichen Konkretisierung fehlt („immer wieder“, „bei jeder Gelegenheit“, „häufig“), ist der Vortrag der Klägerin nämlich weder einer substantiierten Erwiderung durch die Beklagten noch einer Beweiserhebung zugänglich, da eine solche zu einem im Zivilprozess unzulässigen Ausforschungsbeweis führen würde, vgl. Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz - 11 Sa 677/0812/05

LAG Rheinland-Pfalz - 11 Sa 302/07: Wenn das Arbeitsgericht schließlich feststellt, dass der Kläger selbst zu der Auseinandersetzung mit seinem Vorgesetzten beigetragen hat, so dass es an einer klaren Täter-Opfer-Konstellation fehle, ist unter Berücksichtigung des Voranstehenden diese Wertung nicht zu beanstanden. So steht ein wechselseitiger Eskalationsprozess, der keine klare Täter-Opfer-Beziehung zulässt, regelmäßig der Annahme eines Mobbingsachverhalts entgegen. 
Zur Beweislastproblematik Arbeitsgericht Eisenach 

In dieser Entscheidung ging es um die Voraussetzungen der Feststellung einer mobbingbedingten Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Das ArbG Eisenach hat hier wichtige Ausführungen zu der immer kritischen Frage der Beweislastverteilung gemacht.  

Sind in einem zeitlichen Zusammenhang mit gerichtlich festgestellten Mobbinghandlungen Erkrankungen aufgetreten, die nach ärztlicher Feststellung auf psychischen Druck zurückzuführen sind, dann ist die Ursächlichkeit dieser Mobbinghandlungen für diese Erkrankungen indiziert. Das Gericht führt dazu aus: Von der Rechtsprechung werden insoweit bislang "Beweiserleichterungen", wie das Thüringer LAG annimmt, mit Skepsis betrachtet. Sowohl das LAG Baden-Württemberg in seiner Entscheidung vom 05.03.2001 - 15 Sa 160/00 - als auch das Arbeits-gericht München im Urteil vom 25.09.2001 - 8 Ca 1562/01 -, NzA - RR 2002, 123 als auch das LAG Schleswig-Holstein; 19.03.2002 - 3 Sa 1/02, NzA - RR 2002, 457 ff.) lehnen die Beweiserleichterungen in diesem Sinne ab. Die dort geäußerten Bedenken gegen die Annahme von "Beweiserleichterungen" im arbeitsgerichtlichen "Mobbingprozess" tragen nach Auffassung des erkennenden Gerichtes der besonderen Situation des "Mobbingverlaufes" im Arbeitsrecht nicht genügend Rechnung. Auch sind in der Literatur solche Bedenken immer häufiger zu verzeichnen: "Auf der anderen Seite erscheint es zynisch, von einem Zufall auszugehen, wenn ein vorher gesunder Mensch in zeitlichem Zusammenhang mit schweren Verletzungen des Persönlichkeitsrechts am Arbeitsplatz psychisch oder psychosomatisch erkrankt oder sogar einen Suizidversuch unternimmt.

Man wird daher differenzieren müssen: Sicherlich beweist die reine Tatsache einer Erkrankung noch nicht das Vorliegen von Mobbinghandlungen. 

Auch wenn ein Arzt ein entsprechendes Gutachten ausstellt, wird das regelmäßig auf der Basis der Aussagen seines Patienten geschehen, da der Arzt nicht das Geschehen am Arbeitsplatz beurteilen kann. Selbst wenn man also andere Ursachen ausschließen und einige Befunde als "typisch" beurteilen kann, beweist das ärztliche Gutachten lediglich, dass der Betroffene psychischem Druck ausgesetzt ist. In diesem Zusammenhang kommt also nur eine schwache Indizwirkung des Attestes im Zusammenhang mit anderen Beweismitteln in Betracht.
Dieser Auffassung - was den Umkehrschluss einer Erkrankung zu der Feststellung von tatsächlich vorgelegenen Mobbinghandlungen betrifft - hat sich das Gericht angeschlossen. Anders jedoch wurde das bei der Kausalität zwischen festgestellten Mobbinghandlungen und Erkrankung gesehen.  

Kaum ein unbefangener Beobachter der Sachverhalte einiger Entscheidungen zu schweren Mobbingfällen wird zu dem Ergebnis kommen, dass die Erkrankung der Betroffenen nichts mit den geschilderten Handlungen zu tun haben. Wenn also im zeitlichen Zusammenhang mit feststehenden Mobbinghandlungen Erkrankungen auftreten, die nach ärztlicher Feststellung auf psychischem Druck zurückzuführen sind, erkennt das Gericht ein starkes Indiz für die Kausalität. Danach ist es Sache der Gegenseite, dieses Indiz zu entkräften, in dem beispielsweise andere mögliche Ursachen für die Erkrankung substantiiert vorgetragen werden.

Im Übrigen führte das Gericht aus: Wegen Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts kann von einem Mobber nach § 823 BGB i.V.m. Art. 1 und 2 GG immaterieller Schadenersatz in Form einer Geldentschädigung beansprucht werden.  Bei Verletzung der Gesundheit seines Opfers ist der Mobber neben seiner Verpflichtung, dem Mobbingopfer materielle Gesundheitsschäden, wie etwa Erwerbseinbußen zu ersetzen, nach § 823 BGB i.V.m. § 253 Abs. 2 BGB darüber hinaus zur Zahlung eines Schmerzensgelds verpflichtet. Arbeitnehmer, die Mitarbeiter mobben, handeln im Hinblick auf eine mögliche Gesundheitsverletzung ihrer Opfer zumindest fahrlässig, denn sie müssen wegen der Eignung von Mobbingangriffen zur psychischen Destabilisierung einer Persönlichkeit zwangsläufig damit rechnen, dass diese früher oder später gesundheitliche Schädigungen hervorrufen. Hat der Arbeitgeber dem Mobbinggeschehen keinen Einhalt geboten, haftet auch er jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des Organisationsverschuldens (Verletzung der Verkehrssicherungspflicht) auf der Grundlage des § 823 BGB auf Ersatz der von einem Mobber verursachten Schäden.
Es besteht eine rechtliches Interesse des Mobbingopfers daran, die Ersatzpflicht für künftig aufgrund seiner Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts und seiner Gesundheit eintretende und im Zeitpunkt der Entscheidung noch nicht bestimmbare Schäden gerichtlich feststellen zu lassen. Eine Kündigung wegen krankheitsbedingter Fehlzeiten, die durch vom Arbeitgeber nicht unterbundenes Mobbing entstanden sind, ist mit dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht vereinbar. 

"Sklaventreiber - Entscheidung" des LAG Hamm: Eine mobbende Vorarbeiterin

Anwalt Mobbing Gleichbehandlung Arbeitsrecht SchadensersatzDie 8. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm hat mit Urteil vom 03. November 2000 eine Vorarbeiterin im Reinigungsgewerbe dazu verurteilt, der entlassenen Reinigungskraft den Verdienstausfall bis zum Auffinden eines neuen Arbeitsplatzes zu zahlen. Die Vorarbeiterin hatte der Reinigungskraft eine Beschwerde über die Arbeitsbedingungen und die Beschimpfung der Arbeitgeberin als "Sklaventreiberin" gegenüber einer Kundin ihres Arbeitgebers in den Mund gelegt. Nach Kenntnis der vermeintlichen Einlassung der Reinigungskraft hat die Arbeitgeberin das zuvor unbefristet eingegangene Arbeitsverhältnis ordentlich aufgekündigt. Weil es sich hierbei aus der Sicht der Reinigungskraft um eine unberechtigte Beendigung des Arbeitsverhältnisses gehandelt habe, verlangte sie von der anschwärzenden Vorarbeiterin Schadenersatz. Diesen hat ihr die 8. Kammer gemäß § 824 BGB zugesprochen. 

Die 8. Kammer des Landesarbeitsgericht Hamm hält zwar an der vom BAG im Urteil vom 04. Juni 1998 - 8 AZR 786/96 - vertretenen Rechtsauffassung fest, dass allein der Verlust des Arbeitsplatzes nicht wie ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht "absolut" geschützt ist und deshalb nicht ohne weiteres eine Schadenersatzpflicht auslöst. Wer aber wahrheitswidrig Beleidigungen über den Arbeitgeber bzw. Kreditschädigungen behauptet und hierüber den Arbeitsverlust eines Mitarbeiters "rechtswidrig" veranlasst, der haftet für den hieraus entstandenen Schaden. Aufgrund später vorgenommener korrigierender Erklärungen hat die frühere Arbeitgeberin richtig gestellt, dass allein die vermeintlichen negativen Äußerungen zur vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt hätten. Die Arbeitgeberin hat außerdem klar gestellt, dass sie die vermeintlichen negativen Äußerungen über ihre Vorarbeiterin, der Beklagten, zur Kenntnis genommen habe. Die beklagte Vorarbeiterin musste im Verlaufe des Rechtsstreits einräumen, dass die Klägerin diese von ihr weiter geleiteten Äußerungen nicht gemacht hat. Die so begründete Schadensersatzpflicht entfiel nicht deshalb, weil die frühere Arbeiterin gegebenenfalls aufgrund fortlaufender Schlechtarbeit das Arbeitsverhältnis hätte beenden können. 

Für die Tatsache, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin auch aus anderen Gründen vorzeitig beendet worden wäre, die unwahre Behauptung folglich nicht ursächlich für den Verdienstausfall war, ist die "mobbende" Vorarbeiterin beweispflichtig. Diese Beweisführung ist ihr nicht gelungen. Die frühere Arbeitgeberin hat ihre Kündigungsabsicht allein auf die weitergeleiteten unwahren Behauptungen gestützt. Sonstige Gründe waren für die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht ursächlich. Im Übrigen, so hebt die 8. Kammer hervor, würde ihre Schadenersatzpflicht nicht schon dann entfallen, wenn die erfundene Beleidigung nur mitursächlich für die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewesen wäre. 

Verletzung der Fürsorgepflicht als Mobbing

Landesarbeitsgericht Nürnberg - 02.07.2002 - 6 (3) Sa 154/01

Aus den Gründen (zusammengefasst): Soweit der Kläger der Beklagten den Ausspruch der vier Abmahnungen vorwirft, kann die Kammer eine Verletzung der Fürsorgepflicht bzw. eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Klägers hierdurch nicht erkennen. Zu Recht hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass die beiden ersten Abmahnungen wegen einer Dienstaufsichtsbeschwerde des Gemeindebürgers S erteilt worden seien. Der Kläger hat dies auch in der Berufungsinstanz nicht bestritten. Eine Schädigungshandlung der Beklagten oder eine Fürsorgepflichtverletzung wird dann aber nicht erkennbar. Mit der Abmahnung übt der Arbeitgeber ein ihm zustehendes Rügerecht im Hinblick auf die Erbringung der Arbeitsleistung aus. Er begeht damit zunächst keinen Verstoß gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag. Dies gilt grundsätzlich auch, wenn sich die Abmahnung als unberechtigt herausstellt (so ausführlich auch LAG Köln vom 07.01.1998, Az. 2 Sa 1014/97). Eine Verletzung der Fürsorgepflicht liegt zumindest dann nicht vor, wenn ein verständiger Arbeitgeber die Rüge im Zeitpunkt des Ausspruchs als berechtigt ansehen durfte; er handelte dann in Wahrung berechtigter eigener Interessen. Selbst wenn man die unberechtigte Abmahnung gleichzeitig als Fürsorgepflichtverletzung ansehen würde, würde vorliegend ein Schadensersatzanspruch ausscheiden. Der Kläger hat nämlich bezüglich dieser Abmahnung in keiner Weise dargetan, dass die Beklagte ein – vorsätzliches oder fahrlässiges – Verschulden daran trifft, dass die Abmahnung unberechtigterweise ausgesprochen wurde. Damit scheidet ein hierauf gestützter Schadensersatzanspruch aus.  Ähnliches gilt für die Abmahnungen vom 13.03.1995 und vom 20.03.1995. Zwar stellt der Kläger diesbezüglich nachvollziehbar dar, dass diese Abmahnungen auch inhaltlich falsch gewesen seien. Sein diesbezüglicher Vortrag lässt nicht erkennen, dass die Beklagte bereits bei Ausspruch der Abmahnung Pflichtverletzungen begangen hätte – etwa weil ihr die Fehlerhaftigkeit der Anschuldigung bewusst gewesen wäre. Um so mehr fehlt es an der Darlegung eines entsprechenden Verschuldens. Soweit der Kläger darlegt, die Abmahnungen seien nur deswegen ausgesprochen worden, weil er eine im Verhältnis zu seinem Vorgesetzten abweichende Auffassung hinsichtlich der Kanal- und Wasserbescheide vertreten habe, kann die Kammer einen solchen Zusammenhang nicht erkennen. Die Beklagte hat mit den Abmahnungen konkrete Verhaltensweisen bzw. Angaben gegenüber Mitgliedern im Stadtrat und im Rechnungsprüfungsausschuss gerügt. Der rein zeitliche Zusammenhang mit den aufgetretenen Problemen besagt hierbei schon deswegen wenig, weil der Kläger das Vorhandensein unterschiedlicher Auffassungen im Verhältnis zu seinem Vorgesetzten schon seit Mai 1992 behauptet. Im übrigen bestehen hinsichtlich dieser Abmahnungen auch erhebliche Zweifel an der Kausalität. Der Kläger erklärt selbst, er habe sich bereits seit Februar 1995 – also vor Ausspruch der genannten Abmahnungen – in fachärztlicher psychotherapeutischer Behandlung befunden. Er war seit 06.03.1995 wegen der dargelegten Störungen arbeitsunfähig krank geschrieben. Die später ausgesprochenen Abmahnungen scheiden als Ursache für die Entstehung der Erkrankung damit aus. Anhaltspunkte dafür, dass sie die vom Kläger ausgeführten psychischen Probleme in einer Weise verstärkt hätten, die zum Schaden beigetragen hätte, hat auch der Kläger nicht vorgetragen. Ähnliches gilt für die ausgesprochene Kündigung vom 16.05.1996. Zwar kann auch eine sozialwidrige Kündigung eine positive Vertragsverletzung darstellen. Auch dies setzt jedoch voraus, dass der Arbeitgeber beim Ausspruch der Kündigung pflichtwidrig und schuldhaft gehandelt hat. Es genügt nicht, dass er eine vertretbare Rechtsauffassung vertreten und sich zum Ausspruch einer Kündigung berechtigt gehalten hat. Der Kläger hat – und auch hierauf hat bereits das Arbeitsgericht hingewiesen (S. 11 der Entscheidungsgründe, Bl. 496 d.A.) - auch diesbezüglich nichts vorgetragen außer der Tatsache, dass sich die Kündigung als ungerechtfertigt herausgestellt hat. Dies genügt jedoch den Anforderungen an eine schuldhafte Pflichtverletzung – und nur eine solche führt dem Grunde nach zu Schadensersatzansprüchen nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung nicht. 

Zum Beweiswert eines ärztlichen Beschäftigungsverbots

BAG, Urteil vom 21. 3. 2001 - 5 AZR 352/99

1. Die Voraussetzungen für ein Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs 1 MuSchG können auch dann vorliegen, wenn psychisch bedingter Streß Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind gefährdet. Voraussetzung ist, dass der gefährdende Stress gerade durch die Fortdauer der Beschäftigung verursacht oder verstärkt wird.

2. Die Beweislast für Umstände, die den Beweiswert einer ärztlichen Bescheinigung nach § 3 Abs 1 MuSchG erschüttern sollen, trägt der Arbeitgeber. Die Beweislast dafür, dass trotz des erschütterten Beweiswerts der ärztlichen Bescheinigung ein Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs 1 MuSchG angezeigt war, trägt die Arbeitnehmerin.

Aus den Gründen (verkürzte Darstellung):  Die Parteien streiten über Ansprüche der Klägerin auf Mutterschutzlohn. Die Beklagte betreibt eine Spedition. Sie hat etwa 30 kaufmännische und 50 gewerbliche Mitarbeiter. Die 32-jährige Klägerin ist seit dem 1. September 1987 bei der Beklagten beschäftigt. Sie ist tätig als Sachbearbeiterin im Bereich Export/ Import. Ihr Bruttomonatsgehalt beträgt 4. 310, 00 DM. Im Jahre 1997 wurde die Klägerin schwanger. Das teilte sie der Beklagten im Oktober 1997 mit. Als voraussichtlichen Entbindungstermin nannte sie den 8. Juni 1998. Vom 7. Januar bis Anfang Februar 1998 war die Klägerin laut ärztlicher Bescheinigungen arbeitsunfähig krank. Am 9. Februar 1998 legte sie der Beklagten ein Attest eines der sie behandelnden Ärzte vom 4. Februar 1998 vor, das folgenden Wortlaut hat:

"Für (die Klägerin), geb. 6. 8. 68 wird ein schwangerschaftsbedingtes individuelles Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs. 1 MuSchG ausgesprochen. Umfang des Verbotes: gesamte berufliche Tätigkeit, Dauer des Verbotes: unbefristet, Grund: Leben oder Gesundheit von Mutter und Kind sind bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet."

Die Beklagte bat die Ärzte telefonisch um Auskunft über die Gründe für das Attest. Dabei erfuhr sie, dass die Klägerin über Probleme mit Vorgesetzten und Arbeitskollegen geklagt habe. Mit Schreiben vom 5. März 1998 wandte sich die Beklagte erneut an den ausstellenden Arzt. Sie teilte diesem mit, dass aus ihrer Sicht keine Umstände bestünden, die ein Beschäftigungsverbot rechtfertigen könnten. Das Arbeitsverhältnis sei stets unbelastet und störungsfrei verlaufen. Psychische Dauerbelastungen der Klägerin gebe es nicht. Es sei kein Zusammenhang zwischen dem Arbeitseinsatz und einer Gefährdung i.S.v. § 3 Abs. 1 MuSchG zu erkennen. Die Beklagte bat um Mitteilung, ob das Beschäftigungsverbot aufrechterhalten werde. Die behandelnden Ärzte baten die Klägerin unter Beifügung einer Kopie dieses Schreibens um Stellungnahme und führten mit ihr am 10. März 1998 ein Telefongespräch. Ihr Attest vom 4. Februar 1998 nahmen sie nicht zurück.

Am 11. März 1998 beantragte die Beklagte bei der zuständigen Bezirksregierung die Zustimmung zur beabsichtigten fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin. Ihr Antrag wurde abgelehnt. Widerspruch legte sie nicht ein.

Seit Mitte Februar 1998 zahlte die Beklagte der Klägerin kein Gehalt mehr. Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin Zahlung der offenen Gehälter für die Zeit bis zum 27. April 1998 in rechnerisch unstreitiger Höhe. Sie hat die Auffassung vertreten, die ärztliche Bescheinigung vom 4. Februar 1998 sei zu Recht erteilt worden. Sie hat behauptet, im Betrieb sei gegen sie "Psychoterror" und "Mobbing" ausgeübt worden. Das Verhältnis zu ihrem Vorgesetzten habe sich schlagartig verschlechtert, nachdem sie ihn von ihrer Schwangerschaft in Kenntnis gesetzt habe. So sei sie für Vorsorgeuntersuchungen anfänglich nur mit der Aufforderung freigestellt worden, die entsprechende Zeit nachzuarbeiten. Auch habe die Beklagte schon am 12. November 1997 in der örtlichen Presse eine Stellenanzeige für die Neubesetzung ihres Arbeitsplatzes aufgegeben, obwohl sie in ihrer Schwangerschaftsmitteilung ausdrücklich erklärt habe, sich zu einem möglichen Erziehungsurlaub erst später äußern zu wollen. Ihr Vorgesetzter habe im Dezember 1997 ihren Antrag auf Bildungsurlaub aufbrausend abgelehnt und diese Ablehnung erst später mit Hinweis auf betriebliche Hindernisse begründet. Die auf die Stellenanzeige für ein Jahr befristet eingestellte Mitarbeiterin habe in einem ersten Gespräch am 5. Januar 1998 erklärt, ihr habe man gesagt, ihr Arbeitsplatz sei sicher, da sie - die Klägerin - nach der Entbindung nicht mehr wiederkommen werde. Die Klägerin hat vorgebracht, seit November 1997 habe sie täglich an Kopf- und Magenschmerzen und Schwindelanfällen gelitten. Darüber habe sie ihren Arzt am 6. Januar 1998 informiert. Zugleich habe sie ihm mitgeteilt, dass sie wegen des von ihr als Psychoterror und Mobbing empfundenen Verhaltens im Betrieb "total deprimiert" gewesen und ständig in Tränen ausgebrochen sei, wenn sie ihrem Ehemann über die Verhältnisse im Hause der Beklagten berichtet habe. Sie habe sich der "psychischen Belastung am Arbeitsplatz" nicht mehr gewachsen gefühlt und nicht mehr schlafen können.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 9. 766, 36 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem Nettobetrag von 1. 939, 00 DM brutto seit dem 1. März 1998, aus dem Nettobetrag von 4. 310, 00 DM brutto seit dem 1. April 1998 und aus dem Nettobetrag von 3. 517, 36 DM brutto seit dem 1. Mai 1998 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat behauptet, die Klägerin habe gegenüber ihren Ärzten - objektiv unzutreffend - erklärt, es sei zwischen den Parteien bereits ein Arbeitsgerichtsverfahren anhängig. Ohne eine solche Angabe hätten die Ärzte das Beschäftigungsverbot nicht ausgesprochen. Es treffe auch nicht zu, dass die Klägerin auf Grund irgendwelcher betrieblicher Vorkommnisse Grund für die Annahme gehabt habe, gegen sie werde Psychoterror ausgeübt.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie nach Beweisaufnahme abgewiesen. Mit der Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe: Die Revision hat Erfolg. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Es beruht auf einem Verfahrensfehler. Die ihm zugrunde liegende Beweiswürdigung ist unvollständig. Dies führt zur Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht.

I. Die Revision ist zulässig. Die Klägerin rügt, das Landesarbeitsgericht habe zu Unrecht angenommen, sie trage die Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen für ein Beschäftigungsverbot vorgelegen hätten. Falls diese Rüge sachlich berechtigt ist, also die Beweislast der Beklagten oblag, hätte das Landesarbeitsgericht zu einem anderen Ergebnis gelangen, nämlich der Klage nach seiner Auffassung stattgeben müssen. Die Revision rügt ferner die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts. Zum einen habe dieses die psychische Belastung der Klägerin mit dem Argument ausgeschlossen, es lägen keine physischen Auffälligkeiten vor. Zum anderen stünden die Bekundungen der Ärzte im Widerspruch zu dem vom Landesarbeitsgericht dargestellten Ergebnis der Beweisaufnahme. Der Sache nach rügt die Klägerin damit eine Verletzung von § 286 ZPO durch einen Verstoß gegen die Denkgesetze und unvollständige Würdigung der erhobenen Beweise. Beides sind zulässige Verfahrensrügen.

II. Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die erhobenen Beweise nicht vollständig gewürdigt. Ob die Klageforderung besteht, kann der Senat nicht abschließend entscheiden.

1. Die Klägerin hat im Anschluss an ihre Arbeitsunfähigkeit die Arbeit bis zum Beginn der Mutterschutzfrist am 28. April 1998 nicht wieder aufgenommen. Die Klageforderung kann sich daher nur aus § 11 Abs. 1 MuSchG ergeben. Nach dieser Vorschrift hat eine schwangere Arbeitnehmerin, soweit sie nicht Mutterschaftsgeld nach der RVO beziehen kann, Anspruch auf Weitergewährung ihres bisherigen Durchschnittsverdienstes, wenn sie wegen eines Beschäftigungsverbots nach § 3 Abs. 1 MuSchG mit der Arbeit aussetzt. Gemäß § 3 Abs. 1 MuSchG dürfen werdende Mütter nicht beschäftigt werden, soweit nach ärztlichem Zeugnis Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet ist.

2. Für ein Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs. 1 MuSchG kommt es nicht darauf an, ob vom Arbeitsplatz als solchem, also der spezifischen Tätigkeit, Gefahren für die Schwangere ausgehen und ob solche Gefahren auch für andere Schwangere bestünden. Maßgeblich ist allein der individuelle Gesundheitszustand der am konkreten, möglicherweise völlig ungefährlichen Arbeitsplatz beschäftigten Arbeitnehmerin. Es genügt, dass die Fortsetzung der Arbeit die Gesundheit von Mutter und Kind gefährdet. Dabei ist unerheblich, auf welcher genauen Ursache die Gefährdung beruht (BAG 11. November 1998 - 5 AZR 49/ 98 - BAGE 90, 125 mwN). Ausschlaggebend ist, dass die Gefährdung gerade mit der Fortsetzung der Arbeit verbunden ist. Unter dieser Voraussetzung können auch psychische Belastungen der Arbeitnehmerin ein Beschäftigungsverbot begründen. Das individuelle Beschäftigungsverbot des § 3 Abs. 1 MuSchG greift aber erst ein, wenn der Arzt eine Gefährdung attestiert hat. Das ärztliche Zeugnis ist deshalb für das Beschäftigungsverbot konstitutiv (Schliemann/ König NZA 1998, 1030, 1032 mwN).

3. Das Beschäftigungsverbot wirkt sich aus auf die Leistungspflicht der Arbeitnehmerin und auf die Gegenleistungspflicht des Arbeitgebers.

4. Der Arbeitgeber, der ein Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs. 1 MuSchG nicht gegen sich gelten lassen will, kann vom ausstellenden Arzt Auskünfte über die Gründe für das Attest verlangen, soweit diese nicht der ärztlichen Schweigepflicht unterliegen. Der Arbeitgeber kann deshalb nach möglichen Ursachen für das Verbot fragen, soweit sie im betrieblichen Arbeitsablauf begründet sein könnten. Der Arbeitgeber muss Gelegenheit haben, etwaige Gefahrenquellen zu beseitigen. Der Arzt hat deshalb dem Arbeitgeber mitzuteilen, von welchen tatsächlichen Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmerin er bei Erteilung seines Zeugnisses ausgegangen ist. Trifft die Beschreibung zu, kann der Arbeitgeber die Arbeitsbedingungen in Absprache mit dem Arzt möglicherweise so verändern, dass eine Weiterbeschäftigung ungefährlich wird. Trifft die Beschreibung aus Sicht des Arbeitgebers nicht zu, kann er den Arzt darauf hinweisen und um eine Erklärung darüber bitten, ob ein Beschäftigungsverbot auch bei Zugrundelegung der aus Arbeitgebersicht gegebenen Arbeitsbedingungen besteht.

5. Wird das ärztliche Attest aufrechterhalten, will der Arbeitgeber das Beschäftigungsverbot aber gleichwohl nicht gegen sich gelten lassen, kann er eine weitere ärztliche Untersuchung der Arbeitnehmerin verlangen (BAG 31. Juli 1996 - 5 AZR 474/ 95 - BAGE 84, 1; Gröninger/ Thomas Mutterschutzgesetz Stand Juni 2000 § 3 Rn. 29; Zmarzlik/ Zipperer/ Viethen aaO § 3 MuSchG Rn. 16; ErfK/ Schlachter 2. Aufl. § 3 MuSchG Rn. 11). Die Arbeitnehmerin hat diesem Verlangen angesichts der den Arbeitgeber treffenden Belastungen regelmäßig nachzukommen, wenn der Arbeitgeber ihr die ihn dazu bewegenden Gründe mitteilt. Dazu ist der Arbeitgeber aufgrund des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Arbeitnehmerin verpflichtet.

6. Bestehen Zweifel an einem Beschäftigungsverbot, ist es dem Arbeitgeber nach der Rechtsprechung des Senats unbenommen, unabhängig von einer neuerlichen Untersuchung Umstände vorzutragen, die den Beweiswert des ärztlichen Zeugnisses erschüttern (BAG 1. Oktober 1997 - 5 AZR 685/ 96 - BAGE 86, 347; BAG 31. Juli 1996 aaO). Regelmäßig wird er auf diese Weise das Verbot aber nicht mehr vor Beginn der Frist des § 3 Abs. 2 MuSchG zu Fall bringen können, falls der Arzt seine Erklärung nicht zurücknimmt.

a) Erhebliches Vorbringen des Arbeitgebers zur Erschütterung des Beweiswerts kann die Behauptung sein, die Arbeitnehmerin habe dem Arzt ihre Arbeitsbedingungen, die für den Anspruch des Verbots ausschlaggebend gewesen seien, unzutreffend beschrieben oder sie habe gegenüber Dritten erklärt, sie habe ein Gefälligkeitszeugnis erhalten und Ähnliches mehr. Für die Richtigkeit seiner Behauptungen trägt der Arbeitgeber die Beweislast.

b) Ist der Beweiswert des ärztlichen Zeugnisses erschüttert, steht nicht mehr mit der gebotenen Zuverlässigkeit fest, dass die Arbeitnehmerin iSv. § 11 Abs. 1 MuSchG "wegen eines Beschäftigungsverbots" mit der Arbeit ausgesetzt hat. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass es nunmehr Sache der Arbeitnehmerin ist, die Tatsachen darzulegen und ggf. zu beweisen, aufgrund derer ein Beschäftigungsverbot gleichwohl bestand. So wie bei einer nur mündlichen Erklärung des Arztes kommen ihr in diesem Fall keine Beweiserleichterungen mehr zugute (zum eingeschränkten Beweiswert einer nur mündlichen Erklärung vgl. BAG 1. Oktober 1997 aaO). Darüber, ob sie zur Beweisführung ihren behandelnden Arzt von seiner Schweigepflicht entbindet und ihn als sachverständigen Zeugen für die Verbotsgründe benennt, muss sie selbst befinden.

Diese Verteilung der Beweislast ergibt sich aus dem allgemeinen Grundsatz, dass jede Partei die für ihr Begehren notwendigen und damit die für sie günstigen Tatsachen beweisen muss. Die Arbeitnehmerin, die Mutterschutzlohn verlangt, begehrt - entgegen §§ 323, 325 BGB - Vergütung ohne Arbeitsleistung. Die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift des § 11 MuSchG hat deshalb sie zu beweisen. Aus ihrem und des ungeborenen Kindes Recht auf körperliche Unversehrtheit und aus Art. 6 Abs. 4 GG folgt anderes nur im Hinblick auf das Bestehen einer Arbeitspflicht, nicht für den Vergütungsanspruch. Dem stehen die Entscheidungen des Senats vom 31. Juli 1996 (- 5 AZR 474/ 95 - BAGE 84, 1) und 12. März 1997 (- 5 AZR 766/ 95 - BAGE 85, 237) nicht entgegen. Soweit es dort heißt, der Arbeitgeber trage "das Risiko dafür, das Gericht von der Unrichtigkeit des ärztlichen Beschäftigungsverbots überzeugen zu müssen", bzw. "die Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen für den Ausspruch eines Beschäftigungsverbots in Wahrheit nicht vorgelegen haben", bezieht sich dies lediglich auf die Tatsachen, die den anfänglichen Beweiswert des schriftlichen Verbots erschüttern sollen.

7. Von diesen Grundsätzen ist auch das Landesarbeitsgericht ausgegangen.

a) Das Landesarbeitsgericht hat das Vorbringen der Beklagten als geeignet angesehen, den Beweiswert der ärztlichen Bescheinigung vom 4. Februar 1998 zu erschüttern. Da es über die Richtigkeit des Vorbringens der Beklagten tatsächlich Beweis erhoben hat, kommt es nicht mehr darauf an, ob ihm insoweit zu folgen ist. An die Feststellungen des Berufungsgerichts ist das Revisionsgericht nach § 561 ZPO auch dann gebunden, wenn sie aufgrund einer rechtlich nicht erforderlichen Beweiserhebung getroffen worden sein sollten.

Im übrigen war im Streitfall eine Beweisaufnahme durchaus geboten. Die Beklagte hatte von den die Klägerin behandelnden Ärzten - mit Recht - die Auskunft erhalten, dass diese über Probleme mit Vorgesetzten und Arbeitskollegen am Arbeitsplatz geklagt habe und das Attest vom 4. Februar 1998 damit im Zusammenhang stehe. Auf den Vorhalt der Beklagten, sie vermöge solcherlei Probleme nicht zu erkennen, und auf ihre Anfrage, ob das Beschäftigungsverbot aufrechterhalten bleibe, reagierten die Ärzte nicht. Bei einem auf "Probleme mit Vorgesetzten und Kollegen" gestützten Beschäftigungsverbot genügt der Arbeitgeber, der die Berechtigung des Verbots anzweifelt, seiner Darlegungslast zunächst dadurch, dass er solche Probleme bestreitet. Es ist Sache der Arbeitnehmerin, sie näher zu erläutern und entsprechende Geschehnisse zu konkretisieren. Erst dann ist der Arbeitgeber gehalten, dies substantiiert zu bestreiten und das Gegenteil unter Beweis zu stellen. Beide Parteien sind ihren prozessualen Obliegenheiten insoweit nachgekommen. Überdies hatte die Beklagte behauptet, das Beschäftigungsverbot sei lediglich deshalb ausgesprochen worden, weil die Klägerin gegenüber den Ärzten fälschlich angegeben habe, es sei bereits ein Arbeitsgerichtsverfahren zwischen den Parteien anhängig.

b) Das Landesarbeitsgericht hat nicht nur den Beweiswert des ärztlichen Zeugnisses vom 4. Februar 1998 als erschüttert angesehen. Es hat die erhobenen Beweise außerdem dahin gewürdigt, dass die von der Klägerin genannten Vorfälle sich teilweise anders zugetragen haben als von ihr behauptet und insgesamt keinen objektiven Grund für die Annahme bildeten, sie - die Klägerin - habe "terrorisiert" werden sollen und sei "Mobbing" ausgesetzt gewesen. Diese Feststellungen des Berufungsgerichts werden von der Klägerin mit einer Verfahrensrüge nicht angegriffen. Sie sind für das Revisionsgericht deshalb bindend.

c) Zu Recht rügt die Klägerin dagegen, die Beweiswürdigung des Landesarbeitsgerichts sei in anderer Hinsicht unvollständig.

aa) Eine vom Berufungsgericht gemäß § 286 Abs. 1 ZPO vorgenommene Würdigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme ist durch das Revisionsgericht nur beschränkt nachprüfbar. Dieses kann lediglich überprüfen, ob das Berufungsgericht die Voraussetzungen und die Grenzen des § 286 Abs. 1 ZPO gewahrt und eingehalten hat. Revisionsrechtlich von Bedeutung ist deshalb nur, ob das Berufungsgericht tatsächlich den gesamten Inhalt der Verhandlungen berücksichtigt und alle erhobenen Beweise gewürdigt hat, ob die Beweiswürdigung in sich widerspruchsfrei sowie frei von Verstößen gegen Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze ist und ob sie rechtlich möglich ist (BAG 1. Oktober 1997 - 5 AZR 685/ 96 - BAGE 86, 347 mwN). Dabei verlangt die Berücksichtigung des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nicht eine Würdigung jeder Einzelausführung eines Zeugen oder Sachverständigen. Es reicht aus, dass insgesamt widerspruchsfrei und umfassend zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung genommen wird (BAG 25. Februar 1998 - 2 AZR 327/ 97 - nv., zu Ziff. II 1 der Gründe mwN). Zu verlangen ist jedoch, dass alle wesentlichen Aspekte in den Aussagen eines Zeugen oder Sachverständigen in der Begründung des Gerichts erwähnt und gewürdigt werden.

bb) Diesen Anforderungen wird die Beweiswürdigung des Landesarbeitsgerichts nicht voll gerecht.

Der Facharzt für Frauenheilkunde Dr. B, der die Klägerin behandelte und die Bescheinigung vom 4. Februar 1998 erteilte, hat bei seiner Vernehmung vor dem Landesarbeitsgericht ua. ausgesagt, er habe bereits am 21. Januar 1998 Überlegungen angestellt, ein individuelles Beschäftigungsverbot auszusprechen. Zum damaligen Zeitpunkt habe ihm allerdings die sichere Kenntnis über die konkreten Voraussetzungen eines derartigen Verbots gefehlt. Nachdem er ausreichende Informationen eingeholt habe, habe er am 4. Februar 1998 das Verbot ohne weitere Untersuchung der Klägerin ausgesprochen. Zuvor habe die Klägerin Probleme am Arbeitsplatz angesprochen. Sie habe ihm eine Stress-Situation geschildert, die für ihn eine Gefährdung ihrer selbst bzw. ihres noch nicht geborenen Kindes dargestellt habe, zumal sie sich im damaligen Zeitpunkt in einer kritischen Phase der Schwangerschaft befunden habe. Die Klägerin sei zu Beginn des Jahres 1998 mehrmals in der Praxis gewesen, habe wiederholt auf die betrieblichen Probleme hingewiesen und den Eindruck einer "aufgelösten Erscheinung" gemacht. Obwohl die geschilderten Umstände nicht objektivierbar gewesen seien, habe er deshalb keine andere Möglichkeit gesehen, als das Beschäftigungsverbot auszusprechen.

Der Facharzt für Frauenheilkunde Dr. W, der die Klägerin ebenfalls behandelte, hat bekundet, die Klägerin habe ihm am 18. Januar 1998 berichtet, dass sich das betriebliche Zusammenleben weiterhin unerfreulich gestaltet habe, sie häufig in Tränen ausbreche und unter Bauchschmerzen leide. Hätte er am 18. Januar 1998 Kenntnis von der Möglichkeit gehabt, ein Beschäftigungsverbot auszusprechen, hätte er dies getan, weil es der damaligen Situation entsprochen habe. Die Klägerin habe ihm mitgeteilt, dass sie wegen der betrieblichen Verhältnisse gestresst sei. Ein solcher Stress könne durchaus negative Auswirkungen auf eine bestehende Schwangerschaft haben, bis hin zur Gefahr einer Frühgeburt. Er bleibe deshalb bei seiner Einschätzung, dass auf der Grundlage der Informationen vom 18. Januar 1998 ein Beschäftigungsverbot hätte ausgesprochen werden können.

Die Aussagen der sachverständigen Zeugen können dahin verstanden werden, dass aufgrund des psychischen Zustands der Klägerin die Feststellung eines Beschäftigungsverbots unabhängig davon geboten war, ob die von ihr gegen die Beklagte erhobenen Vorwürfe objektiv zutrafen. Beide Zeugen haben das Vorliegen von Stresserscheinungen und einer seelischen Aufgelöstheit bei der Klägerin bekundet. Beide hielten ein Beschäftigungsverbot aufgrund der Schilderungen der betrieblichen Situation für erforderlich. Eine Gefährdung der Klägerin oder des Kindes durch eine Fortsetzung der Arbeit wird nicht notwendig dadurch geringer, dass die Klägerin sich zwar bei ruhiger und gelassener Prüfung objektiv zu Unrecht einem Psychoterror und Mobbing ausgesetzt fühlte, tatsächlich aber gleichwohl eine im Zusammenhang mit der Arbeit stehende und zur Gefährdung führende psychische Belastung auftrat.

Diesen Aspekt der Zeugenaussagen hat das Landesarbeitsgericht nicht gewürdigt. Es hat sich mit dem Ergebnis der Beweisaufnahme allein unter dem Aspekt befasst, ob die Bewertung der betrieblichen Vorfälle als Mobbing und Psychoterror objektiv berechtigt erschienen sei, und hat dies verneint. Aus den Gründen des Urteils ist dagegen nicht ersichtlich, dass es die Möglichkeit in Betracht gezogen hat, es könnten die subjektiven Empfindungen der Klägerin am Arbeitsplatz zu einer tatsächlich vorhandenen psychischen Ausnahmesituation und Streßsymptomatik geführt haben, durch die bei Fortdauer der Arbeit Gesundheit oder Leben von Mutter oder Kind gefährdet war. dass das Landesarbeitsgericht diese Möglichkeit erwägen und das Ergebnis der Beweisaufnahme auch unter diesem Aspekt würdigen würde, durfte die Klägerin erwarten. Sie hatte jedenfalls in ihrem Schriftsatz vom 1. März 1999 ausdrücklich vorgetragen, subjektiv habe sie Psychoterror und Mobbing empfunden. Das Landesarbeitsgericht musste außerdem davon ausgehen, dass sich die Klägerin die Aussagen der sie behandelnden Ärzte zu eigen machen wollte.

8. Das Landesarbeitsgericht wird - lediglich - die Würdigung dieses Gesichtspunkts nachzuholen haben. Dabei wird zu beurteilen sein, ob die Klägerin psychisch bedingten Streß nur vorgeschoben oder sich auf Grund wahrnehmbarer Anzeichen tatsächlich in einer Streßsituation befunden hat, und inwiefern im letztgenannten Fall eine Gefährdung von Mutter oder Kind gerade durch die Fortdauer der Beschäftigung bei der Beklagten hervorgerufen worden wäre. Eine ausschließlich durch die Schwangerschaft als solche bedingte Streßsituation könnte eine Arbeitsunfähigkeit infolge Erkrankung, nicht aber ein arbeitsplatzbedingtes Beschäftigungsverbot begründen. Ob es weiteren Vortrags der Klägerin und einer neuerlichen Beweiserhebung bedarf, obliegt allein der Beurteilung durch das Landesarbeitsgericht.

Gelingt der Klägerin der Beweis eines Beschäftigungsverbots nicht, wirkt sich dies zu ihren Lasten aus. Wie ausgeführt, hat das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen, dass im Rahmen von § 11 Abs. 1 MuSchG für die Richtigkeit des ärztlichen Zeugnisses letztlich die Arbeitnehmerin beweisbelastet ist.  

Nichtzulassungsbeschwerde

Die Beschwerde einer Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil eines Landesarbeitsgerichts hat das BAG am 20.3.2003  (8 AZN 27/03) übrigens mal zurückgewiesen.

Kurz zusammengefasst erläuterte das BAG das so: Die angezogene Entscheidung des Thüringer Landesarbeitsgerichts - 15. Februar 2001 - 5 Sa 102/2000 - befasst sich mit den Auswirkungen eines "mobbingtypischen" medizinischen Befundes auf die Beweislage, nicht jedoch auf den Umfang der Substantiierungspflicht bei der Darlegung des Mobbingvorwurfs. Auch zur Entscheidung des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 10. April 2001 - 5 Sa 403/2000 - besteht hinsichtlich der Substantiierung von Mobbing-Vorwürfen keine Divergenz. Wie bereits ausgeführt (vgl. B II 1 c), wird in der anzufechtenden Entscheidung nicht generell die genaue Datumsangabe der Mobbingvorwürfe verlangt, sondern eine Substantiierung, die auch die Schilderung der konkreten Situation mit ungefährer Zeitangabe genügen lässt.

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