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Mobbing
Verjährung
Ausschlussfristen |
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Wir haben
uns in unserer Rechtsanwaltskanzlei mit vielen Mobbingfällen befasst
und insoweit sind uns nicht nur rechtliche Fragen geläufig, sondern
auch die Betroffenheit des Mobbingopfers, die sich regelmäßig in
einschlägigen Krankheit wie Depressionen und eben typischen
psychosomatischen Beschwerden artikuliert.
Auf dieser Seite geht es um
die Frage, bis wann man Mobbingansprüche geltend machen sollte. Dabei
gilt unabhängig von Verjährungs- oder Ausschlussfristen, dass
zeitnahes Handeln immer richtig ist. Denn wenn die Vorgänge
Gerichten nicht zeitnah präsentiert werden, ist es immer schwer,
Sachverhalte plausibel darzulegen, Zeugen zu finden, die sich noch
erinnern können, vor allem aber auch: Gerichten gegenüber klar
machen, dass die persönliche Betroffenheit groß ist.
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Tarifliche
Ausschlussfristen könnten auch Ansprüche aus vorsätzlicher
deliktischer Haftung erfassen, wenn diese auf demselben
Lebenssachverhalt beruhen wie vertragliche Schadensersatzansprüche.
Nach dem Wortlaut etwa des § 21
MTV sind nicht nur tarifliche Ansprüche, sondern „alle Ansprüche
aus … dem Arbeitsverhältnis“ binnen drei Monaten nach Fälligkeit
schriftlich geltend zu machen. Nach der ständigen Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichts zur bisherigen Rechtslage zählen zu den Ansprüchen
aus dem Arbeitsverhältnis wegen eines einheitlichen Lebensvorgangs
nicht nur vertragliche Erfüllungs- und Schadensersatzansprüche,
sondern auch solche aus unerlaubter Handlung.
Allerdings sind bei einer in einem
Formulararbeitsvertrag von dem Arbeitgeber vorformulierten
Ausschlussklausel Zweifel angebracht sein, ob die Haftung wegen
Vorsatzes nach dem Willen der Parteien umfasst sein sol.
Wegen des einheitlichen
Lebensvorgangs könnten Schadensersatzansprüche wegen unerlaubter
Handlungen auch dann zu den von einer tariflichen Ausschlussfrist
erfassten Ansprüchen, wenn der Tarifvertrag die Ausschlussfrist ohne
weiteren Zusatz für „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“
regelt. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um Ansprüche aus
Vorsatzhaftung oder um Ansprüche wegen fahrlässiger
Pflichtverletzung handelt. Die Formulierung „alle Ansprüche“
unterscheidet gerade nicht danach, ob diese auf vorsätzlicher oder
nur fahrlässiger Tatbegehung beruhen. Durch die Wortwahl „alle
Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ bringen die
Tarifvertragsparteien zum Ausdruck, dass sämtliche Ansprüche, die
ihren Grund in der arbeitsvertraglichen Beziehung der Parteien haben,
erfasst sein sollen, unabhängig davon, ob als weitere
Anspruchsgrundlage auch das Recht der unerlaubten Handlung nach den
§§ 823 ff. BGB in Betracht kommt. Das sieht das BAG ausweislich der Pressemitteilung Nr. 42/13 inzwischen so: Eine zwischen den Parteien des Arbeitsvertrages vereinbarte Ausschlussfrist sei regelmäßig dahin
auszulegen, dass sie nur die von den Parteien für regelungsbedürftig gehaltenen Fälle erfassen soll. Eine Anwendung auch für die Fälle, die durch gesetzliche Verbote oder Gebote geregelt sind, sei dagegen regelmäßig gerade nicht gewollt. Im konkreten Fall bestand zwischen
den Parteien seit dem 1. September 2009 ein auf ein Jahr befristetes Arbeitsverhältnis. Im schriftlichen Arbeitsvertrag hatten die Parteien eine Ausschlussfrist vereinbart, wonach alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen,
verfallen sollten, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden. Die Klägerin war ab dem 16. November 2009 arbeitsunfähig krank. Anfang Februar 2010 verständigten sich die Parteien auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses
zum 31. Mai 2010. Am 26. März 2010 unterrichtete die Klägerin die Arbeitgeberin darüber, dass sie gegen ihren Vorgesetzten Strafanzeige wegen Beleidigung und sexueller Belästigung gestellt habe. Mit einer am 30. August 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage machte die Klägerin erstmalig die Zahlung
eines Schmerzensgeldes wegen „Mobbings“ geltend.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin vor dem Bundesarbeitsgericht war erfolgreich. Anders als bei einer tarifvertraglichen Ausschlussfrist können die Parteien eines Arbeitsvertrages weder die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes im
Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtern (§ 202 Abs. 1 BGB) noch die Haftung wegen Vorsatzes dem Schuldner im Voraus erlassen (§ 276 Abs. 3 BGB). Zudem haftet der Arbeitgeber bei Arbeitsunfällen und Berufsunfähigkeit ausschließlich bei Vorsatz, § 104 Abs. 1 SGB VII. Bei dieser klaren Gesetzeslage ist ohne
besondere Anzeichen regelmäßig davon auszugehen, dass die Parteien des Arbeitsvertrages mit der Ausschlussklausel nicht auch Fragen der Vorsatzhaftung regeln wollten. Im Übrigen wäre auch bei anderem Auslegungsergebnis eine solche arbeitsvertragliche Klausel, anders als eine tarifvertragliche
Normativbestimmung, unwirksam. Der Senat hat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Dieses wird zu klären haben, ob eine vorsätzliche Handlung der Arbeitgeberin und ihrer Erfüllungsgehilfen einen Anspruch der Klägerin auf Schmerzensgeld wegen „Mobbings“
begründet. (Bundesarbeitsgericht - Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 AZR 280/12 - Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Köln - Urteil vom 31. Januar 2012 - 5 Sa 1560/10).
Aktueller hierzu das
Arbeitsgericht Stuttgart aus dem Jahre 2016: Die Ausschlussfrist
gem. § 37 TVöD erfasst unabhängig von der Anspruchsgrundlage auch
Schadens- und Schmerzensgeldansprüche wegen
vorsätzlicher Pflichtverletzungen und Verletzung des allgemeinen
Persönlichkeitsrechts (hier: Schmerzensgeldanspruch wegen
Mobbings) (in Anlehnung an BAG 2007). Das gilt auch dann, wenn die
tarifliche Ausschlussfrist kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf
das für das Arbeitsverhältnis einschlägige Tarifwerk als Ganzes zur
Anwendung kommt. § 202 BGB steht dem nicht entgegen.
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Bei allen
Ansprüchen wegen unerlaubter Handlungen, die sich über eine gewisse
Zeit erstrecken, ist auch das Problem der Verjährung
bzw. des Ausschlusses von Ansprüchen zu berücksichtigen.
Dazu hat das LAG Hamm (8 Sa 949/05) interessante
Ausführungen gemacht. Sinn und Zweck derartiger Ausschlussklauseln
liegen darin, für die Parteien des Arbeitsverhältnisses zeitnah
Klarheit über etwa streitige Rechtspositionen zu schaffen. Der tägliche
Kontakt der Arbeitsvertragsparteien schafft laufend neue Tatsachen,
aus welchen sich für die ein oder andere Partei Rechtsansprüche
ergeben können. Je länger der maßgebliche Lebenssachverhalt zurückliegt,
desto schwieriger erweist sich im nachhinein die vollständige Aufklärung
des Sachverhalts und die Klärung der Rechtslage, wodurch die
bestehende Rechtsbeziehung nachhaltig belastet wird. Für Gerichte,
die in solchen Fällen Beweisaufnahmen durchführen müssen, gestaltet
sich die Wahrheitssuche aufwändig.
Aus diesem Grunde wird der Gläubiger durch die
Ausschlussfrist angehalten, zügig nach Erkennbarkeit des Anspruchs
gegenüber dem Gegner das Bestehen seiner Forderung geltend zu machen.
Wann kann man abwarten?
Die Besonderheiten, welche in Fällen der Persönlichkeitsrechtsverletzung
etwa dadurch begründet sind, dass möglicherweise erst die Summe
verschiedener Einzelhandlungen den Charakter eines
Mobbing-Verhaltens gewinnt bzw. für den Geschädigten erkennen lässt,
rechtfertigt es allein, die Fälligkeit des Anspruchs entsprechend später
eintreten zu lassen. Entsprechendes gilt für den Einwand, der Gläubiger
sei - eben infolge der erlittenen Beeinträchtigungen – zu einer
zeitnahen Geltendmachung seiner Forderungen nicht in der Lage.
Ist der Anspruch jedoch unter Beachtung dieser
Besonderheiten entstanden und fällig geworden und kann er vom Gläubiger
alsdann zeitnah geltend gemacht werden, so besteht nach Auffassung
dieser Rechtsprechung kein Grund, Ansprüche dieser Art überhaupt von
vereinbarten Ausschlussklauseln auszunehmen. Den Besonderheiten der
Schädigung durch "Mobbing-Verhalten" ist damit bei der
konkreten Anwendung der Ausschlussklauseln Rechnung zu tragen. Die Fälligkeit
des Schadensersatzanspruchs setzt zunächst den Abschluss
der Verletzungshandlung voraus. Solange nämlich die schädigende
Handlung bzw. der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht andauert, kann
der Geschädigte regelmäßig weder die Folgen der Rechtsverletzung überblicken,
noch kann der Schädiger bei anhaltender Verletzungshandlung als
schutzwürdig angesehen werden.
Der Umstand, dass ein einheitliches "Mobbing-Handeln"
der Arbeitgeberseite vorliegt, genügt nicht, von einer
ununterbrochenen, möglicherweise auch gegenwärtig noch fortgesetzten
Dauerhandlung – in Abgrenzung zu wiederholten Einzelhandlungen –
auszugehen. Allein die Tatsache, dass ein gezieltes, auf Verletzung
der Persönlichkeit gerichtetes Verhalten der Vorgesetzten vorlag,
kann auch unter dem Gesichtspunkt eines
"Gesamtvorsatzes" nicht genügen, bei der
rechtlichen Prüfung der Fälligkeit von Ersatzansprüchen von den
einzelnen schädigenden Einzelhandlungen abzusehen. Auch nach dem
Standpunkt des Klägers hat jede Einzelhandlung kausal Gesundheit und
Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt und hierdurch eine
entsprechende Schädigung bewirkt, nicht etwa liegt eine
ununterbrochene Verletzungshandlung im Sinne einer Dauerhandlung vor.
Richtig ist allerdings, dass je nach den Umständen erst die Summe
einzelner, bei isolierter Betrachtung objektiv
nicht ins Gewicht fallender Umstände ("Nadelstiche") den
Charakter einer vorsätzlich-systematischen Verletzungshandlung
gewinnen kann, so dass ein entsprechender Ersatzanspruch erst
entsteht, wenn der
letzte Akt gleichsam "das Fass zum Überlaufen bringt".
Es geht im Übrigen um den Beginn der Verfallfrist mit der (dem
Gläubiger erkennbaren) Verletzungshandlung, nicht hingegen erst mit
dem Eintritt der Schadensfolge bzw. der konkreten Kenntnis hiervon
anzusetzen ist. |
Ausschlussfristen
Ansprüche aus dem Dienstverhältnis
verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist
von sechs Monaten nach Fälligkeit vom Mitarbeiter oder vom
Dienstgeber schriftlich geltend gemacht werden, soweit die AVR nichts
anderes bestimmen. So liest man das beispielsweise in § 23
Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen
Caritasverbandes“ (AVR).
Was heißt das für Mobbing-Ansprüche? |
BAG Aktuell zu Ausschlussfristen
Vgl. oben: Die Ausschlussfristen gelten für Mobbing nicht, insoweit mit der Ausschlussklausel regelmäßig nicht auch Fragen der Vorsatzhaftung geregelt werden sollten. |
Ältere Entscheidung:
BAG - 8 AZR 709/06: In Mobbing-Fällen beginnt die
Ausschlussfrist wegen der systematischen, sich aus mehreren einzelnen
Handlungen zusammensetzenden Verletzungshandlung regelmäßig erst mit
der zeitlich letzten Mobbing-Handlung. Wesensmerkmal der
als Mobbing bezeichneten Form der Persönlichkeitsrechtsverletzung ist
die systematische, sich aus vielen einzelnen Handlungen
zusammensetzende Verletzungshandlung, wobei den einzelnen Handlungen
bei isolierter Betrachtung eine rechtliche Bedeutung oft nicht
zukommt. Hierzu stünde im Widerspruch, wenn der Lauf der
Ausschlussfrist mit Abschluss einer jeden einzelnen Handlung begönne.
Dementsprechend beginnt die Ausschlussfrist in Mobbing-Fällen
regelmäßig mit Abschluss der zeitlich letzten vorgetragenen “Mobbing-Handlung”.
Lässt sich ein fortlaufender Prozess von Handlungen feststellen, mit
dem insgesamt in rechtswidriger Weise in das Persönlichkeitsrecht des
Arbeitnehmers eingegriffen wurde, ist der Anspruchsgegner auch nicht
schutzwürdig; dies gilt umso mehr, als er über einen langen Zeitraum
hinweg in systematischer Weise vorgegangen ist.
Zitat: "Die Fälligkeit eines
Schadensersatzanspruches und damit der Beginn des Laufes der
Ausschlussfrist setzt voraus, dass ein Schaden überhaupt entstanden
ist, da begrifflich erst mit der Entstehung eines Schadens ein
Schadensersatzanspruch entstehen kann. In der Regel wird der
Schadensersatzanspruch auch mit seiner Entstehung fällig. Nach der
ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts setzt die
Fälligkeit eines Schadensersatzanspruches jedoch darüber hinaus
voraus, dass der Schaden für den Gläubiger feststellbar ist und
geltend gemacht werden kann (Senat 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - NZA
2007, 1154 mwN)...
Der Kläger war erst ab Beendigung seiner
Erkrankung in der Lage, seinen ihm durch diese entstandenen Schaden
festzustellen. Das gilt insbesondere für den
geltend gemachten Schmerzensgeldanspruch, weil dieser in seiner Höhe
ganz wesentlich von der Dauer der Krankheit abhängt.
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Haben
Kündigungsschutzklagen fristwahrenden Charakter für
Mobbing-Ansprüche?
Soweit das Bundesarbeitsgericht in ständiger
Rechtsprechung davon ausgeht, dass auch mit einer Kündigungsschutzklage
Ansprüche schriftlich geltend gemacht werden können, betrifft das
nur die durch die Kündigung bedrohten, typischerweise fällig
werdenden Einzelansprüche. Andere Ansprüche, die nicht zwingend
einem Arbeitsverhältnis entsprechen - wie Mobbingansprüche -
werden davon nicht erfasst. Dementsprechend sind die Anforderungen an
das Geltendmachungsschreiben ausgestaltet. Es muss eine ernsthafte
Leistungsaufforderung darstellen. Geht es um einen Zahlungsanspruch,
muss der Anspruch grundsätzlich nach Grund und Höhe angegeben werden.
Eine genaue Benennung des Betrages ist nicht erforderlich, eine
annähernde Bezifferung ist jedoch unerlässlich. Hiervon kann nach
der Rechtsprechung aber dann abgesehen werden, wenn dem anderen
Vertragspartner die Höhe der Forderung eindeutig bekannt oder für
ihn ohne weiteres errechenbar ist. Es ist daher von solchen
Ansprüchen auszugehen, die dem "Normalfall" eines
Arbeitsverhältnisses entsprechen, also beim Arbeitgeber, dem
Empfänger der Geltendmachung, als nach Grund und Höhe bekannt
vorauszusetzen sind. Ansprüche, die auf Abweichungen von der
bisherigen, zwischen den Parteien des Arbeitsvertrages praktizierten
Verfahrensweise beruhen, müssen ausdrücklich geltend gemacht werden.
Sie unterfallen nicht der fristwahrenden Wirkung einer
Kündigungsschutzklage. |
Zur Verjährung das LAG Rheinland-Pfalz in einer älteren Entscheidung: Abzustellen
ist auf den - für die Frage der Verjährung maßgebenden - "Verletzungsprozess"
(vgl. 5 Sa 140/05). |
Wir
haben unter anderem arbeitsgerichtliche Prozesse vor den
Arbeitsgerichten bzw. Landesarbeitsgerichten in Köln, Bonn,
Siegburg, Gummersbach, Hagen, Hamm, Wuppertal, Düsseldorf, Frankfurt und Berlin
sowie vor dem Bundesarbeitsgericht betrieben.
Wir haben Kündigungsschutzklagen,
Klagen auf Lohn
und
Gehalt, Schadensersatz, Schmerzensgeld
(vor allem in Mobbing-Fällen),
Karenzentschädigungen,
ordnungsgemäße
Zeugniserteilung und gegen Abmahnungen
in sehr unterschiedlichen Fallgestaltungen vertreten. Insofern
sollte Ihr Vertrauen in unsere Tätigkeit nicht unbegründet sein.
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