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Einige
Grundlagen zum
Schwerbehindertenrecht
"Grad der
Behinderung"
Versorgungsämter
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Rechtsanwalt Dr. Palm hat sich auf Grund seiner Kommentierung des Standardkommentars
"Schwerbehindertengesetz" - begründet von Rolf Weber - im Bachem
Verlag/Köln mit dieser Thematik auch dogmatisch beschäftigt. |
Wann liegt eine Behinderung vor?
Von einer Behinderung spricht man,
wenn gesundheitliche Schäden einen Menschen dauerhaft beeinträchtigen. Gemäß
§ 2 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch, Rehabilitation und
Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX) sind Menschen behindert, wenn ihre
körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit
hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das
Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben in
der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Dabei spielt es
keine Rolle, ob der gesundheitliche Schaden angeboren, Folge eines Unfalls oder einer
Krankheit ist. Alterstypische Beeinträchtigungen werden aber nicht berücksichtigt.
Ausgedrückt wird die Auswirkung der
Funktionsbeeinträchtigung als "Grad der Behinderung" ("GdB") in
Zehnergraden von 20 bis 100. Schwerbehindert nach dem Schwerbehindertengesetz ist, wer
einen Grad der Behinderung von mindestens 50 aufweist und im Bundesgebiet lebt oder
arbeitet. Der Ausweis enthält keine Informationen zu konkreten
Gesundheitsstörungen. Die Gültigkeit des Ausweises wird für die Dauer von
längstens 5 Jahren vom Monat der Ausstellung an befristet. In den Fällen,
in denen eine Neuausstellung wegen einer wesentlichen Änderung in den
gesundheitlichen Verhältnissen, die für die Feststellung maßgebend
gewesen sein, nicht zu erwarten ist, kann der Ausweis unbefristet
ausgestellt werden.
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Wie
sieht nun das Verfahren zur Erlangung des GdB aus?
Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft im Sinne von
§§ 2 Abs.2, 69 Abs.1 des Sozialgesetzbuches
- Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB
IX) sowie die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen
für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" gemäß § 146 Abs.1
SGB IX. |
Zuständig
für die Anerkennung und für die Ausstellung des Ausweises
waren die
Versorgungsämter. Das Versorgungsamt
stellte den Grad der Behinderung (GdB) und die Merkzeichen
fest. Aufgrund der Kommunalisierung der Versorgungsverwaltung sind ab
dem 1. Januar 2008 die Kreise und kreisfreien Städte in
Nordrhein-Westfalen für Aufgaben des Schwerbehindertenrechts (Neuntes Sozialgesetzbuches - SGB IX)zuständig.
sind die Kommunen für die Durchführung des
Schwerbehindertenrechts zuständig.
Bei der Antragstellung sollte man aktuelle ärztliche Unterlagen sofort
beifügen, da nach dem Antragseingang zunächst Ermittlungen zum
Gesundheitszustand des Antragstellers angestellt werden, um zügige
Ergebnisse zu ermöglichen. Zur
Verfahrensbeschleunigung und aus Kostengründen wird in der Regel zunächst
lediglich ein Befundbericht des Hausarztes und ggf. weiterer Fachärzte eingeholt. Wenn der Arzt informiert ist, wird die
Angelegenheit beschleunigt, wenn er die bei vorliegenden Gesundheitsstörungen
umfassend sowie möglichst genau beschreibt und den Befundbericht schnell
erstellt. Die Befunde der anderen mitbehandelnden Fachärzte, soweit sie
nicht eigens eingeholt werden, liegen regelmäßig
bereits dem Hausarzt vor, der sie an das Versorgungsamt weiter leiten
kann. Die Unterlagen erhält dann der Ärztliche Dienst zugeleitet, der
sie medizinisch beurteilt, insbesondere selbstverständlich daraufhin, ob eine Einstufung bereits anhand
der vorliegenden Befunde möglich ist oder ob der Antragsteller untersucht
werden muss. Reichen die beigezogenen oder von
Ihnen vorgelegten Unterlagen nicht aus, um über den Antrag entscheiden zu
können, ist eine versorgungsärztliche Untersuchung erforderlich, die das
Verfahren um einige Zeit verlängern kann.
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Dann wird ein
rechtsmittelfähiger Bescheid erlassen. Die Behörde erteilt einen
anfechtbaren Feststellungsbescheid.
Der Schwerbehinderten-Ausweis ist regelmäßig gültig ab dem Zeitpunkt
der
Antragstellung. Bei steuerlichen oder rentenrechtlichen Nachteilsausgleichen
kann auch ein früherer Zeitpunkt festgestellt werden. Bei
Verschlechterungen der Gesundheit kann ein Änderungsantrag gestellt werden. Einen
unbefristet gültigen Ausweis erhalten Menschen, deren Beeinträchtigungen
sich wahrscheinlich nicht bessern werden. Dies ist zum Beispiel bei
Amputationen denkbar. |
Widerspruchsverfahren
Wenn Sie mit den Entscheidungen im Feststellungsbescheid
der Behörde nicht einverstanden sind, kann man innerhalb eines Monats
nach Zugang des Bescheids des Widerspruch erheben. Zunächst kann die
Behörde die Entscheidung
korrigieren, wenn
es den Widerspruch für begründet
hält. Dann ergeht ein Abhilfebescheid. Wenn
die Behörde nicht ändern will, wird die übergeordnete Behörde
eingeschaltet. In NRW ist die Bezirksregierung Münster
zuständig, die den Fall wiederum prüft. Kommt man
dort zu einem anderen Ergebnis wird die Behörde dem Widerspruch
abhelfen. Die Prüfung kann jedoch auch ergeben, dass die ursprüngliche
Entscheidung nicht zu beanstanden ist. Die Bezirksregierung weist den
Widerspruch durch einen vor dem zuständigen Sozialgericht anfechtbaren Widerspruchsbescheid
zurück.
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Klageverfahren
Der Widerspruchsbescheid kann mit einer Klage angefochten werden.
Für Klagen, die sich gegen Entscheidungen nach dem Schwerbehindertenrecht,
dem Bundeserziehungsgeldgesetz und andere Bereiche des Sozialrechts
richten, ist das Sozialgericht zuständig.
Der Feststellungsantrag richtet sich dann auf mindestens 50. In den meisten Fällen ist gegen Urteile der Sozialgerichte
die Berufung zum Landessozialgericht zulässig. In letzter
Instanz kann das Bundessozialgericht
entscheiden.
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Versorgungsmedizin-Verordnung
Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft waren
bis zum 31. Dezember 2008 nach den “Anhaltspunkten für die ärztliche
Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem
Schwerbehindertenrecht (Teil II SGB IX)“ in ihrer jeweils geltenden
Fassung (AHP 2008) zu bewerten. Diese waren zwar kein Gesetz und auch
nicht aufgrund einer gesetzlichen Ermächtigung erlassen. Es handelte sich
jedoch bei ihnen um eine auf besonderer medizinischer Sachkunde beruhende
Ausarbeitung, die die möglichst gleichmäßige Anwendung dieser Maßstäbe
im gesamten Bundesgebiet zum Ziel hatte. Die AHP engten das Ermessen der
Verwaltung ein, führten zur Gleichbehandlung und waren deshalb auch
geeignet, gerichtlichen Entscheidungen zugrunde gelegt zu werden. Gibt es
solche anerkannten Bewertungsmaßstäbe, so ist nach der Rechtsprechung
grundsätzlich von diesen auszugehen. In der ab 1. Januar 2009 geltenden
Fassung verweist § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX nunmehr auf die zu diesem
Zeitpunkt in Kraft getretene „Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs.
1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 des
Bundesversorgungsgesetzes (Versorgungsmedizin-Verordnung – VersMedV)“
vom 10. Dezember 2008, in deren Anlage zu § 2
nunmehr die zuvor in den AHP enthaltenen Grundsätze für die
GdB-Feststellung wiedergegeben sind. |
Feststellung
Einzel-GdB sind entsprechend den vorgenannten Anhaltspunkten als Grad
der Behinderung in 10er Graden von 20 bis 100 entsprechend den Maßstäben
des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz festzustellen.
Für die Bildung des Gesamt-GdB bei Vorliegen mehrerer Funktionsbeeinträchtigungen
sind nach § 69 Abs. 3 SGB IX die Auswirkungen der Beeinträchtigungen in
ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen
zueinander zu ermitteln, wobei sich nach Nr. 3 a) VersMedV - was auch
bereits für die AHP 2008 galt- die Anwendung jeglicher Rechenmethode
verbietet. Zu prüfen ist danach, ob und inwieweit die Auswirkungen der
einzelnen Behinderungen voneinander unabhängig sind und ganz verschiedene
Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen oder ob und inwieweit
sich die Auswirkungen der Behinderungen überschneiden oder gegenseitig
verstärken. Dabei ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung
auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt und dann im Hinblick auf
alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit
hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der
weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB-Grad 10 oder 20 oder
mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu
werden, wobei die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden dürfen.
Leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB-Grad von 10 bedingen,
führen grundsätzlich nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der
Gesamtbeeinträchtigung; auch bei leichten Funktionsstörungen mit einem
GdB-Grad von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche
Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. |
Diabetes mellitus
Nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom
23. April 2009 ist eine Ergänzung
der in Teil B Nr. 15.1 der Anlage zu § 2 VersMedV enthaltenen Regelungen
zur Feststellung des GdB bei Diabetes mellitus notwendig. Diese Regelungen
binden die Rechtsanwender nicht, da sie gegen § 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX
verstoßen. Der medizinisch notwendige Aufwand für die Therapie einer
Dauererkrankung wie der genannten Erkrankung kann je nach Art und
notwendigen Zeitaufwand "Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in
der Gesellschaft" im Sinne der genannten gesetzlichen Vorschrift
haben. Demgegenüber wird in der Rechtsverordnung nach wie vor allein die
Einstellungsqualität des Diabetes und nicht ein die Teilhabe beeinträchtigender
Therapieaufwand berücksichtigt. Deshalb ist der Therapieaufwand von
Gesetzes wegen bei der Entscheidung über die Höhe des GdB zwingend mit
zu berücksichtigen. Die Notwendigkeit seiner Berücksichtigung kann ja
nach Umfang dazu führen, dass der allein anhand der Einstellungsqualität
des Diabetes mellitus beurteilte GdB auf den nächst höheren Zehnergrad
festzustellen ist.
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Wir haben unter
anderem arbeitsgerichtliche Prozesse vor zahlreichen Arbeitsgerichten bzw.
Landesarbeitsgerichten sowie dienstrechtliche Prozesse vor diversen Verwaltungsgerichten
betrieben.
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Gleichbehandlungsgesetz >>
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