Für den Unterhalt von Kindern aus geschiedener Ehe, die
bei dem sie betreuenden sorgeberechtigten Elternteil leben, sind regelmäßig
die Einkommensverhältnisse des barunterhaltspflichtigen, nicht sorgeberechtigten
Elternteils maßgebend (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. etwa
Senatsurteil vom 23. Februar 1983 IVb ZR 362/81 FamRZ 1983, 473,
474). Vgl. dazu Bundesgerichtshof - XII ZR 16/98 - Urteil vom 13.10.1999 |
|
"...Die Einkommensgruppen der Tabellen sind nach oben
begrenzt. Für ein 8.000 DM übersteigendes Nettoeinkommen verweist die Düsseldorfer
Tabelle (Stand 1.1.1996; ebenso Stand 1.7.1998) auf die "Umstände des
Falles"...
Die Frage, ob in Fällen, in denen das
maßgebende Elterneinkommen diesen Höchstsatz übersteigt, die für die oberste
Einkommensgruppe geltenden Bedarfssätze fortgeschrieben werden können, hat der Senat
bislang nicht grundsätzlich entschieden.
In seinem Urteil vom 23. April 1980
IVb ZR 527/80 (FamRZ 1980, 665, 669) hat der Senat anknüpfend an die
bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ausgeführt, dass
es zwar für den
Kindesunterhalt keine feste Obergrenze
gebe,
die Ableitung des Kindesunterhalts aus der Lebensstellung der Eltern aber nicht bedeuten
könne, dass den Kindern eine den überdurchschnittlich guten wirtschaftlichen
Verhältnissen der Eltern entsprechende Lebensstellung ermöglicht werden müsse. Deshalb
begegne es Bedenken, dass das Berufungsgericht insoweit von einem Nettoeinkommen des
Beklagten in Höhe von 7.000 DM ausgehend den Unterhalt der Kläger in der
Weise ermittelt habe, dass es den in der Düsseldorfer Tabelle ausgewiesenen, auf ein
Nettoeinkommen von 5.000 DM bezogenen Betrag proportional
erhöht habe.
In einem dem Senatsurteil vom
23. Februar 1983 zugrundeliegenden Fall überstieg der den Unterhaltsklägern von
ihrem Vater, dem Beklagten, bereits geleistete Unterhalt (mit 842,50 DM) deutlich den
höchsten Unterhaltssatz der Düsseldorfer Tabelle (damals 595 DM). Das
Berufungsgericht hatte die Stufenklage abgewiesen, weil der Beklagte selbst bei
Unterstellung bester Einkommensverhältnisse angemessenen Unterhalt leiste. Der Senat hat
die Revision der Kläger zurückgewiesen. Solange sich Unterhaltsforderungen an
Bedarfsermittlungen anlehnten, wie sie solchen nach Erfahrungswerten aufgestellten
Unterhaltstabellen und Richtlinien zugrunde lägen, dürften an die Darlegungslast im
Unterhaltsprozess keine besonderen Anforderungen gestellt werden.
Wenn der Berechtigte aber im Blick auf eine
weitergehende Leistungsfähigkeit des Verpflichteten einen über die schon bestehende
reichlich bemessene Befriedigung des allgemeinen Bedarfs hinausgehenden besonders hohen Unterhaltsbedarf geltend machen wolle, müsse er
im einzelnen darlegen, worin dieser Bedarf bestehe und welche Mittel zu seiner
Befriedigung im einzelnen erforderlich seien (aaO S. 474).
b) In der Rechtsprechung der
Oberlandesgerichte wird es zum Teil ausdrücklich abgelehnt, die Richtsätze der
Unterhaltstabellen bei einer Überschreitung der höchsten Einkommensgruppe
fortzuschreiben (OLG Frankfurt FamRZ 1993, 98, 99; OLG Hamm FamRZ 1997, 310, 311; OLG
Düsseldorf FamRZ 1998, 1191; in diesem Sinne wohl auch OLG Koblenz FamRZ 1992, 1217,
1218; OLG Düsseldorf FamRZ 1991, 806). Dies entspricht wohl auch der h.M. in der
Literatur (Wendl/Scholz, Unterhaltsrecht 4. Aufl. § 2 Rdn. 229 f.;
Eschenbruch, Der Unterhaltsprozess 1992 Rdn. 2042 m.N.). Stimmen, die eine
Fortschreibung der Düsseldorfer Tabelle bei höheren Einkommen ausdrücklich
befürworten, sind eher selten (etwa OLG Köln FamRZ 1992, 715).
c) Das Kammergericht hält demgegenüber
eine solche Fortschreibung der Tabellenwerte jedenfalls dann für sachgerecht, wenn die
elterlichen Einkommensverhältnisse die Oberwerte der Düsseldorfer Tabelle nur maßvoll
übersteigen. Diese Voraussetzung sieht es als erfüllt an, wenn das Einkommen des
barunterhaltspflichtigen Elternteils, wie im vorliegenden Fall, den Obersatz um nicht
einmal 20 % überschreitet; denn in solchen Fällen bestehe nicht die Gefahr,
dass der Kindesunterhalt dem betreuenden Elternteil zugute komme oder zur Vermögensbildung des
Kindes verwandt werde. Für eine pauschalierte Bemessung des Unterhalts bestehe in solchen
Fällen vielmehr ein erhebliches praktisches Bedürfnis: Die geldwerten Vorteile, die
einem Kind bei wirtschaftlich guten Verhältnissen der Eltern zuflössen, ließen sich
kaum zuverlässig ermitteln; die im Grunde gleichartigen Bedürfnisse jedes Kindes
könnten gleichsam stufenlos mehr oder weniger aufwendig befriedigt werden. Eine
Aufstellung der einzelnen Aufwendungen für das Kind sei vollständig und in
zuverlässiger Abgrenzung von den Aufwendungen der im selben Haushalt lebenden
Angehörigen kaum herzustellen.
d) Dieser Auffassung vermag sich der Senat
nicht anzuschließen: Die Notwendigkeit einer konkreten
Bedarfsermittlung bei hohen Einkommen rechtfertigt sich nicht nur aus der
Gefahr einer Zweckentfremdung des ausschließlich zur Bedarfsdeckung des Kindes bestimmten
Unterhalts. Sie erklärt sich auch aus der Schwierigkeit, bei erheblich über dem
Durchschnitt liegenden Lebensverhältnissen der Eltern einen diesen Verhältnissen
angemessenen Lebenszuschnitt der Kinder zu ermitteln und als Richtsatz
pauschalierend zu verallgemeinern. Die Düsseldorfer Tabelle zieht die Grenze möglicher
Verallgemeinerung bei einem Nettoeinkommen von 8.000 DM. Eine solche
Pauschalierungsgrenze erscheint sachgerecht und erlaubt unbeschadet einer etwaigen
künftigen Anpassung dieses seit dem 1. Juli 1992 unveränderten Grenzbetrags an die
Geldwert und Kostenentwicklung eine schematische Fortschreibung der als
Erfahrungswerte verstandenen Richtsätze im Einzelfall nicht.
Jenseits der in der Düsseldorfer Tabelle
zum Ausdruck kommenden allgemeinen richterlichen Erfahrungswerte bewendet es vielmehr
grundsätzlich dabei, dass der Unterhaltsberechtigte seinen
Bedarf darlegen und beweisen muss. Die Anforderungen an diese
Darlegungslast dürfen allerdings nicht dazu führen, dass
der Kindesunterhalt auch bei
einem 8.000 DM übersteigenden Elterneinkommen faktisch auf den für die höchste
Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle geltenden Richtsatz festgeschrieben wird. Auch
bei höherem Elterneinkommen muss sichergestellt bleiben, dass Kinder
in einer ihrem Alter entsprechenden Weise an einer Lebensführung teilhaben, die der
besonders günstigen wirtschaftlichen Situation ihrer Eltern entspricht, an die sie sich
vielfach im Zusammenleben mit ihren Eltern gewöhnt haben werden und die ihnen auch nach
einer Trennung der Eltern grundsätzlich erhalten bleiben soll. Wie dieser
Lebensstil im einzelnen beschaffen ist, welche Bedürfnisse des Kindes auf seiner
Grundlage zu befriedigen sind und welche Wünsche des Kindes als bloße Teilhabe am Luxus
nicht erfüllt werden müssen (vgl. dazu etwa Senatsurteil vom 23. Februar 1983 aaO
S. 474; Senatsurteil vom 4. Juni 1986 IVb ZR 51/85 FamRZ 1987,
58, 60), kann nicht allgemein gesagt, sondern nur im Einzelfall unter Würdigung der
besonderen Verhältnisse der Betroffenen festgestellt werden. Diese Gesamtumstände und
Bedürfnisse müssen deshalb vom Unterhaltsberechtigten
näher dargelegt werden. Dabei dürfen an die Darlegungslast keine übertriebenen
Anforderungen gestellt werden. Insbesondere wird dem Unterhaltsberechtigten im Regelfall
nicht angesonnen werden können, seine gesamten auch elementaren Aufwendungen
in allen Einzelheiten spezifiziert darzulegen. Er wird sich vielmehr regelmäßig darauf
beschränken dürfen, besondere oder besonders kostenintensive Bedürfnisse zu belegen und
darzutun, welche Mittel zu deren Deckung notwendig sind. Im übrigen ist das Gericht, das
einen derartigen erhöhten Bedarf zu beurteilen hat, nicht gehindert, den zur Deckung
erforderlichen Betrag unter Heranziehung des Mehrbetrags zu berechnen, der sich aus der
Gegenüberstellung solcher besonderer Bedürfnisse mit bereits von den Richtwerten der
Düsseldorfer Tabelle erfaßten Grundbedürfnissen ergibt, und unter Zuhilfenahme
allgemeinen Erfahrungswissens nach Maßgabe des § 287 ZPO zu bestimmen.
3. Da das Berufungsgericht, von seinem
Standpunkt aus folgerichtig, keine Feststellungen zu der Frage getroffen hat, worin der
erhöhte Bedarf der Kläger besteht, kann das angefochtene Urteil nicht bestehen bleiben.
Die Sache muss zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Kammergericht
zurückverwiesen werden. Dort haben die Kläger Gelegenheit, zu dem von ihnen geltend
gemachten, vom Beklagten in Abrede gestellten besonderen
Unterhaltsbedarf weiter vorzutragen und darzulegen, worin dieser Bedarf
besteht. Im übrigen wird zu berücksichtigen sein, dass
während des Revisionsrechtszugs
der Kläger zu 2 von der Obhut der Mutter in die Obhut des Beklagten gewechselt ist
und die Mutter und der Beklagte nunmehr gemeinsam für ihn sorgeberechtigt sind. Damit
dürfte eine alleinige Empfangszuständigkeit der Mutter für den dem Kläger zu 2
vom Beklagten geschuldeten Unterhalt entfallen sein. Der Umstand, dass
der dem Beklagten
im Berufungsurteil zuerkannte Unterhalt für die Zeit vor dem Sorgerechtswechsel
geschuldet wird, ändert hieran nichts. |