Kann
eigentlich der Elternteil, bei dem die Kinder leben, beliebig
wegziehen oder muss er hier Regeln beachten? Was steht im Zentrum
solcher Überlegungen, denen erhebliche Bedeutung für die Kinder
zusteht.
Kann nicht festgestellt werden, dass der Wegzug der
Kindesmutter in der Absicht begründet war, das Kind dem
Umgang seines Vaters zu entziehen, steht die
Bindungstoleranz der betreuenden Mutter und somit ihre
Erziehungseignung nicht in Frage, hat das OLG Köln im Jahre 2011
entschieden. Entscheidend ist das Kindeswohl, wenn etwa die
Kindesmutter Gründe haben, eine größere Distanz zwischen den
eigenen Aufenthaltsort und denjenigen des Ehemanns zu legen. Dabei ist
andererseits zu untersuchen, ob die Entscheidung den Zweck haben soll,
das Umgangsrecht des anderen Elternteils auszuhebeln. Bei einer
einstweiligen Regelung des Aufenthaltsbestimmungsrechts ist nach dem
OLG Brandenburg (2011) etwa zu berücksichtigen, dass ein Elternteil
entgegen einer zuvor getroffenen Absprache die Kinder an einen neuen
Wohnort verbracht hat und damit in schwerwiegender Weise ausreichende
Kontakte mit dem anderen Elternteil reduziert.
Eine wichtige Entscheidung hat das
OLG Koblenz im Jahre 2010 getroffen: Beabsichtigt der das Sorgerecht
beantragende Elternteil, in das Ausland umzusiedeln, ist eine Güterabwägung
durchzuführen. So steht dem Elternrecht des anderen Elternteils auf möglichst
freien Umgang mit seinem Kind aus Art. 6 GG das Recht des
antragstellenden Elternteils auf örtlich freizügige Lebensgestaltung
und Freizügigkeit aus Art. 2 GG gegenüber. Die Grundrechte beider
Elternteile seien zu einem Ausgleich zu.
Wird das Umgangsrecht des anderen
Elternteils durch einen Umzug in das Ausland beeinträchtigt, ist es
erforderlich, dass für den Wegzug triftige Gründe bestehen, die
schwerer wiegen als das Umgangsinteresse von Kind und anderem
Elternteil. Diese fehlen nach dem OLG Koblenz, wenn der Umzugsplan
nicht einer ernsthaften und wohlbegründeten Planung des künftigen
Lebens des umzugswilligen Elternteils entspringt, gefestigte soziale
Bindungen in dem anderen Staat fehlen und vorrangiges Ziel einer Übersiedlung
in das Ausland ist, den Umgang des Kindes mit dem anderen Elternteil
zu vereiteln.
Ein zusätzlicher zeitlicher und
finanzieller Aufwand für die Ausübung des Umgangs mit dem Kind
infolge eines Umzugs des betreuenden Elternteils mit diesem ist grundsätzlich
kein tragender Gesichtspunkt für die Sorgerechtsentscheidung, hat das
OLG in Sachsen-Anhalt im Jahre 2010 geurteilt. Diesem Gesichtspunkt
sei vielmehr im Einzelfall bei der konkreten Umgangsregelung Rechnung
zu tragen, in dessen Rahmen die Gerichte zu prüfen haben, ob der
betreuende Elternteil anteilig zur Übernahme des für das Holen und
Bringen des Kindes erforderlichen zeitlichen und finanziellen
Aufwandes verpflichtet wird, damit es nicht zu einer faktischen
Vereitelung des Umgangsrechts kommt.
Wie entwickeln sich diese
Verfahren eigentlich? Eine größere räumliche Entfernung zwischen
den Eltern kann, wenn es verhältnismäßig ist, eine Übertragung der
alleinigen elterlichen Sorge auf den betreuenden Elternteil
rechtfertigen.
Es ist allerdings in der
Rechtsdogmatik etwas umstritten, inwieweit es dem sorgeberechtigten
Elternteil oder Aufenthaltsbestimmungsberechtigten gestattet ist,
zusammen mit dem gemeinsamen Kind in sein Heimatland umzuziehen. Denn
das Umgangsrecht des anderen Elternteils leidet darunter
regelmäßig.
Nach der weitesten Meinung wird
das Recht des Sorgeberechtigten bzw. des Elternteils, dem die
Sorgeberechtigung übertragen werden soll, den Aufenthalt des Kindes
zu bestimmen, durch das Umgangsrecht des anderen Elternteils grundsätzlich
nicht beeinträchtigt. Nach einer vermittelnden Auffassung bedarf es
der Gewichtung der Sorgerechtseignung des Elternteils und einer Abwägung
der Gründe, Deutschland zu verlassen. Das dürfte die herrschende
Auffassung sein, weil es der Verfassungsmethodik der Abwägung am
besten entspricht. Bei besserer Eignung des Elternteils, der ins
Ausland ziehen will, müsse danach das Umgangsrecht als das "schwächere
Recht" zurücktreten. Im Übrigen wird auch die Auffassung
vertreten, dass der Umzug ins Ausland mit dem Kind im Zweifelsfall
immer zu unterbleiben habe, weil Umgangs- und Sorgerecht in ein
Konfliktverhältnis gerieten. Die Vermutung des § 1626 Abs. 3 Satz 1
BGB spreche für die Kindeswohlschädlichkeit eines solchen Vorhabens,
wenn die Ausübung des Umgangsrechtes auf Seiten des anderen
Elternteils hierdurch wesentlich erschwert oder ganz vereitelt werde.
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