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Zeugnis
Versetzung
Schlechte
Noten
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Wie
es in der britischen Nobelschule Eton (siehe das Bild oben aus dem Jahre
1970, Rechtsanwalt Dr. Palm auf der Verkehrsinsel) zugeht, wissen wir nicht. Schlechte
Schulnoten oder Nichtversetzung muss man jedenfalls hierzulande nicht einfach hinnehmen.
Gegen Entscheidungen der Schule, die Verwaltungsakte sind, können
die Erziehungsberechtigten oder volljährige Schüler Widerspruch bei der
Schule einlegen. Rechtsanwalt Dr. Palm hat in seiner Referendarzeit
unter anderem am Verwaltungsgericht Berlin in einer Kammer, die wesentlich
mit diesen Themen befasst war, Einblicke in diese Rechtsmaterie gesammelt
und war später in einer Kanzlei tätig, die hier einen Schwerpunkt ihrer
Tätigkeit hatte.
Verwaltungsakte
sind etwa Entscheidungen über Aufnahme oder Entlassung der Schüler,
über Versetzung oder Nichtversetzung des Schülers,
über Ordnungsmaßnahmen sowie Prüfungsentscheidungen. Was ist dabei zu
beachten? Die Bewertung
schulischer Leistungen darf nicht von sachfremden Erwägungen, etwa von
mangelnder Objektivität, beeinflusst sein. Das aus dem Rechtsstaatsprinzip
und dem Grundsatz der Chancengleichheit als allgemeingültiger
Bewertungsgrundsatz sich ergebende Gebot der Sachlichkeit geht nach der
Rechtsprechung über das Verbot sachfremder Erwägungen hinaus. Auch ohne
sachfremde Erwägungen kann eine Beurteilung unsachlich sein, etwa wenn
sie von Gefühlen bestimmt ist. Mit dem Verbot sachfremder Erwägungen
wird lediglich ein besonders eklatanter Fall der Nichtbeachtung des Gebots
der Sachlichkeit erfasst.
Die Erteilung von
einzelnen Noten ist regelmäßig kein Verwaltungsakt und folglich im
Widerspruchsverfahren nicht anfechtbar.
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Ein Anspruch
auf Nichtaufnahme der Deutschnote in das Halbjahreszeugnis lässt
sich weder aus dem Runderlass für die Bildung der Zeugnisnote im
Fach Deutsch noch aus verfassungsrechtlichen Bestimmungen herleiten, hat
das VG Aachen 2009 entschieden. |
Das
Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 58, 257) in einer älteren Entscheidung
von 1981 zur Schulentlassung und der Frage,
inwieweit Schüler durch Schulnoten betroffen sind: Das
Bundesverfassungsgericht hat sich bislang in vier Entscheidungen speziell
mit dem Vorbehalt des Gesetzes im Schulverhältnis befasst (BVerfGE 34,
165 [192 f] - hess. Förderstufe; 41, 251 [259 f.] - Speyer-Kolleg; 45,
400 [417 f.] - hess. Oberstufenreform; 47, 46 [78 f.] - Sexualkunde). In
diesen Entscheidungen wird der Grundsatz aufgestellt, dass das
Rechtsstaatsprinzip und das Demokratieprinzip des Grundgesetzes den
Gesetzgeber verpflichten, die wesentlichen Entscheidungen im Schulwesen
selbst zu treffen und nicht der Schulverwaltung zu überlassen
(Parlamentsvorbehalt - vgl. hierzu die grundsätzlichen Ausführungen in
BVerfGE 40, 237 [249]). Diese Rechtsprechung hat sich inzwischen im
Schulrecht - jedenfalls dem Grundsatz nach - durchgesetzt...1. Sowohl der
leistungsbedingte Schulausschluss als auch die Nichtversetzung in eine höhere
Klasse/Jahrgangsstufe tangieren den Grundrechtsbereich des betroffenen Schülers.
Zweifelhaft kann dabei sein, ob der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG
oder der des Art. 2 Abs. 1 GG berührt wird. Es wird die Auffassung
vertreten, dass beide Maßnahmen den Schüler in seiner in Art. 12 Abs. 1
GG garantierten Freiheit der Berufswahl und der Wahl der Ausbildungsstätte
beeinträchtigen. Dabei wird die Einbeziehung des gesamten
Ausbildungswesens in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG hauptsächlich
aus der Gewährleistung der freien Wahl der Ausbildungsstätte in dieser
Verfassungsnorm hergeleitet. Bedenken sind jedoch
erhoben worden, ob der Ausstrahlungsbereich des Art. 12 Abs. 1 GG sich auf
sämtliche allgemeinbildenden Schulen erstreckt. Dabei wird insbesondere
bezweifelt, ob Schulen, die keine berufsspezifische Ausbildung vermitteln,
als Ausbildungsstätten im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG anzusehen sind.
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Zudem ist fraglich, ob schon die einmalige Nichtversetzung in der
Grundschule oder in einer weiterführenden Schule zwangsläufig zur Folge
hat, dass der Zugang zu dem erstrebten Beruf erschwert und dadurch die
Chance für eine freie Wahl des Berufes geschmälert wird. Jedenfalls berührt
aber eine solche Nichtversetzung das Grundrecht des Schülers aus Art. 2
Abs. 1 GG, das ihm ein Recht auf eine möglichst ungehinderte Entfaltung
seiner Persönlichkeit und damit seiner Anlagen und Befähigungen gibt
(vgl. BVerfGE 45, 400 [417] und BVerwGE 47, 201 [206]). In der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist diese Streitfrage bislang
noch nicht abschließend entschieden worden. In der Entscheidung BVerfGE
41, 251 (260 f.) - Speyer-Kolleg - ist die Anwendung des Art. 12 Abs. 1 GG
ausdrücklich auf schulische Einrichtungen des Zweiten Bildungswegs beschränkt
und damit begründet worden, dass diese Einrichtungen eine für zahlreiche
Berufe vorgeschriebene (berufsgruppenspezifische) Vorbildung vermitteln (a.a.O.,
[262]). Auch das Bundesverwaltungsgericht ließ in der Entscheidung
BVerwGE 56, 155 (158) diese Frage hinsichtlich der Nichtversetzung offen.
a) Bei Abwägung aller Gesichtspunkte
wird man jedenfalls für die hier in Frage stehenden allgemeinbildenden
weiterführenden Schulen (Gymnasien) zwischen
Schulausschluss und bloßer Nichtversetzung in die nächsthöhere
Klasse/Jahrgangsstufe differenzieren müssen: Die zwangsweise
Entlassung eines Schülers aus dem Schulverhältnis, insbesondere wenn sie
mit dem Ausschluss vom Besuch einer ganzen Schulart verbunden ist,
beeinflusst den weiteren Bildungs- und Lebensweg des Betroffenen und damit
seine soziale Rolle. In der Regel wird dadurch der Zugang zu bestimmten
Berufen abgeschnitten und die Chance für eine freie Berufswahl geschmälert.
Außerdem sprechen gewichtige Gründe dafür, das Gymnasium zu den
Ausbildungsstätten im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG zu rechnen (so OVG Münster,
NJW 1976, S. 725 [726] mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Dies wird
verstärkt für das Gymnasium nach der Oberstufenreform zu gelten haben,
das eine frühzeitige Spezialisierung im Hinblick auf das zukünftige
Berufsziel ermöglicht und nahe legt. Die Entlassung
aus dem Gymnasium tangiert somit das Grundrecht des betroffenen Schülers
auf freie Berufswahl und freie Wahl der Ausbildungsstätte gemäß Art. 12
Abs. 1 GG. Art. 2 Abs. 1 GG muss demgegenüber als insoweit
subsidiäre Vorschrift zurücktreten (vgl. BVerfGE 13, 290 [296]; st.
Rspr.).
b) Anders ist die bloße
Nichtversetzung des Schülers in die nächste Klasse/Jahrgangsstufe
verfassungsrechtlich zu beurteilen. Die freie Wahl der
Ausbildungsstätte wird durch sie nicht berührt. Dass die Lebens- und
Berufschancen dadurch maßgeblich beeinträchtigt werden, wie das
Bundesverwaltungsgericht in der Entscheidung BVerwGE 56, 155 (158) meint,
wird man nicht schlechthin annehmen können. Nicht selten liegt eine
Nichtversetzung als pädagogische Maßnahme auch im wohlverstandenen
Interesse des - aus welchen Gründen auch immer - überforderten Schülers
und kann durchaus auch seine weitere Entwicklung und Bildung positiv
beeinflussen. Immerhin berührt sie aber die Entfaltung seiner Persönlichkeit
und damit sein Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG.
c) Beide schulischen Maßnahmen sind
somit grundrechtsrelevant in dem Sinne, dass sie die Rechtssphäre des
betroffenen Schülers im Bereich der Grundrechtsausübung berühren. Dass
auch das Elternrecht (Art. 6 Abs. 2 GG) tangiert sein kann, bedarf hier
keiner näheren Erörterung, da Beschwerdeführer ausschließlich der
betroffene, bereits volljährige Schüler ist. Da es sich um eine
Begrenzung der Grundrechtsausübung handelt, muss die Regelung - wie das
Bundesverwaltungsgericht es ausgedrückt hat (BVerwGE 56, 155 [159]) -
durch "Rechtssatz" erfolgen. Ob dies in einem formellen Gesetz
geschehen muss oder ob auch eine Rechtsverordnung aufgrund einer den
verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprechenden gesetzlichen Ermächtigung
genügt, hängt von der Reichweite des oben umschriebenen
Parlamentsvorbehalts ab. 2. Der Umfang des parlamentarischen
Regelungsvorbehalts bestimmt sich nach der Intensität, mit welcher die
Grundrechte der Regelungsadressaten betroffen werden. Da diese in den
verschiedenen Regelungsbereichen des Schulrechts und von Fallgruppe zu
Fallgruppe verschieden sein kann, bedarf es jeweils einer besonderen Prüfung
anhand der von der Rechtsprechung entwickelten Wesentlichkeitsmerkmale,
was der parlamentarischen Willensbildung vorbehalten ist und was durch
gesetzliche Ermächtigung dem Verordnungsgeber übertragen werden darf. |
Statt Amok laufen besser eine
Rechtsberatung in Anspruch nehmen |
Verfahren
- einstweilige Regelungen
Eine sehr paradigmatische Feststellung hat zu der Frage,
wie man eine vorläufige Regelung erzielt, der Hessische
Verwaltungsgerichtshof 1993 getroffen:
Eine Regelungsanordnung
ist in schulrechtlichen Nichtversetzungssachen nur dann zu erlassen, wenn
glaubhaft gemacht ist, dass (erstens) gegen die Rechtmäßigkeit der
Nichtversetzungsentscheidung ernsthafte Bedenken bestehen, dass (zweitens)
die Versetzungskonferenz bei einer erneuten Entscheidung mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit die Versetzung aussprechen wird und dass (drittens) die
begehrte vorläufige Maßnahme dringlich ist. Bei solchen Prüfungen muss
man natürlich, die jeweils zu Grunde liegenden Schulgesetze, Prüfungs-
und Versetzungsordnungen berücksichtigen, die weiteren Aufschluss geben,
ob solche Wahrscheinlichkeiten begründet sind.
Die Nichtversetzungsentscheidung der
Versetzungskonferenz kann ebenso wie die ihr zugrundeliegenden
Leistungsbewertungen der einzelnen Fachlehrer vom Gericht nur daraufhin überprüft
werden, ob gegen wesentliche Verfahrensvorschriften verstoßen, ob von
unrichtigen Voraussetzungen oder sachfremden Erwägungen ausgegangen oder
ob gegen allgemein anerkannte pädagogische Grundsätze oder Bewertungsmaßstäbe
oder gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Schüler verstoßen
wurde. Die von der Versetzungskonferenz getroffene Prognoseentscheidung,
dass eine erfolgreiche Mitarbeit oder bessere Förderung des Schülers in
der nächsthöheren Klasse nicht zu erwarten ist, beruht auf unrichtigen
Voraussetzungen, wenn die Versetzungskonferenz ihr eine unrichtige
Zeugnisnote zugrunde gelegt hat. Die vorgenannte Prognoseentscheidung ist
auch dann fehlerhaft, wenn die Leistungen des Schülers in Religion im
abgelaufenen Schuljahr vom Fachlehrer mit "mangelhaft" bewertet
worden sind und die Versetzungskonferenz nicht darauf Bedacht genommen
hat, dass der Schüler für das nächste Schuljahr wirksam vom
Religionsunterricht abgemeldet worden ist. Die gebotene Transparenz der
Notengebung erfordert, dass der Lehrer das Zustandekommen einer
Zeugnisnote plausibel erklären kann. Dazu gehört insbesondere die
Darlegung, nach welchen Kriterien die - außer den schriftlichen Arbeiten
- herangezogenen anderen Leistungsnachweise je für sich bewertet und wie
sie im Verhältnis zueinander gewichtet worden sind.
Der Erlass einer einstweiligen
Anordnung zugunsten eines nicht versetzten Schülers ist nach
Auffassung des Hessischen Verwaltungsgerichtshof nur dann dringlich, wenn
es unzumutbar erscheint, ihn auf den rechtskräftigen Abschluss des
Hauptsacheverfahrens zu verweisen. Dies setzt eine Interessenabwägung
voraus, in die einerseits das private Interesse des nicht versetzten Schülers
daran einzustellen ist, seine Ausbildung ohne Zeitverlust fortzusetzen,
und andererseits das öffentliche Interesse daran, dass zum einen die
Gesamtheit der Mitschüler in der nächst höheren Klasse durch die
Unterrichtsteilnahme des nicht versetzten Schülers nicht unerträglich
belastet und zum andern dieser selbst dadurch nicht in seiner Ausbildung
gehemmt wird. |
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