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Rechtsanwaltskanzlei Dr. Palm - Bonn

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Schule

Schulprobleme

 

Schule Probleme Noten Versetzung Lehrer Rechtsanwalt Mobbing

Einige Themen im Zusammenhang mit Schülern, Eltern und Schule 

Mobbing in der Schule >>

Nichtversetzung - Zeugnisnoten

Musik - Filesharing - Download

Aufsichtspflichtverletzung

Im SchülerVZ Lehrer zu beleidigen, kann erhebliche juristische Probleme verursachen. Zwei Schülerinnen aus Bad Kissingen wurden angeblich von Lehrern angezeigt. Eine Beteiligte musste die Schule verlassen. 

"Happy Slapping" – Schüler vom Unterricht ausgeschlossen  

Ein Schüler, der während des Sportunterrichts ohne nachvollziehbaren Anlass einen Mitschüler mit der Hand in den Nacken und ins Gesicht schlug, und diesen Vorfall von einem weiteren Mitschüler mit seinem Handy filmen ließ, kann als Erziehungsmaßnahme für zehn Tage von Unterricht ausgeschlossen werden (VG Berlin VG 3 A 930.05). Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Berlin handelt es sich offensichtlich um ein in jüngster Zeit häufiger vorkommendes Vorgehen, das mit dem Begriff “Happy Slapping” (fröhliches Zuschlagen) belegt wird, und bei dem es darum geht, vorsätzlich begangene unvermittelte Gewalttätigkeiten gegenüber Unbeteiligten in kurzen Filmsequenzen festzuhalten und diese in interessierten Kreisen zu verbreiten. Die durch ein solches Verhalten offenbarte Bereitschaft des Schülers zu grundloser Gewaltausübung gegenüber Unbeteiligten allein zu dem Zweck, die dadurch zugefügte Erniedrigung durch einen Mittäter filmisch “ausschlachten zu lassen”, rechtfertige die Erziehungsmaßname ihn für zehn Tage vom Unterricht auszuschließen. Bliebe derartiges Fehlverhalten sanktionslos, würde die Schule die zur Vermittlung ihrer Erziehungsziele erforderliche Glaubwürdigkeit und Durchsetzungsfähigkeit einbüßen.

Mobbing in der Schule ist weiterhin ein freudloses Thema. Hier gibt Spiegel Online einige Verhaltenstipps für Schüler >>

Was wir zum Mobbing zu sagen haben, findet man hier >>

Lehrer schlagen bringt mächtigen Ärger

Bereits die erstmalige Tätlichkeit (Faustschlag gegen den Oberarm) eines Schülers gegen eine Lehrerin in Anwesenheit der Klassenkameraden unter der Androhung von Tätlichkeiten gegenüber den Mitschülerinnen und Mitschülern kann einen Schulausschluss rechtfertigen, urteilt das VG Freiburg 2004. 

Schulen in Rheinland-Pfalz dürfen weiterhin gegen den Willen volljähriger Schüler deren Eltern über wichtige schulische Probleme informieren. Der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz hält diese umstrittene neue Regelung im Schulgesetz für verfassungsgemäß (VGH B 2/04). Die Änderung des Landesschulgesetzes im vergangenen Jahr erfolgte nach dem Amoklauf des  Schülers Robert Steinhäuser 2002 in seiner Erfurter Schule mit 17 Toten. Der Schulausschluss war den Eltern Steinhäusers nicht bekannt gewesen.

Die Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz stützte sich vergeblich auf das   Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Die Regelung war nach Ansicht der Richter geeignet, Risiken von Kurzschlusshandlungen junger Menschen in der schwierigen Adoleszenzphase bis hin zu einem Amoklauf zu verringern. Sie verletze nicht das Persönlichkeitsrecht junger Erwachsener, sondern sei angemessen und ausgewogen.

Das Gericht gab aber den Schulen den Rat, von ihrem Ermessen sorgfältig unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles Gebrauch zu machen.

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Der Roboter als Klassenlehrer?

"Im US-Bundesstaat Indiana läuft ein zweijähriger Feldversuch, in dem ermittelt werden soll, ob Aufsätze in High Schools mit Hilfe von Software bewertet werden können." >>

 

Schüler muss vom Gymnasium direkt auf die Hauptschule

Ein Schüler, der ein Gymnasium besucht hatte und dort nicht versetzt wurde, kann seine schulische Karriere nicht auf einer Realschule fortsetzen. Der Schüler war im Schuljahr 2003/2004 nicht in die Klassenstufe 8 versetzt worden. Diese Versetzung schaffte er im darauf folgenden Jahr. Im Schuljahr 2005/2006 erreichte er jedoch wieder nicht das Klassenziel. Unter anderem weist sein Zeugnis in den Fächern Englisch, Latein und Physik die Note mangelhaft auf, im Sport erhielt der Schüler ein gut, während die übrigen Fächer mit ausreichend bewertet wurden. Daraufhin beantragte der Schüler die Aufnahme in einer Realschule, was aber abgelehnt wurde. Hiergegen legte der Schüler Widerspruch ein und beantragte gegenüber dem Land Rheinland-Pfalz vorläufigen Rechtsschutz mit dem Ziel, dass er ab dem Schuljahr 2006/2007 die Realschule besuchen darf (Verwaltungsgericht Koblenz vom 22. August 2006 – 7 L 1188/06.KO).

Schulbesuchspflicht geht Urlaubswunsch vor

Die Schule ist weder berechtigt noch verpflichtet, grundschulpflichtigen Kindern zwei Wochen Urlaub zu gewähren, um diesen zusammen mit ihren Eltern einen als „Bildungsreise“ bezeichneten Urlaub zu ermöglichen, entschied der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (AZ: 9 S 2735/04). Die Eltern zweier grundschulpflichtiger Kinder hatten beim Verwaltungsgericht Freiburg erfolglos einen ihrer Ansicht nach bestehenden Anspruch auf Beurlaubung ihrer beiden Töchter vom Unterricht geltend gemacht. Sie wollten die verlängerten Ferien für eine Reise nach Neuseeland nutzen. Sie begründeten das damit, dass es sich überwiegend um eine Bildungsreise handle. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg stellte klar: Eine Beurlaubung vom Schulbesuch könne nach der Schulbesuchsverordnung des Kultusministeriums nur in „besonders begründeten Ausnahmefällen“ gewährt werden. 

Ein solcher vom Regelfall abweichender Ausnahmefall liege bereits deshalb nicht vor, weil alle Schüler und Eltern gezwungen seien, längere gemeinsame Urlaubsreisen ausschließlich in den Sommerferien durchzuführen. Eine private Urlaubsreise sei entgegen der Auffassung der Kläger auch nicht vergleichbar mit der Teilnahme an einem internationalen Schüleraustausch oder mit Sprachkursen im Ausland, für welche die Schulbesuchsverordnung aus pädagogischen Gründen ausdrücklich Beurlaubungen vorsehe. Selbst wenn in besonderen Ausnahmefällen eine Urlaubsreise als ein wichtiger persönlicher Grund anerkannt werden könnte, rechtfertige dies allenfalls eine kurzfristige Beurlaubung unmittelbar vor oder nach den Schulferien. Dies setze zudem eine (positive) Ermessensentscheidung des Schulleiters voraus. Keinesfalls sei der Schulleiter hingegen berechtigt oder gar verpflichtet, die Schulferien um einen Zeitraum von zwei Wochen zu verlängern, um eine Urlaubsreise auszudehnen. Hierbei seien die Gründe für eine solche Reise unerheblich.

Hausaufgaben und Elternrecht

Der Vater einer Realschülerin aus Velen (Münsterland) wollte auf Grund seines Informationsanspruchs als Erziehungsberechtigter die Hausaufgaben mitgeteilt bekommen, allerdings nicht im Nachhinein, sondern mindestens einen Monat im Voraus. Er klagte erfolglos gegen die Schule (Verwaltungsgericht Münster - 1 K 2073/05), was letztlich nicht besonders begründungsbedürftig erscheint (nicht rechtskräftig).

Schulen dürfen Eltern Hausverbot erteilen

Eine Schule darf den Kontakt zwischen Lehrern und Eltern auf Briefverkehr reduzieren sowie Eltern des Schulgeländes verweisen. Mit diesem Beschluss gab das OVG Rheinland-Pfalz (AZ: 2 B 10439/05.OVG) einer Schulleitung Recht, die einem Elternpaar für ein halbes Schuljahr Hausverbot erteilt hatte, da diese die Lehrer ihres Sohnes mehrfach aufsuchten und unter anderem die Notengebung kritisierten. Das Zusammenwirken der Eltern mit den Lehrern ihres Sohnes war laut Urteilsbegründung "massiv gestört" und das Hausverbot daher "eine zulässige schulorganisatorische Maßnahme", um eine Steigerung der Konflikte zu vermeiden. Die Eltern, beide selbst Lehrer, hatten gegen das Hausverbot am Verwaltungsgericht einen Eilantrag gestellt, der bereits abgelehnt wurde.  

Elterliches Sorgerecht kann bei Schuleschwänzen entzogen werden  

Das elterliche Sorgerecht kann bei einem wiederholten Schuleschwänzen der Kinder beschränkt oder sogar entzogen werden (Oberlandesgericht (OLG) Koblenz - Az.: 13 WF 282/05).  In diesen Fällen kann im Interesse der Kinder zumindest das so genannte Aufenthaltsbestimmungsrecht auf das Jugendamt übertragen werden Das Gericht wies mit seinem Beschluss die Beschwerde eines Elternpaares gegen eine Entscheidung des Familiengerichts Neuwied zurück. Deren Kinder hatten wiederholt die Schule geschwänzt. Nach den Feststellungen des Jugendamtes war dies auf Desinteresse der Eltern am Schulbesuch zurückzuführen. Die Behörde beantragte daher beim Familiengericht Neuwied die Übertragung der elterlichen Sorge. Das Gericht entsprach dem Antrag. Die dagegen eingelegte Beschwerde der Eltern blieb ohne Erfolg. Die Richter betonten, zwar sei der Entzug oder auch nur die Beschränkung der elterlichen Sorge ein gravierender Eingriff. Maßstab müsse aber allein das Wohl der Kinder sei.  

Darlegungen zum Sorgerecht finden Sie hier >>

"Aufsichtspflicht und Internet" vgl. diese Ausführungen >>

 

Die Lümmel von der ersten Bank: Auf Beutezug

Schulschwänzer werden auf den Pfad der Tugend zurückgeführt

 

"Well we got no choice/All the girls and boys/

Makin all that noise/'Cause they found new toys"

Wir wissen nicht, von welchen Spielzeugen Alice Cooper da singt. Handys, PCs oder doch eher Butterfly-Messer und Brechstangen? "And we got no principles/And we got no innocence." Coopers "School´s out" fasst zusammen, was inzwischen deutsche Ordnungshüter bewegt und diverse polizeiliche Pilotprojekte auf den Plan rief: Schulschwänzer. Es ist nicht die Rede von jenen, die eine qualvolle Doppelstunde "Bio" blau machen, um ins Kino zu gehen. Es geht nicht mehr um harmlose Pennäler-Streiche a la Feuerzangenbowle oder unsägliche Paukerfilme "Wir hau'n die Pauker in die Pfanne"  mit Theo Lingen und Hansi Kraus. Nein, es geht um echte Streiche, vulgo: Verbrechen. Wer die Schule schwänzt, ist - rein statistisch betrachtet - besonders tatverdächtig! Das Deutsche Jugendinstitut in München soll laut FOCUS herausgefunden haben, dass 33 Prozent der befragten Schulschwänzer kriminell werden. Christian Pfeiffer, Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen (http://www.kfn.de/), überbringt die schreckliche Botschaft: "Jugendliche, die massiv schwänzen, sind mindestens vier Mal so kriminell wie ihre Altersgenossen, die regelmäßig die Schule besuchen." Während die Suche nach Terroristen in Deutschland eher bescheidene Ergebnisse zeitigt, ist die Polizei im ganzen Lande erheblich erfolgreicher bei der Jagd auf Deutschlands neueste Risikogruppe.

Hessen etwa kämpft mit 4000 notorischen Schulschwänzern. Kultusministerin Karin Wolff wird Anfang 2004 im Lahn-Dill-Kreis die Rückholaktion "Schulschwänzer" starten. Wenn es also demnächst zwei Mal klingelt, ist es nicht der Wecker, sondern der Wachtmeister. Hessen ist kein Vorreiter auf dem polizeibegleiteten Weg zur Schule. Es gibt zwar keinen Nürnberger Trichter, der ja prinzipiell den Schulbesuch überflüssig machen würde, dafür aber bereits seit 1998 in Bayern das "Nürnberger Modell", um schulmüde Kids zur Räson zu bringen. Das Modell gilt als recht erfolgreich. Internet-Cafes und Spielhallen sind seitdem keine Fluchtburg des geplagten Schülers mehr, sondern beliebte Einsatzorte der Polizei, nach wilden Schafen zu suchen. Wirksamer noch als die polizeilichen Rückholaktionen der diversen Bundesländer könnte aber langfristig der Druck auf die Eltern sein, ihre ungezogenen Kids Mores zu lehren. Immerhin gibt es eine strafrechtliche Handhabe gegen die Vernachlässigung der Fürsorge- und Erziehungspflicht - § 171 StGB: "Wer seine Fürsorge- oder Erziehungspflicht gegenüber einer Person unter sechzehn Jahren gröblich verletzt und dadurch den Schutzbefohlenen in die Gefahr bringt, in seiner körperlichen oder psychischen Entwicklung erheblich geschädigt zu werden, einen kriminellen Lebenswandel zu führen oder der Prostitution nachzugehen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft." Das Amtsgericht Köln verurteilte nach dieser Vorschrift die Eltern von minderjährigen Dieben zu einer Geldstrafe. In Großbritannien kann das pädagogische Versagen noch unangenehmer werden. Dort erfand man die "Parenting order". Vordergründig redet die britische Regierung von der Unterstützung der Eltern, um ihre Erziehungsfähigkeiten zu verbessern: "The Government is therefore aiming to increase the parenting support available to all parents to help them to develop better parenting skills." Doch in Wirklichkeit geht es um die Nacherziehung der Eltern selbst, die zwangsverpflichtet werden, ihre Aufzuchtmethoden in einem staatlichen Erziehungs-Crashkurs aufzufrischen. Wer nicht kommt, muss kräftig - bis zur Höchststrafe von £ 1000 - zahlen. Doch selbst der Verlust einer Sozialwohnung kann dem Vater oder der Mutter blühen, wenn sie ihre Sprösslinge nicht auf den Pfad der Tugend zurückbringen. In Frankreich wurden bisher Methoden bevorzugt, die eher darauf angelegt sind, Auflagen zu erteilen, um den Kontakt zwischen Eltern und Kindern verbessern. Doch auch hier wird der Wind schneidiger, sodass vielleicht demnächst amerikanische Verhältnisse drohen.  In "god´s own country" gibt es Teen Help Programme in so genannten Boot Camps, in denen Minderjährige mit allen Regeln der schwarzen Pädagogik - Prügel und Isolationshaft - zu guten Staatsbürgern und freundlichen Mitmenschen erzogen werden sollen. "Does my teen need help?" Die zahlreichen Kritiker drakonischer Erziehungshilfen sind eher der Auffassung, dass die Gulag-Betreiber selbst behandlungsbedürftig sind. Betrachtet man die Vielzahl der hiesigen Maßnahmen, wird deutlich, dass auch in der Bundesrepublik Deutschland die Idee von "Zero Tolerance" um sich greift. Mehr oder weniger folgen die Schulschwänzersanktionen der "Broken Windows-Theorie" (Lames Q. Wilson und George L. Kelling), die nicht viel mehr besagt als "Wehret den Anfängen." Doch repressive Maßnahmen hält zugleich wohl kaum einer für ausreichend, um Schulschwänzer in motivierte Zöglinge zu verwandeln. Die Schule, die einst ein "psychosoziales Moratorium" (Jürgen Habermas) gewährte, d.h. den Ernst des Lebens für später aufhob, verliert ebenso wie die Eltern immer stärker die Kontrolle über den lernunwilligen Nachwuchs. Ursachen dafür gibt es viele. Die Kluft der Generationen wird größer. Der Zusammenhalt in den Klassen wird durch stärkere Gruppen- respektive Gangbildungen verdrängt. Lernstoff und Didaktik halten nicht Schritt mit dem medial radikal veränderten Alltag der Schüler. Die Schule wird als antiquierte Agentur der Elterngeneration beargwöhnt. Die Motivationswüste "Schule" steckt dabei selbst in einem Dilemma. Einerseits kassiert sie nach Pisa schlechte Noten für ihre Bildungspflänzchen. Andererseits ist ein rigides Leistungsprinzip gegenüber Schulschwänzern und Lernunwilligen Gift, weil erst mal die spielerische Freude am Lernen (wieder)geweckt werden müsste. Die Crux dieses Bildungssystems ist generell mehr denn je ein Leistungsprinzip, das längst nicht mehr auf die Logik von schulischen Leistungen und späterem Erfolg verweisen kann. Die Berufs- und Ausbildungsaussichten der Kinder werden immer schlechter. Warum also überhaupt lernen? Die Grundfrage Jean-Jacques Rousseaus, des ersten modernen Pädagogen, der bekanntlich seine eigenen Kinder im Waisenhaus erziehen ließ, lautete: "Wozu ist das nützlich"? Und diese Antwort muss nach dem Aufklärer "erfahren" und nicht diskursiv vermittelt werden. Rousseau war mit dieser Ansatz auch ein Vertreter der leicht modifizierten Broken-Windows-Theorie. Danach riet er, Kinder, die Fensterscheiben zerschlagen, in solch luftigen Räumen schlafen zu lassen. Und wenn sie es gar zu toll trieben, sollte man die Kids in fensterlose Räume sperren, damit sie am eigenen Leibe spüren, warum intakte Fensterscheiben eine nützliche Sache sind. Unsere nun vorgeblich wach gewordenen Bildungs- und Ordnungspolitiker verfallen auf andere Lösungen. Nach Auffassung von Christdemokraten und Liberalen soll das "Wunder von Bern" von Sönke Wortmann in den Schulen gezeigt werden. Die "Aufbruchsstimmung der Fünfzigerjahre" (Cornelia Pieper, FDP-Generalsekretärin) soll demonstriert werden, "um der jungen Generation diese Zeit nahe zu bringen" (Thomas Rachel, Bildungspolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag). Ob Schulschwänzer sich von diesen Kinolehren der Geschichte beeindrucken lassen werden, dürfte höchst zweifelhaft sein. Denn gerade die Zeit, in der wir leben, hat mit jenen Tagen so herzlich wie eher unherzlich wenig zu tun. Und wer garantiert, dass die zu Wirtschaftswunderstimmungen verleiteten Kids nicht das schöne Bildungserlebnis hinterher wieder mit Tarantinos "Kill Bill" zunichte machen? Der Innenminister Brandenburg, Jörg Schönbohm, bekannt für seine offenen Worte in ordnungspolitisch dräuenden Fragen, baut weniger auf Motivation als auf Lenins Wort: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Schönbohm rät mit Zustimmung einiger Christdemokraten zu elektronischen Fußfesseln für extrem kriminelle Schulschwänzer. Das ist vorbehaltlich der stigmatisierenden Nebenwirkungen sicher eine effektive Methode, den Teufel mit Beelzebub auszutreiben. Wenn in Gesellschaften mit schwacher Sozialkontrolle die sozial-emotionalen Bindungen fehlen, muss man eben auf elektronische zurückgreifen. Schönbohms fesselnder Vorschlag ist selbstverständlich bei den üblichen Wohlmeinenden aus diversen Kultusministerien und vor allem bei der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) auf massive Kritik gestoßen. Auch unser Placet könnte Schönbohms Rosskur allenfalls dann finden, wenn sie denn auch für andere gesellschaftliche Risikogruppen anempfohlen würde. Etwa bei öffentlichen Spesenrittern aus Parlamenten und Verwaltung, etwa dem Auswärtigen "Shopping" Ausschuss des Bundestages, wären Fußfesseln probate Mittel, um das "whereabout" unserer Volksvertreter während ihrer Dienstflüge und Konferenzen jederzeit überwachen zu können. Und seien wir mal ganz ehrlich: Würden nicht auch die horrenden Scheidungsraten auf Vorkriegsniveau fallen, wenn Seitensprünge dank Fußfessel sofort aufgedeckt würden. Wer erst mal den Geist der Überwachungsgesellschaft geatmet hat, weiß, dass Kontrolle ein Spiel ohne Grenzen ist.

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Keiner weiß mehr  

Mit der OECD-Karte durch die deutsche Bildungswüste

   

Als Kara Ben Nemsi durch die Wüste ritt, standen ihm nicht nur überlegene Feuerwaffen zur Verfügung. Der „Sohn der Deutschen" war auch ein kognitives Weltwunder, das die Sprachen, Sitten und Gebräuche der besuchten Völker beherrschte wie er auch ein stupendes Weltwissen im Übrigen besaß, das seine kläglichen Widersacher immer dumm aussehen ließ. Made in Germany! Kara Ben Nemsi war allerdings keine Mammutpflanze der bundesrepublikanischen Lernplantagen, sondern eine literarische Selbstschöpfung im paradoxen Geiste eines völkerversöhnenden Kolonialismus. Die scheinbar unverwüstliche Formel „Wissen ist Macht" verbindet die narzisstischen Bildungsabenteuer Karl Mays mit unseren etwas alltäglicheren Vorstellungen pädagogischer Welterschließung. Doch sollte die Macht nicht länger mit uns sein?    

Deutsche Bildungsdiaspora  

Denn mit der Bildung stimmt was nicht. Erst kam der Pisa-Schock und jetzt erschüttert der aktuelle OECD-Bericht das kulturelle Selbstverständnis der Nation. Der Bericht präsentiert sich als Mängelliste der deutschen Bildungspolitik. Im Vergleich mit 26 Ländern sind die hiesigen Bildungseinrichtungen unterfinanziert. In Kindergärten und Schulen fehle es an Erziehern und Lehrern. Das sei fatal, weil sich frühe Förderung besonders auszahlt. Deutschland ist bei den Bildungsausgaben pro Schüler und Student von Platz 10 auf Platz 15 abgerutscht. Trotz der überdurchschnittlichen Unterstützung von Oberschülern und Studenten gibt es hier zu Lande weniger Akademiker als in den Vergleichsländern. Deutschland ist von Frankreich, Japan, Finnland, Belgien und den Niederlanden überholt worden. Deutschland gibt 5,3 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für Bildung aus und liegt damit unter dem Länderdurchschnitt von 6,2 Prozent. Nun nehmen zwar Südkorea mit 8,2 Prozent und die USA mit 7,3 Prozent Spitzenpositionen ein, aber rund ein Drittel der dortigen Bildungsbudgets ist privat finanziert. Werden hier Äpfel mit Birnen verglichen? Im Länder-Durchschnitt schließt nahezu jeder dritte Absolvent mit einem Studium ab, während in Deutschland nur jeder fünfte die höheren akademischen Weihen empfängt. Eine gesellschaftliche Katastrophe überbietet inzwischen die andere. Nicht nur Wirtschaft und Arbeitsmarkt kränkeln vor sich hin, auch das Wissen, die Basis gesellschaftlichen Wohlstands schwindet. Sind unsere Schüler einfach zu blöd oder antiquierte und budgetschwache Bildungsstrukturen zuständig für die Krise?  Der Tatbestand ist jedenfalls nicht wirklich neu. Der Bildungspolitiker Georg Picht konstatierte 1964 eine Bildungskatastrophe mit einer Kritik, die der gegenwärtigen fatal ähnelt (http://www.dhm.de/lemo/html/DasGeteilteDeutschland/KontinuitaetUnd Wandel/UnruhigeJahre/bildungsnotstandBody.html.) Pichts Schulschelte war folgenreich. Das bundesrepublikanische Schulsystem wähnte sich bis zur Pisa-Studie in einer guten Verfassung.

Jetzt dagegen ist gar nichts mehr klar. Selbst die Frage, ob der OECD-Bericht überhaupt aussagekräftig sind, treibt die Geister auseinander. Die Kultusminister der Länder wollen sich jedenfalls bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung über den Bericht beschweren, weil sie die Auslegung der Ergebnisse für grundfalsch halten. Für die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), Doris Ahnen, ist die Radikalkritik der OECD unerklärlich. Allerdings verweisen die Kultusminister zur Selbstverteidigung ihres segensreichen, wenngleich eher unstreitig gemächlichen Tuns darauf, dass sie seit Pisa wach wären und die Einführung von Bildungsstandards und die Herabsetzung des Einschulungsalters vereinbart hätten. Einheitsschule oder Einheitsbrei? Das will nicht so fundamental klingen, wie andere Kritiker nun handeln wollen.

Das unmittelbar nach dem Bericht panisch vor die Öffentlichkeit geworfene Rezept von Rot-Grün sieht eine zehnjährige Einheitsschule vor, die auch der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft angelegen ist. Das originellste Wahlkampfthema hat bereits die schleswig-holsteinische SPD gebucht: "Schule für alle". Das ist ein flächendeckender Wahlkampfslogan im Stil der Siebzigerjahre, als Hilmar Hoffmann in Zeiten satter Budgets „Kultur für alle" fordern konnte. Als gegenwärtige Forderung dagegen erscheint das nicht nur anbiedernd, sondern auch etwas zahnlos, wenn man bedenkt, dass die allgemeine Schulpflicht bisher jedenfalls noch keiner Reform zum Opfer gefallen ist. Ministerpräsidentin Heide Simonis schwärmt: "Da werden Kinder und Jugendliche vom Babyalter bis 16 Jahre zusammen leben und lernen." Droht solchermaßen wildromantische Bildungspolitik dieser Tage zu einem weiteren Prestigeprojekt der reformoffensiven Koalitionäre zu werden? "Die „Schule für alle" soll effizienter sein als das gegenwärtige Modell, Kinder frühzeitig in mehr und weniger Begabte zu sortieren. Also lagen Dorfschulen mit einem Lehrer und acht gleichzeitig unterrichteten Klassen gar nicht so falsch in jener Zeit, die indes nicht mal behauptete, aus der Not eine Tugend zu machen. Das neue Konzept, das längst noch keines ist, wird dagegen schon jetzt schön geredet: Da das Gleichheitsprinzip unserer Gesellschaft entspricht, wäre nun auch die Auflösung des dreigliedrigen Schulsystems richtig. Für den Thüringer SPD-Chef Christoph Matschie passt folglich das tradierte Schulsystem eher zu einer mittelalterlichen Ständeordnung als zu einer modernen Gesellschaft. Erstaunlich ist, dass diese historische Parallele erst jetzt in ihrer ganzen bildungspolitischen Brisanz erkannt wird. Vielleicht liegt das daran, dass dieser Vergleich auf ähnlichen Erwägungen beruht, die während der chinesischen Kulturrevolution dafür ursächlich dafür waren, Professoren und Studenten aus der Universität zu jagen und auf den Acker zu schicken. Denn diese Auslegung des Gleichheitsprinzips, die nun die Einheitsschule schmackhaft machen will, war immer schon geeignet, Beliebigkeitsentscheidungen zu begründen. Heißt Gleichbehandlung schlechte Schüler zu fördern oder alle unabhängig von ihren Fähigkeiten gleich zu behandeln?

Ein Bildungssystem wird erst dadurch demokratisch, dass es Schwache und Leistungsstarke gleichermaßen fördert. Es wäre wohl ein grotesker Gleichheitsbegriff, der zwingend in der „klassenlosen" Schule kulminiert, wenn doch Talente nicht nur dem Prinzip „Dumm geboren ist keiner, dumm wird man gemacht" folgen. Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Josef Kraus, hält es für wichtig, Schüler früher einzuschulen, Schulklassen zu verkleinern sowie der Überalterung von Lehrern begegnen. Andere wollen wiederum den Kindern nicht ihre Kindheit stehlen und bestimmte Reifungen abwarten, bevor der Ernst der Schule beginnt.   Dachten wir früher, ausdifferenzierte Gesellschaften benötigten auch im Bildungsbereich weitere Differenzierungen, wird zumindest vordergründig nun Entdifferenzierung zum Gebot der Stunde. CDU- Vorsitzende Jürgen Rüttgers sieht das mit einer wahlplakattauglichen Feststellung anders: "Schülerinnen und Schüler brauchen Leistungsanreize statt Gleichmacherei." Auch das ist eine schiefe Alternative und Fleißkärtchen alleine dürften ohnehin kaum reichen, der grassierenden Frustration von Schülern zu begegnen. Wer Leistungsanreize fordert, wo eine klassische Pädagogik zu Recht intrinsische Motivationen bevorzugt, muss vor allem eine konjunkturfreudige Wirtschaft und einen geschäftigen Arbeitsmarkt präsentieren. Und so schließt sich der fatale Zirkel lernfreudiger Schüler und echter Berufsaussichten, der gegenwärtig eine schlingernde Politik beschreibt.   

Die flatterhafte Diskussion der Bildungspolitiker sollte leicht entpolarisiert werden können, wenn weder Einheitsschule noch „Stände- Modell" sakrosankt behandelt werden. Denn mit dem bisherigen Modell kann man auch die bereits bestehenden Cross-over-Chancen vernünftig erweitern, um Spätzündern Gelegenheit zum Karrierekick zu geben. Und warum sollte andererseits einer in einer Schule hocken, die seinem frühen Talent so gar nicht gerecht wird? Denn jenseits des drohenden Wahlkampfgetöses kann die alte wie neue Zauberformel doch nur lauten, individueller zur fördern, besser die Potenziale des Nachwuchses erkennen und zur rechten Zeit, die je nach Lern- und Leistungstypen  verschieden anzugeben ist, zu heben. Ist das möglich, ist die Grobstruktur eines Schulsystems eine zweitrangige Frage. Doch in Wirklichkeit gibt es zu wenig Geld und außer ein paar Fassadenkorrekturen ist wohl nicht viel zu erwarten.

Die Zukunft der Bildung

Schulreformen sind noch „schicksalsabhängiger" als die übrige Reformpolitik. Denn wer die Entwicklung von Wissen, Ausbildung und Berufsperspektiven hochrechnen will, muss in Dekaden denken.  Schneller denn je verändern sich dagegen die Umstände, die nicht nur traditionsgläubigen Schulmeistern den Atem verschlagen könnten, sondern auch für wahre Reformwillige schlicht nicht planbar sind. Ob Schüler und Studenten mit dieser oder jener Reform für das Leben oder die Arbeitslosigkeit lernen, bleibt schwer zu beantworten. Und während die einen bereits von Eliten träumen, menetekeln die anderen von der Bildungsdiaspora BRD.   Was gestern wünschbar war, ist heute schon Makulatur. So entsteht dann etwa eine Akademikerschwemme, die einen bildungspolitischen Erkenntnisstand von gestern anzeigt und – ohne über Los zu gehen – vom Arbeitsamt in das soziale Abseits umgeleitet werden muss. Auch mit der OECD-Studie kommt wieder auf den Tisch, Deutschland brauche mehr Akademiker - so wie gestern die GreenCard angeblich der Weisheit letzter Schluss war, um nicht in das digitale Abseits zu geraten. Wurde vor Zeiten die Akademikerschwemme kritisiert, um das Handwerk und berufsbezogenere Ausbildungen zu stärken, lautet das Menetekel nun wieder, dass es dereinst zu wenig Akademiker gibt. Doch die Universitäten sind selbst längst Teil der Krise, weil Studien mit oder ohne Studiengebühr zu lange dauern und die Anbindung von Uni und Beruf in Deutschland viel zu fragil bleibt. Höhere   Bildung wollen freilich alle besitzen. Cui bono? Dieter Schwanitz hat diesen zumeist diffusen Wunsch mit seinem Buch „Bildung. Alles, was man wissen muss" bedient, bestsellertauglich bedient. Aber eine Berufsgarantie ist mit solchem Wissen nicht verbunden. Denn man weiß eben nicht, was man in Zukunft wissen muss und die Bildung, von der Herr Schwanitz und auch in erheblichem Maß noch unsere höheren Lehranstalten sprechen, dürfte die schwächste Anwärterin auf eine berufliche Zukunft sein.  

Die Zukunft der Bildung wird radikalere Strukturänderungen mit sich bringen, als es die neuesten bildungspolitischen Aufgeregtheiten ahnen lassen. Unis und Schulen werden sich aus der räumlichen Abgeschiedenheit entfernen. Die Zukunft des Lernens gehört trotz der pädagogischen Anfeindungen gegenüber dem Computer dem virtuellen Lernen, dem Lernen unter virtualisierten Bedingungen. Die Pädagogik eines allgegenwärtigen Interface könnte klassische Schulen und Universitäten als antiquierte Einrichtungen ausweisen, die vielleicht morgen ganz verschwinden.  Stattdessen dürften kognitive Umräume entstehen, Smart-Umgebungen, die permanentes Lernen so einfach gestalten könnten wie den Sprung in eine Suchmaschine. Das löst zwar längst nicht die Fragen einer Pädagogik unter virtuellen Bedingungen, aber die Individualisierungsgewinne könnten immerhin die viel beschworene Durchlässigkeit des Bildungssystems bei der Förderung individueller Fähigkeiten auf ein völlig anderes Niveau bringen. Die gegenwärtig erregte Diskussion ist dagegen Ausdruck einer Krise. Nicht nur der Krise der Bildung, sondern der Krise einer Bildungspolitik, die nicht recht weiß, welche Richtung sie nun einschlagen soll. Der vorgeblichen Leistungsschwäche der Schüler korrespondiert die Hilflosigkeit der Bildungspolitik. Die Wüste wächst mal wieder. Und Bildungswüsten tragen die meisten in sich, die nicht mit Kara Ben Nemsi den Weg allen Wissens so privilegiert wie unwahrscheinlich beschreiten können.

Goedart Palm

Schülerdemo Rechtsanwalt

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