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Grundlagen
Neuverheiratung der
Mutter
Ausbildungsunterhalt
Hemmung der
Verjährung
bei Kindesunterhalt -
Verwirkung
"Faule
Kinder"
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Kindesunterhalt |
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Der Verband
alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV) erkennt Ende Juni 2007 in der
Neuregelung des Kindesunterhalts einen "Skandal". Das
Oberlandesgericht Düsseldorf verwies darauf, dass die Veränderungen der
"Düsseldorfer Tabelle" auf den Rückgang der Nettolöhne
zurückführen. Zur Tabelle >> |
Unterhaltspflichtig
ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen
Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen
Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. Befinden sich Eltern in dieser
Lage, so sind sie ihren minderjährigen unverheirateten Kindern gegenüber
verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt
gleichmäßig zu verwenden. Den minderjährigen unverheirateten Kindern
stehen volljährige unverheiratete Kinder bis zur Vollendung des 21.
Lebensjahres gleich, solange sie im Haushalt der Eltern oder eines
Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden.
Gegenüber minderjährigen Kindern besteht also eine gesteigerte
Unterhaltspflicht. Gemäß § 1603 Abs. 2 BGB hat der
Verpflichtete daher die Obliegenheit zur gesteigerten Ausnutzung seiner
Arbeitskraft. Die gesteigerte Unterhaltspflicht nötigt den
Unterhaltsverpflichteten zur Übernahme jeder ihm zumutbaren Arbeit, wobei
zur Sicherung des Unterhaltes minderjähriger Kinder auch Aushilfs- und
Gelegenheitsarbeiten zumutbar sind und ein Orts- und Berufswechsel
verlangt werden kann. Hat der nach § 1603 Abs. 2 BGB gesteigert
Unterhaltspflichtige keine hinreichenden Erwerbsbemühungen entfaltet und
ist ihm deshalb ein fiktives Einkommen zuzurechnen, dann führt eine vorübergehende
Erkrankung, die geraume Zeit nach der fingierten Arbeitsaufnahme eintritt,
zur Zurechnung fiktiver Lohnfortzahlung und anschließend fiktiven
Krankengeldbezugs. Selbst Minderjährige trifft aber nach der
Rechtsprechung für die Zeit, in der sie nicht zur Schule gehen und auch
keine Ausbildung absolvieren, eine Pflicht zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit.
Kommt das Kind dieser Erwerbsobliegenheit nicht nach, so muss es sich in
erzielbarer Höhe fiktive Einkünfte, die es bedarfsdeckend einzusetzen
hat, zurechnen lassen. |
Oberlandesgericht Köln Renovierungen 2009
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Aktuell:
Unverheiratete Väter und Unterhalt Unverheiratete Väter müssen der
Mutter ihres Kindes mindestens drei Jahre lang Unterhalt zahlen. Die Pflicht endet nach
einem Urteil des Bundesgerichtshofs jedoch, wenn die Mutter einen anderen Mann ehelicht.
Obwohl das Gesetz seit mehr als zehn Jahren besteht, ist es
in der Öffentlichkeit eher unbekannt geblieben. Unverheiratete Mütter haben gegenüber
dem Vater ihres Kindes nicht nur einen Unterhaltsanspruch für das Kind, sondern auch für
sich selbst, wenn sie wegen der Erziehung des Nachwuchses nicht arbeiten können. Die
Zahlungspflicht des Vaters gilt nach § 1615 L BGB mindestens drei Jahre lang.
Was ist aber, wenn die Mutter in dieser Zeit einen anderen Mann heiratet? Der
Bundesgerichtshof (Aktenzeichen: XII ZR 183/02) hatte jetzt erstmals über einen solchen
Fall zu entscheiden.
Sachverhalt:
Eine Frau hatte im Jahr 2000 ein Kind geboren und vom Vater Unterhalt für sich selbst
gefordert. Zwei Jahre später heiratete sie jedoch einen anderen Mann, mit dem sie ein
weiteres Kind bekam. Das Oberlandesgericht Stuttgart vertrat die Ansicht, dass die
Unterhaltspflicht des unverheirateten Vaters dennoch drei Jahre lang andauere, und
verurteilte ihn bis zum Jahr 2003 zu Unterhaltszahlungen an die Mutter.
Dagegen legte der Kläger nun mit Erfolg Revision beim BGH
ein.
Die BGH-Richter verwiesen darauf, dass nach dem Gesetz auch eine geschiedene Ehefrau ihren
Unterhaltsanspruch verliere, wenn sie erneut heirate. Dadurch soll verhindert werden, dass
der Vater den neuen Ehemann seiner Exfrau indirekt mit ernähren muss. Die Richter
urteilten, dass deshalb auch der Anspruch einer unverheirateten Mutter im Falle einer
Heirat entfalle. Mit der Heirat habe die Frau gegen den neuen Mann einen Anspruch auf
Familienunterhalt, der Vorrang vor ihrer bisherigen Rechtsposition habe. Denn es sei mit
dem verfassungsrechtlichen Schutz von Ehe und Familie unvereinbar, wenn der Anspruch einer
geschiedenen Ehefrau bei Wiederheirat ende, der einer unverheirateten Mutter aber
fortdauere. Mit der Entscheidung ist eine weitere Regelungslücke im Unterhaltsrecht
geschlossen.
Die Bundesregierung plant übrigens für 2005 eine Reform des Unterhaltsrechts. Darin soll
den Ansprüchen der Kinder generell Vorrang eingeräumt werden vor den Anrechten der
aktuellen und der geschiedenen Ehefrau. Zudem sollen bislang nicht berufstätige Ehegatten
nach einer Scheidung stärker als bisher auf eigenen Füßen stehen. Der in der Ehe
erreichte Lebensstandard, so die Planungen des Bundesjustizministeriums, soll dann nicht
mehr allein darüber entscheiden, ob der Unterhaltsberechtigte eine Arbeit aufnehmen muss.
Top |
Der BGH Urteil vom 5. Juli 2006 (XII ZR
11/04) zur Dauer des Unterhaltsanspruchs wegen
Pflege und Erziehung eines nichtehelich
geborenen Kindes (§ 1615 l Abs. 2 BGB):
Nach dieser Vorschrift steht der Mutter ein
Unterhaltsanspruch für die Dauer von mindestens drei Jahren zu, soweit von ihr
wegen der Pflege und Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet
werden kann. Unterhalt kann aber auch darüber hinaus zugesprochen werden, wenn
dies aus Billigkeitsgründen, insbesondere mit Blick auf die Belange des Kindes,
geboten ist. Damit unterscheidet sich die Vorschrift von § 1570 BGB, der einer
geschiedenen Mutter wegen der Pflege und Erziehung des gemeinsamen Kindes grundsätzlich
einen unbefristeten Unterhaltsanspruch einräumt. Nach überwiegender Auffassung
in Rechtsprechung und Literatur kann die geschiedene Ehefrau regelmäßig erst
dann auf eine eigene Berufstätigkeit verwiesen werden, wenn ihr Kind
das achte (Teilzeittätigkeit) bzw. das 15. Lebensjahr (volle Erwerbstätigkeit)
vollendet hat.
In Rechtsprechung und Literatur ist deswegen
umstritten, ob die grundsätzliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der
nichtehelichen Mutter auf drei Jahre dem Gleichheitsgebot
und dem besonderen Schutz der nichtehelich geborenen
Kinder genügt. Das Oberlandesgericht Schleswig hat im vorliegenden
Fall eine verfassungsgemäße Auslegung nach Billigkeit für möglich gehalten.
Es hat der Klägerin, die zuletzt als Assistenzärztin tätig war, einen
Unterhaltsanspruch bis zur Vollendung des siebten Lebensjahres der gemeinsamen
Tochter zugesprochen, weil sie wegen ihrer Erkrankung neben der Pflege und
Erziehung des gemeinsamen Kindes nur zu einer halbschichtigen Tätigkeit in der
Lage sei (FamRZ 2004, 975).
Der Bundesgerichtshof hat die Revision
des Beklagten zurückgewiesen und die Rechtsauffassung des
Oberlandesgerichts Schleswig gebilligt. Zwar ist eine vollständige Angleichung
des Unterhaltsanspruchs aus Anlass der Geburt an den Unterhaltsanspruch des
geschiedenen Ehegatten nicht von Verfassungs wegen geboten; die gesetzliche
Regelung in § 1615 l Abs. 2 Satz 3 BGB ist aber verfassungsgemäß auszulegen,
wobei elternbezogene, insbesondere aber kindbezogene Gründe
für eine Fortdauer des Unterhaltsanspruchs berücksichtigt werden müssen.
Kernaussage:
Art. 6 Abs. 1 GG stellt die Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der
staatlichen Ordnung, was sich wegen der nachehelichen Solidarität in besonderer
Weise auf den Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten auswirkt. Die
Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes kann sich demgegenüber zwar
nicht in gleicher Weise auf den Schutz der Ehe und Familie berufen.
Denn dem Anspruch der nichtehelichen Mutter können höchst unterschiedliche
Sachverhalte zugrunde liegen, sodass deswegen eine flexiblere Unterhaltsregelung
geboten ist als es beim nachehelichen Unterhalt der Fall ist. Aus
verfassungsrechtlicher Sicht kann aber die Ausgestaltung der nichtehelichen
Lebensgemeinschaft im Einzelfall einen besonderen Vertrauenstatbestand begründen,
der als elternbezogener Grund eine Fortdauer des Unterhaltsanspruchs über
die Vollendung des dritten Lebensjahres hinaus aus Billigkeit gebietet.
Nach Art. 6 Abs. 5 GG hat der Gesetzgeber
nichtehelich geborenen Kindern die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und
seelische Entwicklung zu schaffen wie ehelichen Kindern. Dieses Gebot wirkt sich
auf den Unterhaltsanspruch der Mutter, um den es hier geht, allerdings nur
insoweit aus, als die Pflege und Erziehung des Kindes betroffen ist. Zwar kann
die Mutter seit Inkrafttreten des Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetzes
zum 1. Oktober 1995 frei entscheiden, ob sie das Kind selbst betreut oder wegen
ihrer Erwerbstätigkeit die Erziehung anderweit regelt. Aus unterhaltsrechtlicher Sicht hat sie dabei jedoch besondere
staatliche Hilfen, die ihr die Kindererziehung erleichtern sollen, in Anspruch
zu nehmen. Bei der Bemessung des Unterhaltsanspruchs ist deswegen auch zu berücksichtigen,
dass inzwischen genügend Kindergartenplätze jedenfalls für eine
Halbtagsbetreuung zur Verfügung stehen. |
Schulisches
Versagen kostet nicht zwangsläufig Unterhaltsanspruch
Schulversagen eines minderjährigen Kindes führt nicht ohne weiteres zum
Verlust des Anspruchs auf so genannten Ausbildungsunterhalt. Das entschied das
Oberlandesgericht Koblenz. Vielmehr sei mangelnde Leistungsbereitschaft bei
Minderjährigen nicht von Bedeutung, wenn es sich um ein lediglich vorübergehendes
leichtes Versagen handele (Az.: 13 WF 144/04). Das Gericht bewilligte mit seiner
Entscheidung einer Schülerin Prozesskostenhilfe für eine Unterhaltsklage gegen ihren
Vater.
Das Mädchen hatte die Hauptschule ohne Abschluss verlassen und anschließend auch
einen Lehrgang zur Verbesserung beruflicher Eingliederungschancen abgebrochen. In der
Folgezeit nahm sie jedoch an einem Abendkurs zum Realschulabschluss teil, um anschließend
mit einer Ausbildung zur Bürokauffrau zu beginnen. Wegen ihres bisherigen zweimaligen
Versagens weigerte sich der Vater, ihr diese Ausbildung zu finanzieren. Anders als das Amtsgericht,
das für die Klage keine Erfolgsaussichten sah, meinte das OLG, der Vater sei weiterhin
unterhaltsverpflichtet. Zwar müsse ein Kind seine Ausbildung mit Fleiß und in der
gebotenen Zielstrebigkeit absolvieren. Allerdings führe nicht jede Verzögerung der
Ausbildungszeit zu einem Verlust des Unterhaltsanspruchs (OLG Koblenz - 13 WF 144/04 -
15.09.2004).
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Strafanzeige gegen Vater beeinträchtigt den
Unterhaltsanspruch der Tochter
Eine unberechtigte Strafanzeige einer volljährigen
Tochter gegen ihren Vater kann ihren Unterhaltsanspruch beeinträchtigen.
In dem Prozess vor dem Oberlandesgerichts Hamm hatte der Vater gegenüber
dem Unterhaltsanspruch zum einen eingewandt, dass seine Tochter in der
Vergangenheit jeden Kontakt mit ihm abgelehnt habe. Zudem habe sie gegen
ihn im Jahre 2005 zu Unrecht eine Strafanzeige wegen Nötigung im Straßenverkehr
erstattet. Nach § 1611 Abs. 1 BGB kommt eine Beschränkung oder gar der
vollständige Wegfall der Unterhaltsverpflichtung u.a. dann in Betracht,
wenn ein volljähriges Kind sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung
gegen den unterhaltspflichtigen Elternteil schuldig macht. Der
Verpflichtete braucht dann nur einen Unterhaltsbeitrag in der Höhe zu
leisten, welcher der Billigkeit entspricht. Die Unterhaltsverpflichtung
kann sogar ganz entfallen, wenn die Inanspruchnahme des
Unterhaltspflichtigen grob unbillig wäre. Nach Auffassung des Gerichts
rechtfertigt allein die fehlende Bereitschaft der Tochter zu einer eigenständigen
Kontaktaufnahme mit ihrem Vater es noch nicht, den ihr zustehenden
Unterhaltsanspruch auch nur teilweise als verwirkt anzusehen, zumal das
Verhalten der Klägerin vor dem Hintergrund der tiefgreifenden
Zerstrittenheit der Kindeseltern zu sehen sei, die ersichtlich auf das
Eltern-Kind-Verhältnis ausstrahle.
Anders verhält es sich dagegen nach Auffassung des
Gerichts mit der Strafanzeige, welche die Tochter, die Jura studiert, gestützt
auf den Vorwurf der Nötigung im Straßenverkehr gegen ihren Vater
gestellt habe. Nach der Beweisaufnahme hatte das Gericht keinen Zweifel
daran, dass die Tochter eine völlig harmlose sowie zufällige Begegnung
mit ihrem beklagten Vater bewusst wahrheitswidrig unrichtig dargestellt
und ihn so verleumdet und einem unberechtigten Ermittlungsverfahren
ausgesetzt hat. Dieses Verhalten einer volljährigen Tochter sei durch den
bestehenden Konflikt auf Elternebene weder zu erklären noch zu
entschuldigen und könne nur als schwere Verfehlung im Sinne des § 1611
Abs. 1 BGB bewertet werden. Das aber führt zu einer Kürzung des
Unterhaltsanspruchs. Im Rahmen der Gesamtabwägung hat das Gericht eine Kürzung
des Unterhaltsbeitrags um 2/3 vorgenommen (Oberlandesgericht Hamm - Aktenzeichen: 11 UF
218/05) .
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Wichtige
Entscheidung OLG Brandenburg aus dem
Jahre 2000: Aus der Sperrwirkung des § 1600 d Abs. 4 BGB folgt, dass Unterhalt erst ab dem Zeitpunkt
der Feststellung der Vaterschaft geltend gemacht werden kann. Unterhalt für die Zeit vor
der Feststellung kann nach § 1613 Abs. 2 Nr. 2a BGB ohne die besonderen Voraussetzungen
des § 1613 Abs. 1 Satz 1 BGB verlangt werden, da der Unterhaltsberechtigte wegen des §
1600d Abs. 4 BGB aus rechtlichen Gründen an der Geltendmachung des Anspruchs gehindert
war. Im Verfahren nach § 653 ZPO sind Einwendungen gegen
die mit der Klage auf Vaterschaftsfeststellung verbundene Unterhaltsklage nur beschränkt
zulässig. Dies ergibt sich aus dem Ausnahmecharakter des § 653 ZPO. Einwendungen, die
die Herauf- oder Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs betreffen und damit regelmäßig zu
einer erheblichen Verzögerung des Verfahrens führen können, sind deshalb dem
Abänderungsverfahren nach § 654 ZPO vorzubehalten. Dies gilt insbesondere für
Einwendungen des Beklagten, mit denen er seine fehlende oder eingeschränkte
Leistungsfähigkeit oder die mangelnde Bedürftigkeit des klagenden Kindes geltend machen
will. Unterhaltsansprüche zwischen Eltern und Kindern sind
nach § 204 Satz 2 BGB während der Minderjährigkeit der Kinder gehemmt, so dass
die Verjährungsfrist frühestens mit dem Eintritt der Volljährigkeit des Kindes zu
laufen beginnt, § 205 BGB. Grundsätzlich ist die Verwirkung von
Unterhaltsansprüche nichtehelicher Kinder auch dann nicht ausgeschlossen, wenn die
Vaterschaft noch nicht rechtskräftig festgestellt worden ist. Neben den üblichen
Voraussetzungen, Umstands- und Zeitmoment, ist die in § 1613 Abs. 2 Nr. 2a BGB getroffene
Regelung zu beachten, die dazu führt, dass eine Verwirkung nur in absoluten
Ausnahmefällen eintreten kann. Grundsätzlich muss die Hoffnung des Vaters, nicht als
Vater in Anspruch genommen zu werden, hinter den schutzwürdigen Interessen des klagenden
Kindes zurücktreten. Daher müssen zu den schon im Grundsatz strengen Voraussetzungen
für die Annahme einer Verwirkung noch weitere, außergewöhnlich erscheinende Umstände
hinzutreten, um auch in solchen Fällen eine Verwirkung annehmen zu können.
Unterhalt für die Vergangenheit
kann zwar grundsätzlich nur
unter den Voraussetzungen des § 1613 Abs. 1 Satz 1 BGB (Verzug, Rechtshängigkeit)
gefordert werden. Eine Ausnahme gilt aber gemäß § 1613 Abs. 2 Ziffer 2 a BGB, sofern
der Unterhaltsberechtigte für den vergangenen Zeitraum aus rechtlichen Gründen an der
Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs gehindert war. Von dieser Vorschrift werden
alle vor der Feststellung der Vaterschaft liegenden Zeiträume erfasst. Dies
folgt aus der Sperrwirkung des § 1600 d Abs. 4 BGB; nach dieser Vorschrift können die
Rechtswirkungen der Vaterschaft, zu denen auch die aus §§ 1601 ff. BGB folgenden
Unterhaltspflichten zählen, erst vom Zeitpunkt ihrer Feststellung an geltend gemacht
werden.
Soweit sich der Beklagte auf seine
Einkommensverhältnisse beruft und dabei behauptet, für den Regelunterhalt
leistungsunfähig zu sein, ist eine nähere Überprüfung seiner Behauptungen nicht
möglich, da dieser Einwand im vorliegenden Verfahren nicht zu beachten ist. Im Verfahren
nach § 653 ZPO sind Einwendungen nur beschränkt zulässig. Die eingeschränkte
Prüfungsbefugnis ergibt sich aus dem Ausnahmecharakter des § 653 ZPO. Kindschaftssachen,
zu denen auch Verfahren auf Feststellung der Vaterschaft zählen (§ 640 Abs. 2 Ziff. 1
ZPO), können mit einer Klage anderer Art nicht gemäß § 260 ZPO verbunden werden, §
640 c Abs. 1 Satz 1 ZPO. Einzige Ausnahme hierzu bildet § 653 Abs. 1 ZPO, der die
Möglichkeit eröffnet, mit der Klage auf Vaterschaftsfeststellung zugleich Unterhalt in
Höhe der Regelbeträge zu verlangen, vgl. auch § 653 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Das Verfahren
nach § 653 ZPO ist stark schematisiert: Das Kind kann einen Unterhaltsanspruch nur bis
zur Höhe des Regelbetrages geltend machen (§ 653 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO), nicht
aber darüber hinaus (§ 653 Abs. 1 Satz 3 ZPO). Einwendungen, die die Herauf- bzw.
Herabsetzung des Unterhaltsanspruches betreffen und damit regelmäßig zu einer
erheblichen Verzögerung des Verfahrens führen können, sind deshalb dem
Abänderungsverfahren nach § 654 ZPO vorzubehalten; insbesondere kann der Beklagte nicht
seine fehlende oder eingeschränkte Leistungsfähigkeit oder die mangelnde Bedürftigkeit
des klagenden Kindes geltend machen.
Ob dagegen die zur alten Fassung des § 643 ZPO
herrschende Meinung, nach der Einwendungen gegen den Grund des Anspruches bereits in
diesem Verfahren geltend gemacht werden konnten, auch für den seit dem 1. Juli 1998
geltenden § 653 ZPO einschränkungslos fortgilt oder ob mit der gesetzlichen Neuregelung
auch die den Grund des Anspruches betreffenden Einwendungen "Forderungsübergang und
Erfüllungseinwand" nunmehr dem Verfahren nach § 654 ZPO vorbehalten sind, kann hier dahinstehen, da jedenfalls die den
Anspruchsgrund betreffenden Einwände der Verjährung bzw. Verwirkung, auf die sich der
Beklagte in erster Instanz berufen hat, nach allgemeiner Ansicht im hiesigen Verfahren
erhoben werden können.
Top
Die (rückständigen) Unterhaltsansprüche sind entgegen
den Ausführungen in dem angefochtenen Urteil sowie der Auffassung des Beklagten auch
nicht verwirkt. Nach der herrschenden Meinung ist zwar die ein Umstands- und
Zeitmoment voraussetzende Verwirkung (§ 242 BGB) von Unterhaltsansprüchen des
nichtehelichen Kindes auch dann nicht ausgeschlossen, wenn die Vaterschaft noch nicht
rechtskräftig festgestellt worden ist. Allerdings ist die in § 1613 Abs. 2 Ziff. 2 a BGB
zu den rückständigen Unterhaltsansprüchen getroffene Regelung zu beachten. Nach der
herrschenden Meinung, der sich der Senat anschließt, führt dies dazu, dass eine
Verwirkung nur in absoluten
Ausnahmefällen
eintreten kann;
grundsätzlich muss die Hoffnung des Vaters, nicht als Vater in Anspruch genommen zu
werden, hinter der Schutzwürdigkeit des klagenden Kindes zurückstehen (OLG München,
FamRZ 1986, 504, 505). Daher müssen zu den schon im Grundsatz strengen Voraussetzungen
für die Annahme einer Verwirkung hinsichtlich des Umstands- und Zeitmomentes noch
weitere, außergewöhnlich
erscheinende Umstände hinzutreten, um auch in den Fällen der vorliegenden Art eine
Verwirkung annehmen zu können. Spätestens seit Anfang 1996 wusste der Beklagte von der
Vaterschaftsgleichstellungsklage der Klägerin gegen H. R. seiner möglichen eigenen
Vaterschaft aufgrund der Einbeziehung in das in dem anderen Verfahren eingeholte
erbbiologische Gutachten, so dass ab dieser Zeit ein Verwirkungseinwand jedenfalls nicht
mehr in Betracht kommt. Dabei ist es unerheblich, dass er lediglich als Zeuge - und nicht
auch als (weiterer) Beklagter - an jenem Verfahren teilnahm, da allein aufgrund seiner
Einbeziehung in die Begutachtung sich für ihn die Möglichkeit eigener Vaterschaft und
daher einer eventuellen Inanspruchnahme eröffnete.
Zudem ist unbestritten, dass in Juli 1994 der Beklagte
zweimal wegen der möglichen Vaterschaft für die Klägerin angeschrieben worden ist, so
dass bereits ab Juli 1994 das Umstandsmoment nicht erfüllt ist. Für die Zeit vor Juli
1994 scheitert eine Verwirkung jedoch bereits an dem bis dahin erfolgten zu geringeren
Zeitablauf, da seit der Geburt der Klägerin noch keine drei Jahre verstrichen waren. Im
Übrigen hat der Beklagte sich lediglich darauf berufen, nach dem geschlechtlichen
Verkehr mit der Mutter der Klägerin nicht wegen seiner Vaterschaft in Anspruch genommen
worden zu sein, sowie, dass gerichtliche Schritte für die Vaterschaftsfeststellung erst
mehrere Jahre später - 1995 - eingeleitet wurden. Dies reicht nicht aus, um
außergewöhnliche Umstände für ein Vertrauen des Beklagten darauf, nicht in Anspruch
genommen zu werden, zu begründen; insbesondere fehlt es an jeglichem Vortrag
dazu, dass beispielsweise der Beklagte seitens der Mutter der Klägerin mit
nachvollziehbarer Begründung signalisiert bekommen habe, er könne nicht der Vater der
Klägerin sein. Weitere besondere Umstände, insbesondere dahingehende, dass der
Geschlechtsverkehr so verlaufen ist, dass die Empfängnis des Kindes nach der
Lebenserfahrung unwahrscheinlich war, sind weder vorgetragen noch erkennbar.
Hinsichtlich der Verwirkung ist der Beklagte darlegungs-
und beweisverpflichtet. Mangels ausreichenden Vortrages ist zu seinen Lasten daher davon
auszugehen, dass eine Verwirkung rückständiger Ansprüche nicht eingetreten ist.
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Landgericht Ulm |
Hinweis: Seit
Anfang 2010 verjährt laufender Unterhalt in drei Jahren. Was ist, wenn
die Ansprüche tituliert sind? Soweit solche Ansprüche künftig
fällig werden, tritt an die Stelle der Verjährungsfrist von
30 Jahren die regelmäßige Verjährungsfrist. |
Übrigens:
Stehen einem umgangsberechtigten und
unterhaltspflichtigen Elternteil nach der Bezahlung des
Unterhalts keine Geldmittel mehr zur Verfügung stehen, den Umgang (mit
dem in einer anderen Stadt wohnenden Kind) auszuüben, ist der
Kindesunterhalt herabzusetzen.
Kindergarten
Kosten Kita >>
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Vielleicht
mehr als jede andere Rechtsmaterie ist das Ehe- und
Familienrecht für Mandanten eine existenzielle Frage. Insbesondere
die Verquickung von drängenden Rechtsfragen und oft schwerer emotionaler
Betroffenheit bereitet hier Mandanten besondere Probleme, die wir helfen
zu lösen, indem wir beiden Aspekten Rechnung tragen. Wir vertreten seit
Anbeginn unserer Kanzleitätigkeit zahlreiche Mandanten auf den diversen
Gebieten des Ehe- und Familienrechts: Scheidungen,
Trennung, Lebenspartnerschaften,
Lebensgemeinschaften, Härtefall,
Unterhalt nebst Auskunftsanspruch,
Versorgungsausgleich, Sorgerecht,
Umgangsregelungen, Zugewinn,
Schulden, Hausrat, Zuweisung
der Ehewohnung, Grundstücken, Scheinehe,
Eheaufhebung.
Auch familienrechtliche Konstellationen aus dem internationalen
Privatrecht, wenn also Bezüge zu fremden Rechtsordnungen, etwa europäischen
oder türkischen (Speziell
zur Scheidung nach türkischem Recht) Regelungen
zu klären waren, haben wir untersucht. |
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