Bei
Verzögerungen und Unterbrechungen dieser Ausbildung ist entscheidend,
in wessen Risikosphäre sie fallen. Bei Schulversagen ist auf den
Einzelfall abzustellen. Auch bei mehrmaligem Sitzenbleiben kann nicht
in jedem Fall davon ausgegangen werden, dass der Anspruch auf Zahlung
von Ausbildungsunterhalt entfällt. Bei der Einzelfallprüfung ist im
Rahmen einer Interessenabwägung der beiderseitigen Interessen der
Parteien zu prüfen, ob dem Unterhaltsverpflichteten unter Beachtung
aller den Fall prägenden Umstände es noch zumutbar ist, trotz des
wiederholten Schulversagens Ausbildungsunterhalt zu zahlen.
Die
Unterhaltspflicht der Eltern dauert deswegen auch dann fort, wenn die erste
Ausbildung auf einer
deutlichen Fehleinschätzung der Begabung des Kindes beruht (BGH vom
17.05.2006 - XII ZR 54/04). Im Einzelfall kann der Unterhaltsschuldner
auch eine nicht unerhebliche Verzögerung in der Ausbildung des Kindes
hinnehmen müssen, wenn diese unter Berücksichtigung aller Umstände
nur auf ein leichteres, vorübergehendes Versagen des Kindes zurückzuführen
ist. Ein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt kann daher im Einzelfall
selbst dann noch bestehen, wenn der Unterhaltsberechtigte nach
Schulabbruch bis zur Aufnahme seiner Ausbildung mehr als 2 1/2 Jahre
weitgehend tatenlos hat verstreichen lassen.
Der
Anspruch kann nur für einen sog. einheitlichen
Ausbildungsgang bejaht werden. Wichtiges Kriterium der
Angemessenheitsprüfung ist das sich aus § 1618 a BGB ergebende
sogenannte Gegenseitigkeitsprinzip:
Verletzt der Unterhaltsberechtigte die Obliegenheit, die
Ausbildung fleißig und zielgerichtet zu durchlaufen, führt das zum
Wegfall des Unterhaltsanspruchs. Das Kind muss die Ausbildung planmäßig
und zielstrebig, d. h. mit einem Leistungswillen, der sich in
entsprechenden Zeugnissen dokumentiert, unter Beweis stellen. Als
einheitlicher Ausbildungsgang ist der nach Abbruch der Ausbildung zum
Kommunikationselektroniker eingeschlagene Ausbildungsgang
Tischlerlehre – Abitur – Produktdesignstudium nur dann
anzuerkennen, wenn bereits zu Beginn der Tischlerlehre für die Eltern
erkennbar ein von vornherein bestehender Plan des Kindes bestanden
hat.
Ein
Anspruch auf Zahlung
von Ausbildungsunterhalt nach §§ 1601 ff., 1602 Abs. 2 BGB
setzt insbesondere die Zielstrebigkeit und Ernsthaftigkeit der
Ausbildungsbemühungen voraus (vgl. BGH, FamRZ 1998, 671 f.; OLG
Zweibrücken, FamRZ 1995, 1006). Bricht der unterhaltsberechtigte
Auszubildende nach erheblichen unentschuldigten Fehlzeiten und ungenügenden
Leistungen die Schule ab und wechselt sodann ohne konkrete Angabe
eines Ausbildungsziels die Ausbildung, fehlt es an der für den
Anspruch auf Ausbildungsunterhalt erforderlichen Zielstrebigkeit und
Ernsthaftigkeit.
Dem
Unterhaltsberechtigten ist eine Orientierungsphase zuzubilligen, die
sich nach seiner gesamten Persönlichkeitsstruktur zu richten hat.
Auch der Besuch einer Abendschule begründet in diesem Fall keinen
Ausbildungsunterhaltsanspruch gegenüber den Eltern. Der Volljährige
muss vielmehr seinen Lebensunterhalt primär selbst
verdienen und dabei
seine Arbeitskraft nach ähnlich strengen Maßstäben nutzen, wie
Eltern, die gegenüber minderjährigen Kindern unterhaltspflichtig
sind.
Ein
Anspruch gegen den leiblichen Vater bzw. eine Mutter auf Finanzierung
einer Zweitausbildung besteht nicht, wenn das Kind die fehlende
Neigung zum Erstberuf bereits zu Beginn der Erstausbildung erkannt und
diese nur deswegen zu Ende geführt hat, weil es den Stiefvater nicht
enttäuschen und Ärger mit der Mutter vermeiden wollte.
Das
volljährige Kind muss sich, wie die jüngere Rechtsprechung betont,
angesichts des stetig sich verschlechternden Ausbildungsmarktes mit hohem Einsatz um potenzielle
Ausbildungsstätten bemühen.
Verstöße hiergegen lassen den Ausbildungsunterhaltsanspruch
entfallen, selbst wenn das volljährige Kind bislang noch keine
Berufsausbildung angetreten oder abgeschlossen hat (Brandenburgisches
Oberlandesgericht 1. Senat für Familiensachen, 9 UF 29/04). Aus dem
Gegenseitigkeitsverhältnis, welches zwischen Eltern und
unterhaltsberechtigten Kindern besteht, folgt nicht allein die
Obliegenheit des Kindes, die einmal gewählte Ausbildung zügig
durchzuführen. Das Kind ist vielmehr auch gehalten, sich nach
Abschluss der allgemeinen Schulausbildung binnen einer angemessenen
Orientierungsphase für die Aufnahme einer seinen Fähigkeiten und
Neigungen entsprechenden Ausbildung zu entscheiden.
Je
älter das Kind jedoch ist und je
eigenständiger es seine Lebensverhältnisse gestaltet,
desto mehr tritt an die Stelle der Elternverantwortung die
Eigenverantwortung für seinen Berufs- und Lebensweg. Damit kann eine
zu lange Verzögerung der Berufsausbildung dazu führen, dass der
Ausbildungsunterhaltsanspruch entfällt und das Kind sich daher seinen
Lebensunterhalt notfalls mit ungelernten Fähigkeiten verdienen muss,
selbst wenn es bislang noch keine Berufsausbildung angetreten oder
abgeschlossen hat. Ein
unterhaltsberechtigtes volljähriges Kind, das keine Mitwirkung bei
seiner schulischen oder beruflichen Ausbildung zeigt, sondern ein
begonnenes Ausbildungsverhältnis wieder kündigt und auch den angekündigten
Schulbesuch überhaupt nicht beginnt, verletzt nachhaltig seine
Ausbildungsobliegenheit,
hat das OLG Celle 1994 festgestellt. Dies führt zum Wegfall des
Unterhaltsanspruchs, so dass das Kind seinen Unterhalt durch eine
eigene Erwerbstätigkeit selbst verdienen muss. Nach dem dreimaligen
Wechsel des Studienfachs innerhalb von zwei Jahren nach Ableistung des
Zivildienstes verliert etwa das unterhaltsberechtigte volljährige
Kind seinen Anspruch auf Ausbildungsunterhalt.
Im
Übrigen ist bei solchen Unterhaltsansprüchen auch immer das
Wohlverhalten des Kindes vorauszusetzen: Die Unterhaltsverpflichtung
gegenüber einem erwachsenen Kind kann eingeschränkt werden oder
wegfallen, wenn dieses ohne billigenswerten Grund jeglichen persönlichen
Kontakt zu dem in Anspruch genommenen Elternteil verweigert. Leider hängt
das immer sehr von Einzelfallumständen ab: Ob ein Unterhaltsanspruch
eines 32-jährigen nichtehelichen Sohnes, der wegen Drogenschmuggels
eine Freiheitsstrafe von 8 Jahren in Ecuador verbüßt, gem. § 1611
BGB ausgeschlossen ist, kann erst
nach einer umfassenden Billigkeitsprüfung
entschieden werden, bei der
neben dem sittlichen Verschulden des Sohnes auch die wirtschaftlichen
Verhältnisse des Vaters und die Höhe des geltend gemachten
Unterhaltsanspruchs zu berücksichtigen sind.
Das
volljährige Kind hat das Einkommen beider Elternteile zwecks
Bestimmung der Haftungsanteile darzulegen (Wendl-Staudigl, Das
Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 5. Auflage, § 2
Rdn. 451; Eschenbruch, Der Unterhaltsprozess, 2. Auflage, Rdn. 3334).
Hierzu gehört auch, dass das Kind die Einkommensverhältnisse
des Stiefvaters darlegt,
weil beurteilt werden muss, ob und inwieweit der Selbstbehalt der
Mutter durch den Unterhaltsanspruch gegen den Stiefvater abgedeckt
ist. |
Vielleicht
mehr als jede andere Rechtsmaterie ist das Ehe- und
Familienrecht für Mandanten eine existenzielle Frage. Insbesondere
die Verquickung von drängenden Rechtsfragen und oft schwerer emotionaler
Betroffenheit bereitet hier Mandanten besondere Probleme, die wir helfen
zu lösen, indem wir beiden Aspekten Rechnung tragen. Wir vertreten seit
Anbeginn unserer Kanzleitätigkeit zahlreiche Mandanten auf den diversen
Gebieten des Ehe- und Familienrechts: Scheidungen,
Trennung, Lebenspartnerschaften,
Lebensgemeinschaften, Härtefall,
Unterhalt nebst Auskunftsanspruch,
Versorgungsausgleich, Sorgerecht,
Umgangsregelungen, Zugewinn,
Schulden, Hausrat, Zuweisung
der Ehewohnung, Gründstücken, Scheinehe,
Eheaufhebung.
Auch familienrechtliche Konstellationen aus dem internationalen
Privatrecht, wenn also Bezüge zu fremden Rechtsordnungen, etwa europäischen
oder türkischen (Speziell
zur Scheidung nach türkischem Recht) Regelungen
zu klären waren, haben wir untersucht.
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