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Unterhalt
Mehrbedarf
Sonderbedarf |
Kindesunterhalt |
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Grundsätzlich
ist im Rahmen der Unterhaltspflicht bei der Frage nach Mehrbedarf
bzw. Sonderbedarf (Zu den
Differenzierungen weiter unten) festzustellen:
Für den
Unterhalt von Kindern aus geschiedenen Ehen, die bei dem sie betreuenden
sorgeberechtigten Elternteil leben, sind regelmäßig die Einkommensverhältnisse
des barunterhaltspflichtigen Elternteils maßgeblich. Die Bemessung des in diesem Sinne angemessenen Unterhalts ist
an den von den Oberlandesgerichten entwickelten Tabellenwerten zu
orientieren. Bezieht der Unterhaltspflichtige ein höheres
Einkommen, können die Sätze der Düsseldorfer
Tabelle nicht schematisch fortgeschrieben werden. Vielmehr muss
der Unterhaltsberechtigte grundsätzlich seinen Bedarf substantiiert
darlegen und beweisen. An diese Darlegungslast dürfen keine
übertrieben hohen Anforderungen gestellt werden. Vielmehr muss
auch bei höheren Elterneinkommen sichergestellt bleiben, dass Kinder in
einer ihrem Lebensalter entsprechenden Weise an der Lebensführung
teilhaben, die der besonders günstigen wirtschaftlichen Situation der
Eltern Rechnung trägt.
Welche Bedürfnisse
des Unterhaltsberechtigten auf dieser Grundlage zu befriedigen sind, und
welche Wünsche indes als bloße Teilhabe am
Luxus nicht erfüllt werden müssen, muss unter Würdigung der
besonderen Umstände der Betroffenen, namentlich auch einer Gewöhnung des
Unterhaltsberechtigten an einen von seinen Eltern während des
Zusammenlebens gepflogenen aufwendigen Lebensstil, festgestellt
werden.
Diese Gesamtumstände
und Bedürfnisse müssen vom Unterhaltsberechtigten näher dargelegt
werden. Und wenn es unklar wird?
Fehlt es an
einer ausreichenden Substantiierung des Unterhaltsmehrbedarfs, kann dieser
nach § 287 ZPO geschätzt werden.
Diese Vorschrift gilt auch im Unterhaltsrecht. Sie eröffnet die Möglichkeit,
Bedarfspositionen auf Seiten des Unterhaltsberechtigten zu schätzen.
Verfahrensfehlerhaft ist eine Schätzung nur dann, wenn sie auf grundsätzlich
falschen oder offenbar unsachlichen Erwägungen beruht oder wesentliches
tatsächliches Vorbringen außer Acht gelassen hat (In konkreten Fall ging
es um: Schätzung der Mehrkosten einer
Ausbildung als Konzertpianist).
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Was ist Sonderbedarf?
Sonderbedarf ist
ein unregelmäßiger, außergewöhnlich hoher Bedarf. Darunter ist ein überraschend
und der Höhe nach nicht abschätzbar auftretender Bedarf zu verstehen.
Unregelmäßig ist dabei ein Bedarf, der nicht mit Wahrscheinlichkeit
vorauszusehen war und deshalb bei der Bedarfsplanung
und der Bemessung der laufenden Unterhaltsrente
nicht berücksichtigt werden konnte (etwa Kosten für die Teilnahme an
Musikwettbewerben und Meisterkursen). |
Kindergarten
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Möbel
OLG Koblenz 1981: Die Kosten für die Neueinrichtung eines Kinderzimmers oder
Jugendzimmers für das seinem bisherigen Kinderbett entwachsene Kind
stellen im Allgemeinen keinen Sonderbedarf iS
des BGB § 1613 Abs 2 dar. (So auch AG Würzburg 1980). Argument:
voraussehbare Kosten.
Schule
OLG Braunschweig 1995: Die Kosten von Lern- und Arbeitsmitteln für den Schulunterricht,
von Tagesklassenfahrten, der Teilnahme an der Schülerhilfe und an
sportlichen Aktivitäten sind kein Sonderbedarf
im Sinne von BGB § 1613 Abs 2. Die Kosten einer Klassenfahrt
können nicht als Sonderbedarf
verlangt werden, da sie nicht überraschend, sondern mit
Wahrscheinlichkeit voraussehbar sind. Anders sah das eine ältere
Entscheidung OLG Nürnberg in den achtziger Jahren: Schulisch notwendige
Lernmittel - etwa für Technisches Zeichnen - sind Sonderbedarf des Kindes
und vom Unterhaltsverpflichteten dem Kind zu erstatten.
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Brille
In einem Gutachten aus dem Jahre 1998 ging es um die
Anfrage eines Jugendamtes zur Geltendmachung der Kosten eines
Brillengestells als Sonderbedarf. Eine alleinstehende Mutter eines
nichtehelichen Kindes wollte wissen, ob der barunterhaltspflichtige
Kindesvater zusätzlich zu den monatlichen Unterhaltszahlungen
die Kosten für das Brillengestell des Kindes tragen muss. Weil es keine
sogenannten Kassengestelle mehr gibt und damit auf jeden Fall Kosten für
das Gestell anfallen, wurde geprüft, ob dem Kindesvater die Kosten
zumindest zur Hälfte in Rechnung gestellt werden können. Das Gutachten
bejaht unter Hinweis auf die Rechtsprechung grundsätzlich die Möglichkeit
der Geltendmachung der gesamten Kosten des Brillengestells als
Sonderbedarf. Maßgebend dafür soll jedoch sein, welches Verhältnis
zwischen den Kosten (unter Berücksichtigung der Leistungen der
Krankenkasse) und dem geschuldeten Barunterhalt besteht. |
Kieferorthopädische
Leistungen
Kann
man neben dem laufenden Kindesunterhalt zusätzlich zu den Kosten der
kieferorthopädischen Behandlung herangezogen werden. Dies ist dann der
Fall, wenn es sich um so genannten Sonderbedarf handelt, der neben dem
normalen Kindesunterhalt zu zahlen wäre. Sonderbedarf setzt indes voraus,
dass es sich um die Deckung eines notwendigen Lebensbedürfnisses handelt,
das unregelmäßig und plötzlich auftritt und dessen Deckung mit außergewöhnlich
hohen Kosten verbunden ist. Dabei ist zudem darauf zu achten, dass eine
angemessene Lastenverteilung zwischen Verpflichteten und Berechtigtem gewährleistet
ist.
Kosten
für kieferorthopädische Behandlungen können nach der Rechtsprechung
grundsätzlich einen Sonderbedarf rechtfertigen (OLG Düsseldorf 1981, OLG Karlsruhe
1991). Entscheiden
ist, ob die anfallenden Kosten vorausschauend kalkulierbar waren oder ob
diese plötzlich und unerwartet aufgetreten sind. Es kommt also auf die
Vorhersehbarkeit der Kosten an. In jedem Fall müsse der Verpflichtete so
rechtzeitig wie möglich über den drohenden Sonderbedarf informiert
werden, damit er sich finanziell hierauf einstellen kann (OLG Hamm 1994, OLG Hamburg
1991). Erfolgt die Information nicht
rechtzeitig und kann der Berechtigte deshalb keine Rücklagen bilden, so
kann dies zum Wegfall des Anspruchs auf Sonderbedarf führen. Von
Interesse ist insoweit ein Einblick in den Behandlungsplan, damit abgeschätzt
werden kann, ab welchem Zeitpunkt die Höhe der Kosten feststand. Auf
dieser Basis kann dann entschieden werden, ob es sich tatsächlich um
einen Fall des Sonderbedarfs handelt. |
Wird dem unterhaltsberechtigten
minderjährigen Kind nach der Trennung der Eltern von einem
Elternteil ein Pferd geschenkt und dies mit der Zusage verbunden, er werde
für den Unterhalt des Tiers aufkommen, sind diese Unterhaltsaufwendungen
nach dem Oberlandesgericht Karlsruhe unterhaltsrechtlich als Mehrbedarf zu
behandeln. Da es sich bei einem Pferd um ein Luxusgut handelt, entfällt
dieser Bedarf allerdings mit dem Eintritt der Volljährigkeit des
unterhaltsberechtigten Kindes.
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Die Kosten für
ein vollständiges Schuljahr im Ausland
überschreiten regelmäßig den angemessenen Ausbildungsbedarf und können
daher nur als Sonderbedarf bei entsprechend gesonderter Begründung ihrer
Notwendigkeit geltend gemacht werden. Bei den Kosten für einen
USA-Aufenthalt einer Schülerin in der Jahrgangsstufe 11 handelt es sich
somit um einen nicht notwendigen Sonderbedarf, dessen Finanzierung trotz
Sinnhaftigkeit des Aufenthalts bei normalen Einkommensverhältnissen nicht
verlangt werden kann.
Schulkosten, die durch den Besuch eines Internats im
Ausland entstehen, sind kein Sonderbedarf, sondern ein Mehrbedarf des
unterhaltsberechtigten Kindes. Die Schulkosten sind vorab kalkulierbar und
fallen auch nicht einmalig, sondern über einen längeren Zeitraum laufend
und den Regelsatz übersteigend an.
Wenn durch den Besuch einer
Privatschule ganz erhebliche Mehrkosten
entstehen, ist der unterhaltspflichtige Elternteil nicht ohne weiteres und
uneingeschränkt verpflichtet, diesen Mehrbedarf zu leisten. Es ist im Einzelfall sehr
sorgfältig zu prüfen, ob wichtige Gründe vorliegen, die es
rechtfertigen, den Barunterhaltspflichtigen mit den erheblichen Mehrkosten
zu belasten. Entscheidend ist neben den Einkommens- und Vermögensverhältnissen
des Barunterhaltspflichtigen, ob eine kostengünstigere Alternative zu der
gewählten Schulform existiert, die einen vergleichbaren Erfolg
verspricht.
Besucht ein Kind aus pädagogischen Gründen halbtags
einen Kindergarten, begründet nach
aufgegebener Auffassung des BGH der
Kindergartenbeitrag keinen Mehrbedarf
des Kindes, sondern war regelmäßig in dem geschuldeten Tabellenunterhalt
enthalten (BGH 2007).
Jetzt ist es so zu sehen Kindergarten
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Kritisch: Nach
dem OLG Karlsruhe im Jahre 1999 können nicht generell bestimmte
Ereignisse (wie Krankheitskosten, Notoperationen) als Sonderbedarf
eingestuft und andere Vorkommnisse (wie Klassenfahrten, Konfirmations- und
Kommunionskosten) als laufender Zusatzbedarf deklariert werden. Vielmehr
müsse in jedem Einzelfall die Unregelmäßigkeit des Anfalls sowie die außergewöhnliche
Höhe des Bedarfs festgestellt und danach das Kriterium des Sonderbedarfs
gebildet werden. Dies bedeutet, dass auch u.U. seit Jahren voraussehbare
Ereignisse (Konfirmationsfeier, Kommunion) dann einen Sonderbedarf
darstellen können, wenn der Unterhaltspflichtige kurz vor Eintritt des
Ereignisses von seiner früheren Zusage abweicht, die Kosten zu übernehmen.
Dann stellen diese Aufwendungen für den Unterhaltsberechtigten deswegen Sonderbedarf
dar, weil er bis zum Eintritt des Ereignisses nicht mehr in der Lage ist,
die anfallenden Kosten durch Rücklagenbildung anzusparen. Daher ist im
Rahmen der Definition von Sonderbedarf nach Auffassung des OLG Karlsruhe
von besonderer Bedeutung, welche Vereinbarung die Parteien anlässlich des
Beginns der Barunterhaltsleistung getroffen haben bzw. welche einmaligen
oder wiederkehrenden Aufwendungen der konkret vereinbarte Barunterhalt
abdecken sollte. In der Regel gilt hierbei, dass der laufende Unterhalt,
der in Anlehnung an entsprechende Unterhaltstabellen gebildet wird, nur
den täglichen, normalen Lebensbedarf deckt und damit infolge seiner
relativen Beschränktheit Zusatzaufwendungen nicht umfasst. Etwas anderes
gilt aber dann, wenn der laufende Unterhalt so stattlich bemessen ist oder
ihm aber die Vereinbarung der Parteien zugrunde liegt, dass besondere
Einzelaufwendungen durch Rücklagenbildung vom Unterhaltsberechtigten
selbst angespart werden sollen und können. |
Übrigens:
Stehen einem umgangsberechtigten und
unterhaltspflichtigen Elternteil nach der Bezahlung des
Unterhalts keine Geldmittel mehr zur Verfügung stehen, den Umgang (mit
dem in einer anderen Stadt wohnenden Kind) auszuüben, ist der
Kindesunterhalt herabzusetzen. |
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Kanzlei Dr. Palm "Unterhalt" >>
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Vielleicht
mehr als jede andere Rechtsmaterie ist das Ehe- und
Familienrecht für Mandanten eine existenzielle Frage. Insbesondere
die Verquickung von drängenden Rechtsfragen und oft schwerer emotionaler
Betroffenheit bereitet hier Mandanten besondere Probleme, die wir helfen
zu lösen, indem wir beiden Aspekten Rechnung tragen. Wir vertreten seit
Anbeginn unserer Kanzleitätigkeit zahlreiche Mandanten auf den diversen
Gebieten des Ehe- und Familienrechts: Scheidungen,
Trennung, Lebenspartnerschaften,
Lebensgemeinschaften, Härtefall,
Unterhalt nebst Auskunftsanspruch,
Versorgungsausgleich, Sorgerecht,
Umgangsregelungen, Zugewinn,
Schulden, Hausrat, Zuweisung
der Ehewohnung, Grundstücken, Scheinehe,
Eheaufhebung.
Auch familienrechtliche Konstellationen aus dem internationalen
Privatrecht, wenn also Bezüge zu fremden Rechtsordnungen, etwa europäischen
oder türkischen (Speziell
zur Scheidung nach türkischem Recht) Regelungen
zu klären waren, haben wir untersucht. |
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